Für eine Förderung der Tante-Emma-Läden an der Ecke plädiert WP-Kommentator Martin Weiske.

Wie sehr man ein Angebot wertschätzt, wird einem ja oft erst bewusst, wenn es verschwunden ist. Natürlich sind es zunächst einmal die Menschen selbst, die es dem Kaufmann im Viertel leicht gemacht haben, die Bücher zuzuschlagen. Wer dort nicht konsumiert, weil an den Supermarktkassen der Großen ein paar Cent weniger bezahlt werden müssen, darf sich hinterher kaum beschweren.

Dennoch: Gerade für ältere Menschen, die dort nicht bloß ihren Grundbedarf an Lebensmitteln oder Hygieneartikeln, sondern auch an Austausch und Begegnung decken und somit den letzten Sozialanker in einer zunehmend online kommunizierenden Gesellschaft erleben, muss es politisches Ziel sein, wieder Netze der Nahversorgung zu flechten. Denn der Supermarkt-Online-Bestellservice aus dem Internet – sofern sie diesen angesichts der technischen Hürden überhaupt nutzen – kann das Lebensqualitätsplus einer direkten zwischenmenschlichen Begegnung mit dem Nachbarn niemals ersetzen.

Es stellt sich ohnehin die Frage, ob sich mit einer funktionierenden Nahversorgung direkt im Wohnquartier in einer immer älter werdenden Gesellschaft mit immer mehr Single-Haushalten und – durch Corona gerade eingeübt – mehr Homeoffice-Jobs nicht sogar Geld verdienen lässt. Es wird angesichts der Klimadebatten obendrein immer unpopulärer, sich für die tägliche Versorgung ins Auto setzen zu müssen. Politik muss sich fragen lassen, ob die Förderung einer sublokalen Ladenkultur nicht ebenso als städtebauliche Maßnahme zur Verbesserung der Infrastruktur und Lebensqualität zu betrachten ist wie die Schaffung von Spielplätzen, Parkraum, Grünflächen oder auch ÖPNV-Anbindung.