Haspe. Die Versorgung der Hasper Bürger mit dem täglich Notwendigen spielt sich nicht mehr in den Wohnquartieren ab. Das soll nicht so bleiben.

Der Automat der Sparkasse ist geblieben, aber der Supermarkt, in dem man die frisch besorgten Geldscheine gleich wieder ausgeben könnte, existiert nicht mehr. Jahrelang haben die Menschen am Quambusch um ihren Netto-Discounter an der Louise-Märcker-Straße gezittert. Eine nervenaufreibende Hängepartie, bei der auch Politik und Verwaltung reichlich Entwicklungsbrücken gebaut haben, um den angestammten Nahversorger zum Bleiben zu überreden. Vergeblich.

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WP-Redakteur Martin Weiske
Von         Martin Weiske

Die Schaufenster der schmucklosen Filiale sind inzwischen mit Packpapier verklebt, die letzten Regale werden gerade an der Laderampe hinter der Supermarkt-Immobilie abgeholt. „Für ein Wohnquartier, in dem so viele Menschen wohnen, ist ein solches Aus bitter. Vor allem die älteren Menschen weinen dem Anbieter hinterher“, weiß Bezirksbürgermeister Horst Wisotzki sehr wohl um die Sorgen seiner Hasper. Er will sich in den nächsten Monaten darum kümmern, dass die Versorgung mit den wichtigsten Alltagsprodukten „auf den sieben Hasper Hügeln“ – soll bloß niemand glauben, dieses Attribut sei allein den Römern vorbehalten – wieder besser wird.

Neues Zentrum nichts für Buskunden

Dabei war am Ende auch niemand überrascht, dass spätestens mit der Eröffnung des Versorgungszentrums auf der Brandt-Brache mit Vollsortimenter, Discounter, Drogeriemarkt, Apotheke, Backstube sowie Gesundheitszentrum sich die Einkaufsströme dramatisch verändern würden. Doch wer kein Auto besitzt, hat es schwer, dort seine Besorgungen zu erledigen. Selbst mit dem Bus ist das neue Einzelhandelsquartier an der Enneper Straße nur umständlich zu erreichen.

Die aktuelle Situation in den Wohnquartieren oberhalb der Ennepe gestaltet sich derweil erschreckend. Quambusch, Spielbrink, Baukloh, Geweke, Gelling, Hestert und Kipper – nirgendwo gibt es noch einen klassischen Lebensmittelhändler oder zumindest einen zünftigen Tante-Emma-Laden. Entlang der Höxter- und Detmolder Straße sowie weiter den Tücking hinauf sieht es auch nicht besser aus. Wer den täglichen Bedarf an Obst und Gemüse, Milchprodukten, Fertiggerichten, Konserven, Hygieneartikeln oder auch Tiefkühlprodukten decken möchte, muss sich auf den Weg machen – zu Fuß, mit dem Bus oder eben mit dem privaten Auto. Die letzten Kioske können auf diesem Terrain höchstens die Rolle eines Notnagels übernehmen.

Begegnungen mit Nachbarn fehlen

Auf dem Spielbrink (Vordergrund) und Quambusch (Hintergrund) gibt es zurzeit keinen Nahversorger mehr, obwohl dort Tausende Hasper wohnen.
Auf dem Spielbrink (Vordergrund) und Quambusch (Hintergrund) gibt es zurzeit keinen Nahversorger mehr, obwohl dort Tausende Hasper wohnen. © www.blossey.eu | Hans Blossey

„Die Infrastruktur im Tal der Ennepe ist ja gut“, hat Wisotzki gar keinen Zweifel, dass die Menschen mit Vollsortimentern und Discountern im Bezirk Haspe grundsätzlich mehr als reichlich versorgt sind. Aber in den Randlagen mit ihren reinen Wohnquartieren wird es zunehmend schwierig. Die wirtschaftlichen Konzentrationsprozesse im Einzelhandel führen zu einem Rückzug aus der Fläche, die Wege zu den Supermarktkassen werden immer länger. Mit erheblichen Folgen für die Lebensqualität in den gewachsenen Vierteln: Denn mit den Nahversorgern verschwinden auch die Treffpunkte um die Ecke und somit der soziale Austausch unter den Menschen, die sich früher noch zu Fuß auf den Weg durch ihre Straßen zum Kaufmann machten.

„Vor allem die älteren Menschen vermissen diese Begegnungen sehr“, weiß Wisotzki, dass es diesen nicht bloß an Mobilität, sondern häufig vor allem auch am Miteinander und direkter Kommunikation fehlt – nicht bloß in Corona-Zeiten. Häufig wird von den Senioren der wöchentliche Großeinkauf von früher auf mehrere kleinere Einkäufe über die Woche verteilt – da muss weniger geschleppt und kann häufiger ein Schwätzchen gehalten werden, wenn es denn den Laden im Quartier noch gäbe. „Was in ländlichen Räumen der so geschätzte Dorf-Krämer, ist in den Stadtteilen der Tante-Emma-Laden um die Ecke“, möchte der Hasper Bezirksbürgermeister diese für die Lebensqualität und auch Integrationsfähigkeit der Quartiere so wichtigen Anlaufstellen zurückholen.

Rollender Supermarkt nach Fahrplan

„Ideal wäre es natürlich, wenn wir die Ladenlokale von einst wieder reaktivieren könnten“, fürchtet Wisotzki jedoch, dass dies Wunschdenken bleiben wird. Allerdings könnte er sich eine mobile Lösung durchaus vorstellen. „In Holland oder auch dem Münsterland sind rollende Supermärkte längst eine Realität“, hofft er, dass sich für solch eine Konzeptidee in Haspe ein interessierter Partner finden lässt. Dabei denkt der Bezirksbürgermeister an feste Haltepunkte, die ein solches Versorgungsfahrzeug nach einem verlässlichen Fahrplan mindestens einmal pro Woche ansteuert, um die Menschen zumindest mit dem Notwendigsten zu versorgen. Gleichzeitig könnten an diesen zentralen Anlaufstellen auch Sitzgelegenheiten entstehen, um dort auch zwischenmenschliche Kontakte zu pflegen – sprich mal ein Schwätzchen zu halten.

Zunächst einmal möchte er jetzt den Kontakt zu dem Immobilien-Besitzer der Netto-Filiale am Quambusch aufnehmen, um dort vorzufühlen, ob dieser grundsätzlich überhaupt bereit wäre, an dem vertrauten Standort wieder einen Lebensmittelhandel zu etablieren. Einen möglichen Interessenten hat Wisotzki bereits im Blick. Parallel dazu will er mit den ansässigen Handelsketten Kontakt aufnehmen, inwieweit diese eventuell Bringdienst-Konzepte mittragen würden. „Natürlich wird auch die Stadtverwaltung sich hier engagieren müssen“, setzt Wisotzki auf ein intelligentes Gesamtkonzept. Einen entsprechenden politischen Vorstoß des Bezirksbürgermeisters soll es in der Hasper Mai-Sitzung geben.