Hagen. Wie die Stadt nun mit den gefundenen Fällen umgeht und was das für das Infektionsgeschehen in Hagen bedeutet - alle Hintergründe.

Nun hat die viel gefürchtete britische Mutation des Coronavirus auch Hagen erreicht. Mindestens neun Fälle sind nachgewiesen. Den lokalen Ausbruch der britischen Variante auf die zuletzt intensiven Testungen in Behindertenwerkstätten zurückzuführen, ist im Hagener Fall nicht korrekt. Die Infektionen mit der mutierten Variante sind nämlich im Zuge der Sequenzierung einer größeren und zufälligen Stichprobe aufgefallen. Weitere Proben werden Anfang nächster Woche geprüft

Sequenzierung ist kostspielig und nicht in allen Fällen durchführbar

„Im Rahmen eines Testlaufs für eine neue Untersuchung, die sogenannte Sequenzierung, hat das Labor, mit dem wir zusammenarbeiten, zufällig ausgesuchte Proben genau untersucht“, erklärt Dr. Anjali Scholten, Leiterin des Gesundheitsamtes der Stadt Hagen. „In diesem Rahmen hat sich in neun Fällen ein Hinweis auf die Virusvariante ,B.1.1.7’ ergeben. Weitere Proben werden Anfang der Woche geprüft.“ Mit der Sequenzierung lassen sich Virusmutationen nachweisen, das Verfahren ist allerdings kostspielig, und das Ergebnis liegt erst nach mehreren Wochen vor. Hinweise auf Mutationen lassen sich auch in einem zweistufigen PCR-Verfahren ermitteln.

Das Gesundheitsamt der Stadt Hagen stimmt daher aktuell mit der Bezirksregierung und dem Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen ab, ob die Hinweise auf eine Mutation durch PCR ausreichen. Zuletzt hatte die Stadt Quarantäne in mehreren Behindertenwerkstätten angeordnet. So auch in den Laurentius-Werkstätten der Caritas, wo aktuell 260 Menschen mit Behinderungen zuhause bleiben müssen. Dass die mutierten Fälle nun alle dort aufgefallen seien, lag für viele Beobachter zunächst auf der Hand, ist aber nicht nachweisbar. Denn: Die gezogene Stichprobe stammt aus Probenmaterial, das von Menschen aus dem gesamten Stadtgebiet stammt – und nicht nur von Arbeitnehmern in Behindertenwerkstätten.

Nach bisherigen Erkenntnissen nicht bekannt, dass mutierte Variante schlimmere Verläufe erzeugt

Die Mutation ist wahrscheinlich ansteckender als andere Varianten. „Grund hierfür ist eine Änderung an den Spikes, das sind die Teile des Virus, mit denen es an die menschlichen Zellen andockt“, erläutert Dr. Scholten. „Nach bisherigen Beobachtungen ist nicht davon auszugehen, dass diese Variante schlimmere Krankheitsverläufe oder mehr Todesfälle verursacht. Hinweise auf eine verringerte Wirksamkeit der Impfstoffe gibt es bislang nicht.“

Um eine Ausbreitung dieser ansteckenderen Variante unbedingt zu verhindern, passt das Gesundheitsamt der Stadt Hagen sein Vorgehen hinsichtlich des Infektions­schutzes an. Alle Indexfälle (ein positiv auf Corona getesteter Mensch gilt als Indexfall) werden an Tag zehn der Quarantäne ein zweites Mal getestet. Eine Entlassung aus der Quarantäne erfolgt erst, wenn der erneute negativ ausfällt oder bei einem plausiblen Krankheitsverlauf über dem infektiösen Wert liegt – das bedeutet, die Person ist dann nicht mehr ansteckend.

Gesundheitsamt appelliert an die Bürger, jetzt noch viel mehr denn je die Regeln zu beachten Die Kontaktpersonen der Kategorie 1 müssen für 14 Tage in Quarantäne, eine Reduzierung der Quarantäne durch ein negatives Testergebnis ist nicht mehr möglich. Alle Kontaktpersonen der Kategorie 1 werden zweimal getestet, zunächst zu Beginn der Quarantäne und am zwölften Tag.Die von der britischen Virusmutation betroffenen Personen sind informiert und werden engmaschig betreut. Alle Betroffenen befinden sich in Quarantäne. „Derzeit ist noch unklar, wie sich Mutationen des Coronavirus auf die Situation in Deutschland auswirken“, ordnet Dr. Scholten die Situation ein und appelliert an alle Bürger: „Bei erhöhter Übertragbarkeit der neuen Virusvarianten besteht die Möglichkeit, dass noch mehr Menschen an COVID-19 erkranken und sich die Lage verschärft. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir die Regeln – 1,5 Meter Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Masken tragen und lüften – einhalten. Somit verhindern wir die Ausbreitung der neuen, leichter übertragbaren Variante und wirken der Überbeanspruchung der Krankenhäuser und des Gesundheitsdienstes entgegen.“