Wehringhausen. Die Politik will im oberen Wehringhausen Tempo 30 durchsetzen. Doch es gibt für diese Regelung reichlich rechtliche Unwägbarkeiten.

Die Bezirksvertretung Mitte hat mal wieder einen Vorstoß unternommen, auf der Buschey- sowie auf der Eugen-Richter-Straße zwischen dem Allgemeinen Krankenhaus (AKH) und der Rehstraße ein durchgehendes Tempo-30-Limit einzuführen. Damit soll zum einen der Lärmschutz für die Anwohner verbessert und zum anderen die Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer erhöht werden. Die Straßenverkehrsbehörde soll jetzt prüfen, ob die Bezirksregierung eine solche Regelung toleriert.

Rückkopplung mit der Arnsberger Bezirksregierung

Stadtbaurat Henning Keune betonte in der Sitzung der Bezirksvetretung Mitte, dass die Sinnhaftigkeit eines Tempolimits im oberen Wehringhausen gar nicht in Frage stehe, sondern vielmehr die grundsätzliche Zulässigkeit .

Dazu müssten zunächst noch einmal die rechtlichen Rahmenbedingungen abgewogen und auch das klärende Gespräch mit der Kommunalaufsicht in Arnsberg gesucht werden, bevor unnötige Kosten ausgelöst würden.

Zudem wurde beschlossen, die Thematik auch mit den Fachpolitikern im Ausschuss für Umwelt-, Klimaschutz und Mobilität bzw. im Infrastruktur- und Bauausschuss zu diskutieren, wenn Corona dies zulässt. Die Mehrheit der Bezirkspolitiker steht bereits.

Für SPD-Fraktionschef Jörg Meier ist die Situation klar: „Seitdem die Bahnhofshinterfahrung eröffnet wurde, ist am Buschey eine Entlastung bereits spürbar – damit wäre eine 30er-Regelung der nächste, folgerichtige Schritt. Schließlich harmonieren – vor allem mit Blick auf die Radfahrer – die Verkehre hier dann viel besser.“ Immerhin handele es sich bei diesem Teil von Wehringhausen um ein reines Wohngebiet, in dem auch der Lärmaktionsplan aus dem Jahr 2014 verkehrsberuhigend Maßnahmen vorsehe. Zudem könnte in dem Abschnitt, wo bereits am AKH sowie zwischen Franklin- und Rehstraße aufgrund der Kita „Wehringhauser Stadtmäuse“, der Fesh, einer Sporthalle sowie einer betreuten Wohneinrichtung die Geschwindigkeit abgesenkt sei, der Schilderwald deutlich gelichtet werden.

Auftakt zum Umdenken

Ein Vorstoß, der – von der FDP mal abgesehen – in der BV-Mitte auf breite Rückendeckung stieß. Während Gertrud Masuch (Hagen Aktiv) und Ursula Bartscher (Linke) unisono ihre „volle Unterstützung“ versicherten, lobte Grünen-Fraktionssprecher Hans-Georg Panzer den „richtigen Antrag zum richtigen Zeitpunkt. Es muss endlich ein Umdenken einsetzen“, betonte er, dass die Busse in diesem Abschnitt ohnehin kaum schneller fahren würden. SPD-Ratsherr Werner König sprach sich dafür aus, „die Wohnqualität auch an Hauptverkehrsstraßen im Blick zu behalten“, während CDU-Vertreter Hans-Joachim Junge daran erinnerte, dass eine ähnliche Regelung bereits in Emst an der Cunostraße erfolgreich funktioniere. „Hier neue Prioritäten zu setzen, wäre wichtig für die gesamte künftige Verkehrsentwicklung in Hagen“, sah Gertrud Masuch in dem Votum gar eine grundsätzliche Richtungsentscheidung.

In den 70er-Jahren war die Verkehrsbelastung am Buschey noch relativ überschaubar. Heute fließen dort reichlich Autos – auch nach der Öffnung der Bahnhofshinterfahrung.
In den 70er-Jahren war die Verkehrsbelastung am Buschey noch relativ überschaubar. Heute fließen dort reichlich Autos – auch nach der Öffnung der Bahnhofshinterfahrung. © WP-Archiv | Helga Reiher

Erhebliche Bedenken formulierte mit Blick auf bestehende Rechtslage hingegen der Chef der Hagener Straßenverkehrsbehörde Thomas Lichtenberg: „Die Straßenverkehrsordnung sieht ausdrücklich vor, dass Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur dann angeordnet werden können, wenn eine besondere Gefahrenlage besteht.“ Das sei auf dem gesamten Abschnitt nicht der Fall, so dass ein entsprechendes Tempolimit von der Bezirksregierung – ähnlich wie auch schon an der Voerder Straße in Haspe – sicherlich gleich wieder einkassiert werde. Auch wenn es sich bei Buschey- und Eugen-Richter-Straße inzwischen nicht mehr um eine Landesstraße handele, „bleibt es dennoch eine stark belastete, funktionsfähige Hauptverkehrsachse, die den Verkehr bündelt und dadurch ebenso wie die Bahnhofshinterfahrung das gesamte Quartier Wehringhausen entlastet und eine Fahrradstraße in der Augustastraße erst möglich macht“, so die fachliche Einschätzung von Lichtenberg.

Unkomfortabel für Buskunden

Zonen- und Geschwindigkeitsbegrenzungen kämen nur dort in Frage, wo der Durchgangsverkehr von geringer Bedeutung sei. Zudem würden die Anwohner an der Bu­schey- und Eugen-Richter-Straße bereits durch ein Lkw-Verbot zusätzlich geschützt. Hinzu käme der gebotene Grundsatz, dass auf Tempo-30-Abschnitten – von wenigen Ausnahmen mal abgesehen – eine Rechts-vor-Links-Regelung vorgesehen sei und zudem Ampelanlagen unzulässig seien. Die finden sich im oberen Wehringhausen jedoch an der Grün-, Christian-Rohlfs-, Bach-, Gutenberg- und Franklinstraße. Zudem, so Thomas Lichtenberg weiter, weise die Hagener Straßenbahn AG regelmäßig darauf hin, dass Rechts-vor-Links-Regelungen für ihre Linienwege immer wieder zu erheblichen Verzögerungen führten und für die Fahrgäste durch das ständige Bremsen und Anfahren äußerst unangenehm seien.