Hagen. 203,2 Millionen Euro an Finanzzuweisungen werden absehbar im Jahr 2021 aus Düsseldorf nach Hagen überwiesen. Hier alle Hintergründe.

Hagens Kämmerer Christoph Gerbersmann darf im kommenden Jahr mit etwa 14 Millionen Euro höheren Finanzzuweisungen aus Düsseldorf rechnen. Während aus den Mitteln des Gemeindefinanzierungsgesetzes in diesem Jahr knapp 189 Millionen Euro nach Hagen flossen, sollen es im kommenden Jahr mehr als 203,2 Millionen Euro werden. Das geht aus den vorläufigen Eckpunkten zum Gemeindefinanzierungsgesetz hervor, die jetzt von NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) vorgelegt wurden.

Mehr Ertrag – weniger Ausgleich

Die Höhe der Gelder des Landes im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) ist jeweils abhängig von der Ertragslage des Vorjahres.

Grundsätzlich gilt: Über den Kommunalen Finanzausgleich erhalten die Kommunen 23 Prozent am Aufkommen aus den sogenannten Verbundsteuern. Die Verteilung auf die Kommunen richtet sich insbesondere nach der jeweiligen Finanzkraft der 396 Städte und Gemeinden und 31 Kreise.

Hier folgt das Land dem Grundprinzip, dass auf ein Mehr an eigenen kommunalen Erträgen – vorzugsweise aus der Gewerbesteuer – ein Weniger aus dem Finanzausgleich folgt.

Das bedeutet, dass Gemeinden, die bei den Steuererträgen überproportional gewinnen, bei den Schlüsselzuweisungen nach der Gemeindefinanzierung des Folgejahres verlieren.

Allerdings wird angesichts der Corona-Pandemie die Situation aktuell in vielen Punkten flexibler betrachtet, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen und Kreise zu erhalten.

Um die Kommunen des Landes neben krisenbedingten Mehrausgaben und Ausfällen bei eigenen originären Einnahmen – vorzugsweise den Gewerbesteuern – vor schmerzlichen Einbußen im kommunalen Finanzausgleich zu bewahren, soll das Gemeindefinanzierungsgesetz 2021 auf rund 13,6 Milliarden Euro festgesetzt werden. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen will die Gemeindefinanzierung dazu mit 928 Millionen Euro Kreditmitteln stützen. Ohne diese Gegenmaßnahmen würde sich die Gemeindefinanzierung des Jahres 2021 um rund 170 Millionen Euro unter der Gemeindefinanzierung des Jahres 2020 belaufen. In diesem Jahr haben die Gemeinden mit 12,8 Milliarden Euro bereits einen Rekordwert erhalten.

Ministerin spricht von „kommunalfreundlichen Entscheidungen“

Der Aufstockungsbetrag in Höhe von 928 Millionen Euro wird über den NRW-Rettungsschirm zur Finanzierung aller direkten und indirekten Folgen der Bewältigung der Corona-Krise kreditiert und soll zurückgezahlt werden, soweit die Steuerentwicklung in künftigen Jahren und somit die wirtschaftliche Situation der Kommunen dies ermöglicht. „Unverändert gilt: Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Entscheidungen. Mit allen kommunalfreundlichen Entscheidungen in diesem Jahr und für das kommende Jahr gehen wir mit Mut für die Bürger und die NRW-Kommunen in die Zukunft“, so Ministerin Scharrenbach, was prompt Kritik der Opposition auslöst

(siehe Hintergrund)

Kritik am aktuellen Finanzkurs des Landes gegenüber den Kommunen wird prompt aus der Opposition im Landtag laut. Der Hagener SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Jörg stößt sich vor allem daran, dass die fehlenden Gelder zur Gemeindefinanzierung nicht aus dem Corona-Rettungsschirm des Landes fließen, sondern die fehlende Milliarde den Kommunen lediglich als Kredit gewährt werden solle: „Die Antwort der Landesregierung auf die Finanzprobleme der Städte und Gemeinden lautet also: weitere Schulden für unsere Kommunen“, ärgert sich der Abgeordnete angesichts der Hagener Kassenkredite (Dispo) jenseits der Milliarden-Schwelle.

Das sei „hochgradig ungerecht und unseriös“, so Jörg weiter, da sich das Land für die eigenen Steuerausfälle selbst sehr wohl aus dem Corona-Rettungsschirm bediene. Anstatt das bestehende Schuldenproblem der NRW-Kommunen mit landesweit insgesamt über 21,6 Milliarden Euro Kassenkrediten endlich durch eine Altschuldenlösung anzugehen, würden auf den riesigen Schuldenberg der Städte und Gemeinden nur weitere dicke Schippen drauf gesattelt, meint der SPD-Politiker.

„Wir fordern die Landesregierung erneut auf, unsere Kommunen unter den Corona-Rettungsschirm zu nehmen und sie mit echten Finanzhilfen zu unterstützen anstatt sie immer weiter in die Verschuldung zu treiben.“

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Den Löwenanteil der Gemeindefinanzierung 2021 machen traditionell die Schlüsselzuweisungen aus. Hier kann Hagen mit 182,7 Millionen Euro rechnen, nach Angaben von Kämmerer Gerbersmann nahezu exakt der Wert, der sich aufgrund der Orientierungsdaten des Landes erwarten ließ. Hinzu kommen Aufwands- und Unterhaltungspauschale (ca. 1 Mio.), die Allgemeine Investitionspauschale (8,5 Mio.), die Investitionspauschale Sozialhilfeträger (ca. 1 Mio.), Altenhilfe und Altenpflege (ca. 1 Mio.), Schul- und Bildungspauschale (9,2 Mio.) sowie die Sportpauschale (612.000 Euro).

Gewerbesteuer-Loch bleibt

Damit werden natürlich noch nicht die zu erwartenden Gewerbesteuer-Ausfälle aufgefangen, die Hagen nicht bloß in diesem Jahr, sondern absehbar auch 2021 ereilen. Von der erwarteten Einnahme von etwa 100 Millionen Euro dürften angesichts der angespannten Lage in vielen Produktionsbetrieben absehbar lediglich 60 Millionen Euro die Kasse der Kämmerei erreichen. „Und da redet noch keiner von den weiteren coronabedingten Ausfällen bei der Einkommens- und Vergnügungssteuer“, macht der Finanzdezernent deutlich, dass die Gewerbesteuer keineswegs der einzige Posten sei, der den Doppelhaushalt 2020/21 an vielen Stellen zur Makulatur werden lässt. „Zum Glück können wir die entstehenden Corona-Schäden ausbuchen, so dass sich das Jahresergebnis nicht verschlechtert“, erläutert er. „Allerdings fehlt uns das Geld natürlich trotzdem in der Kasse.“

Darüber hinaus kann Hagen im Jahr 2021 nicht mehr mit einer Millionen-Finanzspritze aus dem NRW-Stärkungspakt rechnen. Diese Unterstützung für NRW-Nothaushaltskommunen ist mit einer letzten Sechs-Millionen-Rate in diesem Jahr ausgelaufen. Außerdem hat Hagen noch einmal mit 16 Millionen Euro aus Überschüssen aus einem Stärkungspakt-Sondertopf profitiert. Doch mit diesen Segnung ist es ab 2021 endgültig vorbei, so dass die Stadt wieder aus eigenen Kraft einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren muss.