Hagen. Auch für die Landwirte in Hagen hat die Corona-Pandemie gravierende Folgen. Welche das sind, zeigen wir hier.

Wer glaubt, das Corona-Jahr sei zumindest an den heimischen Landwirten folgenlos vorbei gegangen, der täuscht sich. „Die Trockenheit traf uns in unserer Region im dritten Jahr in Folge hart, und mit einer Pandemie in diesem Ausmaß hätten wir niemals gerechnet“, resümiert Dirk Kalthaus, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen, das nun abgelaufene Jahr: „So war 2020 für uns alle – auch für uns Landwirte - ein Jahr mit viel Ungeahntem und Ungewissem.“

Corona und dadurch wegbrechende Märkte, Neuregelungen für die Tierhaltung, eine nochmals neue Düngeverordnung, das Agrarpaket mit seinen massiven Auswirkungen, die Reform der Europäischen Agrarpolitik, das Waldsterben und die Futterknappheit, da dem Grünland wiederum das Wasser fehlte -- das waren bestimmende Themen für die Bauern im Ennepe-Ruhr-Kreis und in Hagen. „Die Corona-Pandemie hat viele Bauernfamilien hart getroffen“, so Kalthaus.

Milchpreis auf niedrigem Niveau

So befindet sich der Milchpreis nach wie vor auf einem viel zu niedrigen Niveau. Nach Auskunft von Christoph Külpmann, Landwirt in Hengstey, gibt es für den Liter derzeit nur 32 Cent: „40 Cent müssten es schon sein, um einigermaßen kostendeckend über die Runden zu kommen.“ Külpmann, der 65 Milchkühe hält und rund 1200 Liter Milch pro Tag produziert, hat noch Glück gehabt, wie er erzählt. Denn zu den Kunden der Molkerei, die er beliefert, gehören zahlreiche Supermärkte und Handelsunternehmen, die ihren Milchabsatz zu Corona-Zeiten sogar erhöhen konnten. Anderen Bauern und Molkereien dagegen, die vor allem die Gastronomie beliefern, brach der Absatzmarkt infolge des Lockdowns und der Betriebsschließungen weg.

Auch Landwirt Dirk Hüsecken aus Hohenlimburg-Tiefendorf spricht von wachsenden wirtschaftlichen Problemen, mit denen sich die Bauern angesichts steigender Kosten bei fallenden Erlösen konfrontiert sehen: „Die Schere klafft immer weiter auseinander.“ Milch- und Schlachterlöse gingen immer weiter zurück: „Dagegen steigen die Futterkosten. Auf Dauer funktioniert so etwas nicht.“

Situation extrem angespannt

Die Situation auf vielen Höfen sei extrem angespannt, bestätigt Dirk Kalthaus. Im Sommer hätten die Schlachthofschließungen und der fehlende Absatz durch die Afrikanische Schweinepest die Schweinepreise abstürzen lassen. Dazu schwächten die Verschärfung der Düngeverordnung und das geplante Insektenschutzgesetz die heimische Landwirtschaft.

Lediglich der Ab-Hof-Verkauf und der Verkauf auf Wochenmärkten haben sich im Corona-Jahr 2020 vielfach positiv entwickelt. Viele Kunden schätzen offenbar, dass es in den Hofläden nicht so dicht gedrängt ist wie in den Supermärkten. „Wir hatten gut zu tun in diesem Jahr“, bestätigt Petra Rafflenbeul von der Käse-Deele in der Selbecke: „Und einige Kunden haben uns auch gesagt, dass sie einen Hofladen gerade in diesen Zeiten vorziehen.“

Drittes Jahr in Folgen zu trocken

Problematisch war 2020 die Situation auf dem Grünland. „Wiesen und Weiden benötigen ausreichend Wasser und das fehlte im abgelaufenen Jahr wieder", so Kalthaus. Die daraus resultierende knappe Futtersituation treffe die Landwirte deshalb besonders hart, weil sie ein drittes Jahr in Folge aufgetreten sei und so keine Futterreserven aus dem letzten Jahr vorrätig gewesen seien. „Das ist für unsere Region, die stark von der Rinderhaltung lebt, ein großes Problem.“

Neben den Rinder- würden auch die Pferde- und Schafhalter unter der Situation leiden. Mit den Ernteergebnissen auf dem Acker könnten die Bauern im Ennepe-Ruhr-Kreis und Hagen dagegen im Großen und Ganzen zufrieden sein, wenngleich es Flächen gegeben habe, auf denen die Ernte sehr mager ausgefallen sei.

Der Wald leidet ganz besonders

Große Sorgen bereitet der heimische Wald, dem Hitze, Trockenheit und Borkenkäfer zugesetzt haben. Nach wie vor fehlten Lösungen gegen die rasante Käferausbreitung, so Kalthaus. Die Waldbauern dürften mit den klimabedingten Problemen nicht alleine gelassen werden.

Die sichere Versorgung der Bevölkerung mit heimischen Nahrungsmitteln habe trotz aller Unbilden immer gewährleistet werden können, andere Branchen seien in ihrer Arbeit deutlich stärker beeinträchtigt gewesen, bilanziert Kalthaus. Auch die Arbeit in der freien Natur fernab der Menschenmengen sei von den Landwirten noch stärker als sonst geschätzt worden.

Mit Blick auf die Ansteckungsgefahr, die auf Feldern und Wiesen zweifellos gering ist, kann man das sehr gut nachvollziehen.