Hagen. Zwar spricht in Hagen noch niemand das Schreckenswort „Triage“ aus, doch die Situation auf den Intensivstationen der Krankenhäuser ist angespannt.

Der Corona-Inzidenzwert, also die Anzahl der Infizierten pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen, ist in Hagen am Donnerstag erstmals seit dem 3. November wieder unter die Marke 200 gesunken. Wie die Stadtverwaltung bekannt gab, lag der Wert bei 187,6 (gegenüber 215,7 am Vortag). Das Gesundheitsamt meldete 44 Neuinfektionen. Allerdings waren erneut zwei Tote zu beklagen, beide vorerkrankt und 82 bzw. 86 Jahre alt.

In den letzten sechs Wochen lag der Inzidenzwert in Hagen durchgehend über der Schwelle von 200, am 9. November erreichte er den bisherigen Höchststand von 289,4. Zwischen dem 18. und 20. November lag der Wert stets zwischen 270 und 280, der Höchststand im Dezember war am 7. Dezember mit 263,4 erreicht.

Obwohl die Inzidenzmarke 200 also erstmals seit langem wieder unterschritten wird, ist Hagen von der Zielmarke 50 weiterhin meilenweit entfernt. Die Leiterin des Gesundheitsamtes, Dr. Anjali Scholten, sieht denn auch keinen Grund zur Entwarnung: „Es handelt sich um eine Momentaufnahme. Insofern sollten sich die Bürger weiterhin an die Regelungen und Empfehlungen halten, um die Infektionszahlen weiter und dauerhaft zu senken.“ Das gelte vor allem mit Blick auf die Feiertage.

Kein Grund zum Aufatmen

Dass der gesunkene Inzidenzwert in der Tat noch keinen Anlass zum Aufatmen bietet, zeigt ein Blick in die Hagener Krankenhäuser. „Die Situation ist angespannt“, beschreibt Stadtsprecher Michael Kaub die Versorgungslage: „Die Intensivstationen sind sehr hoch belastet.“

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Zwar spricht in Hagen noch niemand das Schreckenswort „Triage“ aus, welches bedeutet, dass Ärzte bei knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. In den letzten Tagen hatte die Schlagzeile die Runde gemacht, dass im Klinikum Oberlausitzer Bergland schon mehrfach triagiert werden musste, weil nicht genügend Beatmungsbetten zur Verfügung gestanden hätten.

70 Corona-Patienten

Aber auch in den Hagener Kliniken werden derzeit nicht lebensnotwendige Eingriffe verschoben. Die Lage sei angespannter als im Frühjahr, so Dr. Scholten, wenngleich sich die Bürger keine Sorge machen müssten, dass sie im Notfall nicht versorgt würden.

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Zudem sei die Bettenkapazität erhöht worden, um weitere Covid-Patienten aufnehmen zu können, berichtet Kaub. Am Mittwoch befanden sich 70 Patienten mit Corona in stationärer Behandlung, davon 27 auf der Intensivstation und davon wiederum elf mit Beatmung. Auf die Frage, ob die Zahl der Intensivbetten ausreiche, um alle Patienten in Hagen versorgen zu können, verwies Kaub darauf, dass die Zahl der Betten für Covid-Patienten auf den normalen Stationen variabel sei, also erhöht werden könne.

Das vom Robert-Koch-Institut (RKI) betriebene Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) führte 70 Intensivbetten in Hagen auf, von denen 64 belegt seien, davon 16 von Patienten mit Covid-19. Diese Zahlen und ihre Differenz zu den Angaben der Stadt Hagen begründete Kaub damit, dies könne mit dem Zeitpunkt zusammenhängen, an dem die Krankenhäuser ihre Belegung meldeten. Und diese könne sich durch Verlegungen, Sterbefälle etc. laufend ändern.