Hagen. Holpriger Schulstart in Hagen: Einige Lernplattformen waren am Montag überlastet und konnten von den Schulen nicht erreicht werden.
An vielen Schulen in Hagen verlief der Start in den digitalen Unterricht am Montag ausgesprochen holprig. Infolge der hohen Zugriffszahlen aus Schulen in ganz Nordrhein-Westfalen brach die von der Landesregierung zur Verfügung gestellte Lernplattform Logineo/Moodle offenbar zusammen. Eltern und Lehrer klagten über massive Probleme. "Bei uns geht zurzeit gar nichts, nicht einmal die Anmeldung auf der Lernplattform funktioniert", so Stefan Grade, Leiter der Förderschule Fritz Reuter in Boelerheide.
Auf einem Online-Störungsmelder war zu erkennen, dass das Ruhrgebiet zu den Regionen mit den häufigsten Fehlermeldungen gehörte, noch stärker betroffen war allerdings Baden-Württemberg. Eltern, Lehrer und Schüler klagten auch über Kommunikationsstörungen bei anderen Online-Lernhilfen, etwa der digitalen Pinnwand „Padlet“, der Lernplattform „iServ“ oder den Videodiensten BigBlueButton und Jitsi.
Tag beginnt mit Dienstbesprechung
Besser erging es Schulen, die auf kommerziellen Plattformen unterwegs sind. So begann der Tag am Christian-Rohlfs-Gymnasium (CRG) in Haspe mit einer Online-Dienstbesprechung, in der sich Schulleiter Michael Pütz mit allen 70 Mitgliedern seines Kollegiums austauschte. Es folgten Videokonferenzen im Klassenverband, digitale Aufgabenstellungen, aber auch ein Austausch zwischen einzelnen Schülern und ihren Lehrern. "Bei uns läuft es ganz gut", so Pütz.
Allerdings kann der digitale den Präsenzunterricht nur begrenzt ersetzen. Es gibt keine 45-minütigen Video-Unterrichtsstunden, dazu fehlt am CRG und den anderen Hagener Schulen die notwendige Ausstattung mit Endgeräten und WLAN. Vielmehr wechseln sich Videokonferenzen ab mit Phasen, in denen die Schüler sich ohne Unterstützung an die Lösung der ihnen gestellten Aufgaben machen. "Wichtig ist, den Schülern auch im Distanzunterricht einen strukturierten Ablauf zu geben", betont Pütz.
Notbetreuung für Klassen 1 bis 6
Von der Möglichkeit, ihr Kind während des Distanzunterrichts in der Schule behüten zu lassen, machten am CRG gerade mal fünf Familien Gebrauch. Diese Notbetreuung gilt für alle Schüler der Klassen 1 bis 6, die nach Erklärung ihrer Eltern nicht zuhause betreut werden können.
An der Grundschule Henry van de Velde nahmen dieses Angebot immerhin 35 Familien in Anspruch. "Sie arbeiten an den Aufgaben, die die anderen Kinder, die zu Hause bleiben, auch haben", so Rektorin Barbara Brück, an deren Lehranstalt sich normalerweise 320 Kinder tummeln.
Außerdem richteten mehrere Grundschulen sogenannte "study halls" ein, um Kinder mit besonderem Förderbedarf für einige Stunden vor Ort unterstützen zu können. "Sie werden bei uns in Kleinstgruppen von einer Sonderpädagogin betreut", berichtet Britta Dierkes, Leiterin der Grundschule Janusz Korczak in Wehringhausen.
Insgesamt besuchten 416 Schüler in Hagen die Notbetreuung, überwiegend Grundschüler. An den Hauptschulen wurde ein Kind betreut, an den Förderschulen 27, an den Gymnasien zwölf, an den Gesamtschulen elf, an Real- und Sekundarschulen niemand.
Keine digitale Grundausstattung
An den meisten städtischen Grundschulen in Hagen gibt es nicht einmal eine digitale Grundausstattung. So ist eine vollständige WLAN-Infrastruktur, neben einigen in Privatinitiative erstellten Netzen, lediglich in der Overberg-Grundschule vorhanden. Die technischen Voraussetzungen für Distanzunterricht seien schlecht, so Michael Schnücker, Rektor der Grundschule Hestert: "Abgesehen davon befinden wir uns im Stadium des Probierens. Vieles ist neu für uns." Zahlreiche Schüler oder deren Eltern holten sich ihre Lernpakete am Montag in der Schule ab, um sie anschließend zu Hause zu bearbeiten.
Die Situation an den Förderschulen
Besonders hart trifft der schulische Lockdown die Förderschulen. Viele Kinder und Jugendliche hätten zu Hause gar keinen Computer geschwiege denn einen Platz, an dem sie in Ruhe arbeiten könnten, so Stefan Grade: "Außerdem geht unheimlich viel an Nähe und persönlicher Beziehung für die Schüler kaputt. Und gerade das ist es, was die Kinder benötigen. Hoffentlich kehren wir bald zum Präsenzunterricht zurück."
Nichtsdestotrotz würden sich die Schüler vorbildlich verhalten, einige kämen zur Schule, um dort stundenweise zu arbeiten. Auch Eltern wüchsen in der aktuellen Situation über sich hinaus, wenngleich es einige gebe, die die Lage ausnutzten und deren Kinder sich nicht mehr blicken ließen. Wichtig sei es, die Familien nicht allein zu lassen, sagt Grade: "Eine Kollegin hat zum Beispiel ein Elterngespräch auf einem Spielplatz anberaumt." Die Corona-Not macht eben erfinderisch, doch die Förderschulen sehnen das Ende des Distanzunterrichts herbei.
Am Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) fand am Montag (und auch am Dienstag) überhaupt kein Unterricht statt. Alle Lehrer waren zwar vor Ort, aber nicht ein Schüler. Grund: Die 64 Pädagogen des Gymnasiums werden zwei Tage lang, aufgeteilt in Kleingruppen, von acht digital versierten Kollegen in Sachen Online-Lehren weitergebildet. Am Mittwoch nimmt das THG den Distanzunterricht auf.