Für eine bürgeroffenere und transparentere Entscheidungsvermittlung von Politik und Verwaltung plädiert WP-Kommentator Martin Weiske.

Es mag ja dem Zeitgeist entsprechen, dass offenkundig nur jene Dinge von Relevanz erscheinen, die sich im Internet – egal auf welcher Plattform – auch klicken lassen. Ob sich mit Bild- und Tonübertragungen aus dem Rathaus allerdings tatsächlich das Interesse an Lokalpolitik erhöhen lässt, darf bezweifelt werden. Zumal der Kosten- und Organisationsaufwand für eine halbwegs qualitätvolle Übertragung so gewaltig ausfällt, dass es schon fast kostengünstiger erscheint, die wenigen potenziellen Interessenten mit Taxi-Gutscheinen zu den Sitzungsterminen herbeizuchauffieren.

Rats-TV als Gegenmittel zur Politikverdrossenheit ins Feld zu führen, lenkt doch eher von den wahren Kommunikationsproblemen der Rathaus-Kaste ab: Hier sollten sich Politik und Verwaltung gleichermaßen angesprochen fühlen. Beide Seiten wurschteln gerne im Verborgenen vor sich hin, kungeln in kleinen, oft nicht-öffentlichen Runden und haben – von wenigen Fraktionen mal abgesehen – sich längst davon verabschiedet, ihre Initiativen offensiv und öffentlichkeitswirksam zu präsentieren, Argumente vorzubringen, langfristige Strategien zu begründen und offene Diskussionsprozesse zu ermöglichen. Abseits der Wahlkampfwochen gibt es nicht einmal mehr den Versuch, politisches Handeln initiativ zur Debatte zu stellen oder Verwaltungsinitiativen die notwendige Transparenz und Legitimation zu verleihen und somit Akzeptanz zu verschaffen.

Die Live-Übertragung von ritualisierten Live-Debatten, in deren Mittelpunkt das Abarbeiten von verkopften Verwaltungsvorlagen steht, ist da sicherlich nicht das Mittel der Wahl – selbst, wenn es sich streamen und posten lässt. Hier müssen andere Wege beschritten werden, wenn man tatsächlich den Anspruch formuliert, künftig wieder mehr als 42 Prozent der Hagener zu den Wahlurnen locken zu wollen.