Hagen. Erschreckende Bestandsaufnahme: Der Wirtschaftsstandort Hagen wird im Ranking der Städte immer weiter abgehängt. Hier die einzelnen Gründe.

Die Städte des Ruhrgebiets landeten in den vergangenen Jahren regelmäßig auf den unteren Rängen im jährlichen Städtevergleich von Wirtschafts-Woche, dem Institut der deutschen Wirtschaft und ImmoScout24. Während sich das Niveau insgesamt kaum deutlich verbessert hat, hat macht die Untersuchung in 71 Großstädten jenseits der 100.000-Einwohner-Schwelle deutlich, dass in Dortmund, Bochum, Essen, Oberhausen Herne und Duisburg eine neue Aufbruchsdynamik erkennen lässt während Hagen hier auf auf einem abgeschlagenen Rang 68 landet und somit zu den bundesweiten Schlusslichtern zählt. Insgesamt landet Hagen im Gesamtvergleich auf Platz 66 und wird somit lediglich noch von Oberhausen, Duisburg, Herne, Bremerhaven und Gelsenkirchen unterboten. Platz 1 geht traditionell nach München.

Intensiver Blick auf 100 Themenfelder ergibt ein Gesamtbild

Im Auftrag von „Wirtschaftswoche“ und „Immobilien Scout 24“ hat das Institut der deutschen Wirtschaft (Köln) den Leistungscheck durchgeführt. Unter die Lupe genommen wurden die 71 deutschen kreisfreien Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern.

Über 100 Indikatoren aus den Bereichen Wirtschaftsstruktur, Arbeitsmarkt, Immobilienmarkt, Lebensqualität und Nachhaltigkeit gingen in die Bewertung ein.

Das Ranking setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Das Niveauranking bildet die Wirtschaftskraft der Städte ab. Es vergleicht Ist-Werte ausgewählter Kennziffern, wie etwa die aktuelle Zahl der Baugenehmigungen.

Das Dynamikranking analysiert die Veränderungsraten ausgewählter Indikatoren und zeigt, welche Städte sich in den vergangenen fünf Jahren am besten entwickelt haben. So lässt sich zeigen, welche Stadt sich unabhängig von ihrer ökonomischen Ausgangslage erfreulich entwickelt.

Erstmalig wurde das Nachhaltigkeitsranking erhoben, welches sich an die UN-Ziele anlehnt. Analysiert werden dabei die ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit der Stadt.

„Mit dem Dynamikranking untersuchen wir die Veränderung von 36 Indikatoren in einem Zeitraum von fünf Jahren. Darin zeigen sich vor allem Chancen für Städte mit schlechter Ausgangslage. Dieses Jahr sticht das Ruhrgebiet positiv heraus und zeigt Fortschritte, die vor allem auf eine dynamische Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und im Bereich der Lebensqualität zurückzuführen sind“, kommentiert Ralf Weitz, Geschäftsführer von ImmoScout24 die Ergebnisse des jährlichen Städtetests.

Nachbarn sind viel erfolgreicher

Ein Effekt, der sich in Hagen in keiner Weise feststellen lässt. Zwar gibt es leichte Verbesserungen bei der U3-Kitaquote (Rang 32) sowie der Arbeitsplatzversorgung (Rang 33). Dies wird jedoch durch die miserablen Immobilienkaufpreise (Rang 71, Letzter) und die schlechte Kitaquote 3-U6 (Rang 69) wieder aufgezehrt.

Die Nachbarstadt Dortmund kann derweil als die dynamischste Stadt im Ruhrgebiet glänzen und belegt im Bundesvergleich in dieser Kategorie sogar Platz 16. Das ist vor allem auf die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt zurückzuführen. In Hagen reicht es hier lediglich zu einem peinlichen Platz 68 von 71 Vergleichsstädten.

Die Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr lässt auch für weitere Städte des Ruhrpotts auf eine Trendwende hoffen: So springen Bochum im Dynamikranking um acht Plätze auf Rang 37, Essen um fünf Plätze auf Rang 50, Oberhausen um 13 Plätze auf Rang 55, Herne um acht Plätze auf Rang 59 und Duisburg um neun Plätze auf Rang 61 nach oben. Bochum zählt neben Dortmund zu den Exzellenzinseln im Ruhrgebiet. Nur Hagen stagniert am Tabellenende.

Auf äußerst niedrigem Level bewegen sich im Ruhrgebiet die Angebotspreise für Mietwohnungen: Dortmund und Essen (7,56 Euro pro Quadratmeter/+22,3 Prozent in fünf Jahren), Bochum (7,52 Euro/+19,4%), Oberhausen (6,79 Euro/+17%), Duisburg und Herne (6,55 Euro/+16,3%) liegen noch deutlich vor Hagen (6,22 Euro/+12,5%). Ähnlich miserabel sieht es bei den Kaufpreisen aus, wo Hagen lediglich noch 1595,63 Euro/qm erreicht (Essen: 2073, Dortmund: 1992 Euro).

Für Platz 66 reicht es für Hagen auch nur im sogenannten Niveauranking, das die derzeitige Wohn-, Lebens-, Arbeits-, und Wirtschaftssituation anhand von 51 Indikatoren bewertet. Positiv fällt Hagen hier mit der Straftatenquote (Platz 21) und der Arbeitsplatzversorgung (28) auf, negativ sind hier vor allem die Gewerbesteuerhebesätze (68) zu nennen.

Mangel an High-Tech-Initiativen

Beim Nachhaltigkeitsindex, der das Entwicklungspotenzial auf diesem Terrain anhand von 15 Indikatoren untersucht, kann Hagen mit Platz 53 immerhin einen oberen Wert in Hinterdrittel ergattern. Die Haltstellensituation beim Öffentlichen Verkehr (Platz 2) und die installierte Windleistung (11) fallen hier positiv auf, während die Zahl der in Forschung und Entwicklung Beschäftigten (70) sowie High-Tech-Gründungen (69) einfach nur desaströs wirken.