Wehringhausen. Dank ihrer digitalen Ausstattung kann die Freie Evangelische Gesamtschule in Hagen nahtlos vom Präsenz- in den Distanzunterricht wechseln.

Dass Agnieszka Jesch positiv auf Corona getestet wurde und dennoch weiter ihrer Arbeit als Deutsch- und Mathematiklehrerin nachgehen konnte, lag zum einen daran, dass sie keine Symptome verspürte. Zum anderen war es darin begründet, dass die Lehranstalt, an der sie unterrichtet, die Freie Evangelische Gesamtschule (FESH) in Wehringhausen, digital bereits so gut ausgestattet ist, dass die Pädagogin mit ihren Fünftklässlern quasi nahtlos vom Präsenz- in den Distanzunterricht wechseln konnte. „Anfangs waren die Kinder etwas aufgeregt, aber dann ist es super gelaufen“, berichtet sie von ihren Erfahrungen.

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Tatsächlich profitierte die FESH bereits während des ersten Lockdowns im Frühjahr davon, dass sie rund sechs Monate zuvor in die digitale Offensive gegangen war. Alle Lehrer wurden mit i-Pads ausgestattet, der Schulalltag wird zudem in einem digitalen Klassenbuch dokumentiert. Über dieses Tool können zum Beispiel die Unterrichtsinhalte abgerufen, Klassenarbeitstermine koordiniert oder Fehlzeiten kontrolliert werden. Fehlt ein Schüler, werden die Eltern mittels Push-up-Nachricht über sein Ausbleiben informiert – Schwänzen ist dadurch so gut wie unmöglich. „Die Klassen haben eigene Chats und eine Pinnwand“, berichtet Schulleiter Matthias Bölker: „Lediglich bei Elternbriefen, die unterschrieben werden müssen, greifen wir noch auf Papier zurück.“

Auch im digitalen Klassenraum gibt es Regeln

Auch die Hausaufgaben an der FESH werden, ob im Präsenz- oder Distanzunterricht, digital erledigt. Agnieszka Jesch hat, als sie von zu Hause aus unterrichtete, sogar eine mündliche Prüfung abgenommen. Mit der von Microsoft entwickelten Plattform Teams lasse sich quasi die gesamte Schule stemmen, so Christoph Boss, Abteilungsleiter der Jahrgänge 5 bis 7: „Langfristig planen wir, uns die gesamte Power dieses Tools zunutze zu machen.“

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Aber auch im digitalen Klassenraum gelten Verhaltensregeln. So ist es den Schülern strengstens untersagt, Ton- oder Videomitschnitte aufzuzeichnen. Wie ihre Lehrer sollen auch die Jungen und Mädchen nach und nach mit Tablets versorgt werden, müssen viele von ihnen doch bislang zum Smartphone oder dem Tablet der Eltern greifen, um am Distanzunterricht teilzunehmen. „Und das ist sicherlich beides keine ideale Lösung“, weiß Nele Primke, didaktische Leiterin der Schule, zu berichten: „Immerhin haben wir festgestellt, dass in jeder Familie irgendein Gerät zur Verfügung steht.“ Und eine Schülerin, der zu Hause kein Internet zur Verfügung stand, schloss sich mit einer Mitschülerin zu einer Lernpartnerschaft zusammen.

Wunsch nach Normalität

Zwar betont Schulleiter Bölker, die FESH dränge nicht in eine Vorreiterrolle, doch manche Vorhaben seien an einer Privatschule vielleicht schneller und unbürokratischer umzusetzen, doch der gute, alte Präsenzunterricht sei durch noch so viele Endgeräte nicht zu ersetzen: „Wir sind alle froh, wenn wieder Normalität einkehrt.“

330 Schüler

Die Freie evangelische Gesamtschule in Wehringhausen besteht seit 2014 und wird derzeit von rund 330 Schülern besucht. In diesem Schuljahr gibt es erstmals eine 11. Klasse und damit eine Oberstufe mit 26 Schülern.

Die Schule wird zu 87 Prozent vom Land Nordrhein-Westfalen finanziert, die übrigen 13 Prozent muss sie selbst erwirtschaften. Dies geschieht hauptsächlich über einen Elternbeitrag, der 130 Euro pro Monat beträgt. Einige Schüler werden durch ein Stipendium des Fördervereins unterstützt.

Die Stadt Hagen sucht einen neuen Standort für die FESH, denn im Schulzentrum Wehringhausen soll eine vierte städtische Gesamtschule gegründet werden. Bisher gibt es drei städtische Gesamtschulen in Haspe, Helfe und Eilpe.

Und auch Agnieszka Jesch sehnt sich trotz ihrer positiven Erfahrungen mit dem Unterrichten aus der Distanz nach der Atmosphäre des Klassenzimmers zurück: „Nichts ersetzt die persönliche Interaktion. Ich liebe es, durch den Klassenraum zu gehen und den Kindern beim Arbeiten zuzusehen, sie zu beraten und ihre Fragen zu beantworten.“

Auch wenn die FESH sich schon vor der Pandemie auf den digitalen Weg begeben hatte – durch den Lockdown hat diese Strategie so richtig Fahrt aufgenommen.