Hagen-Delstern. Auf Gut Kuhweide in Delstern ist derzeit die Hölle los. Wie der Lieblings-Weihnachtsbaum der Hagener aussieht, weiß Dirk Heimhard.
Auf Gut Kuhweide ist mehr los denn je. „Am 16. November bin ich mit dem Weihnachtsbaumverkauf gestartet. Am gleichen Morgen standen schon etliche Leute auf dem Gelände, um sich einen Tannenbaum auszusuchen“, sagt Dirk Heimhard. Der Weihnachtsbaumproduzent, der Gut Kuhweide in Delstern betreibt, will aber nicht missverstanden werden. „Ich stöhne ja nicht, natürlich bin ich froh, dass der Verkauf in diesem besonderen Jahr besonders gut laufen wird, aber von Mitte November bis Heiligabend haben wir eine Sieben-Tage-Woche und kloppen ordentlich was an Stunden“, sagt der 51-Jährige.
Weihnachtsurlaub fällt ins Wasser
Mit „in diesem besonderen Jahr“ spielt Heimhard natürlich auf die Corona-Zeit an, die viele Menschen dazu zwingt, mehr als sonst üblich, zu Hause zu bleiben. „Sonst fahren doch viele Leute über oder nach Weihnachten in den Winterurlaub und sparen sich das Geld für einen Baum und die Arbeit des Besorgens, Schmückens und Entsorgens. Doch in diesem Jahr ist eben alles anders. Wenn die Leute schon nicht verreisen können, wollen sie es wenigstens zu Hause gemütlich und heimelig haben“, weiß Heimhard aus den Gesprächen, die er mit seinen Kunden führt.
Der Weihnachtsbaumproduzent blickt in Richtung Tannenschonung. „Ein Baum wird nicht mal so eben gekauft. Da steckt eine kleine Philosophie dahinter. Der Geldbeutel spielt meist eine untergeordnete Rolle.“
Kleine Philosophie
Was der 51-Jährige mit „kleiner Philosophie“ meint? „Die Nordmanntanne ist in Deutschland der beliebteste Baum zum Fest, da er sehr weiche Nadeln hat. Daher ist er auch der beste Baum für eine Familie mit Kindern.“ Die Blaufichte besteche durch ihren Duft, der entstehe, wenn die ätherischen Öle in den Nadeln bei Zimmertemperatur freigesetzt werden, „das ist echter Weihnachtsduft“, schwärmt Heimhard. Der Nachteil der Blaufichte: Ihre Nadeln sind stachelig, beim Schmücken sollte man also Handschuhe anziehen.
Eine Nordmanntanne mit langer Haltbarkeit ist im Vergleich zur Blaufichte und zur normalen Fichte teurer. „Eine Fichte wird aber nicht nur aufgrund des günstigeren Preises gewählt, sie gilt als traditioneller Weihnachtsbaum, der an früher erinnert. Die Fichte wird von Liebhabern gekauft.“
Ein Auto fährt vor Gut Kuhweide vor, Renate Jünger steigt aus, geht zielstrebig zum gestapelten Schnittgrün. Sie sei sei etlichen Jahren hier in Delstern Stammkundin, erzählt die Frau aus Schalksmühle, die den Grünschnitt genau unter die Lupe nimmt. „Ich mache daraus Adventsgestecke – für mich und für den Friseursalon meiner Schwester.“
Grünschnitt als Deko
Grünschnitt werde auch gerne als weihnachtliche Deko für die Vase gekauft, sagt Heimhard, der manchen Dekotrend hat kommen und gehen sehen. „Es wird wieder schlichter. Knallbunte Deko und Lametta – das war früher.“
Was sich noch geändert hat? Der gelernte Kaufmann lacht. „Vor 20 Jahren konnte der Baum nicht groß genug sein, da wurde die Deckenhöhe voll ausgenutzt, in Altbauten also locker drei Meter.“ Heute sei der Standardbaum in Deutschland etwa 1,75 Meter hoch.
Seine Weihnachtsbaumverpackungsmaschine kann sich Heimhard kaum noch wegdenken. „Das verwendete Netz ist aus recyceltem Material.“
Pixi-Buch für Kinder
Dirk Heimhard und seine Weihnachtsbaumproduzenten-Kollegen, die Mitglied in der „Interessengemeinschaft der Jungweihnachtsbaumanbauer“ (IGW) sind, halten momentan eine kleine Überraschung für Kinder, die ihre Eltern beim Tannenbaumaussuchen unterstützen, bereit. „Die IGW hat ein kultiges Pixi-Buch beim Carlsen-Verlag in Auftrag gegeben. Das Bilderbuch handelt vom Handwerk der Weihnachtsbaumanbauer“, erläutert Heimhard.
Mit dem 24-seitigen Pixi-Buch „Schatzsuche zwischen Weihnachtsbäumen“ wende man sich an Kleinkinder, also an die Kunden von morgen. 30.000 Exemplare des Bilderbuches liegen insgesamt vor, auf Gut Kuhweide werden 500 Bücher an Kinder verschenkt.
Übrigens sollten Kunden ihren gekauften Baum zu Hause sofort auspacken, „dann kann der Baum atmen.“ Am besten lagere man ihn vor dem Aufstellen draußen bei null bis fünf Grad, „Minusgrade sind für den geschlagenen Baum nicht gut, dann trocknet er aus.“ Er empfiehlt, den Baum mit einer alten Decke vor Frost zu schützen.
Die Kundschaft auf Gut Kuhweide besteht zu 90 Prozent aus Privatleuten, die einen Baum für drinnen kaufen, der Rest setzt sich aus Geschäftsleuten zusammen, die Bäume für ihren Laden oder ihren Außenbereich benötigen. „Bei großen Bäumen für draußen sprechen wir von Dekobäumen, meist Nordmanntannen, die vier bis acht Meter hoch sind und gerne vor Kirchen, Altenheimen oder Autohäusern platziert werden.“
Keine Weihnachtsfeiern auf Gut Kuhweide
Das von etlichen Firmen als Weihnachtsfeier organisierte Tannenbaumschlagen muss aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen in diesem Jahr ausfallen, „einige Firmen haben aber an ihre Mitarbeiter und gute Kunden Gutscheine ausgegeben“, sagt Heimhard.
Familienbetrieb in der siebten Generation
Dirk Heimhard führt den Familienbetrieb, der 1824 als Forstbetrieb gegründet wurde, in siebter Generation.
Die Heimhardsche Tannenschonung ist rund 150 Hektar groß, davon sind 100 Hektar normaler Wald, 40 Hektar werden für Weihnachtsbaumkulturen genutzt, 10 Hektar sind Gebäudefläche.
Der traditionelle Weihnachtsmarkt , der stets am 3. und 4. Adventswochenende veranstaltet wird, fällt in diesem Jahr aus.
Das Angebot „Weihnachtsbaum zum Selberschlagen“ gebe es aber auch dieses Mal, nur eben ohne Würstchen und Glühwein, „dennoch ist es beliebt und für viele ein kleines Event.“
Erfahrungsgemäß ist am dritten Advent-Wochenende mit 1000 Kunden pro Tag auf Gut Kuhweide die Hölle los. „Gerade jetzt in der Corona-Zeit ist es wichtig, den Baumverkauf zu entzerren. Wir stehen hier sechs Wochen an sieben Tagen in der Woche parat“, appelliert Dirk Heimhard an die Kunden, nicht ausschließlich an den Wochenenden auf Baumkauf zu gehen.