Breckerfeld. Der Breckerfelder Wald leidet unter der Trockenheit und dem massiven Borkenkäfer-Befall. Ein Rundgang mit Förster Volker Neumann.

Es gibt sie nicht, die eine Ursache. Und es gibt sie nicht, die eine Lösung. Der Blick von Niederfeldhausen aus über den Breckerfelder Wald stimmt Förster Volker Neumann traurig. „Anfang 2020 hatten wir hier noch viele grüne Flächen“, erinnert er sich zurück. „Über den Sommer hat sich das dramatisch verändert. Mittlerweile ist gut die Hälfte der Fichten vom Borkenkäferbefall betroffen. Aber auch die anderen Baumarten leiden unter der Trockenheit. Viele drohen abzusterben.“

Für den Wald, zumindest so wie wir ihn kennen, sieht Volker Neumann keine Zukunft: „Der Befallsdruck ist riesig, die Bäume können sich nicht mehr gegen die Schädlinge wehren, weil ihnen Wasser und dadurch gebildetes Harz fehlen, um sie abzuwehren.“

Förster Volker Neumann mit einem der Arbeiter, die betroffene Bäume fällen und aus dem Wald schaffen.
Förster Volker Neumann mit einem der Arbeiter, die betroffene Bäume fällen und aus dem Wald schaffen. © WP | Laura Handke


Die seit Jahren viel zu trockenen Vegetationsperioden, kein Wasserspeicher im Boden, dazu der Borkenkäfer – ein tödlicher Cocktail für den Wald.

„Am Ende wird die Natur das überleben. Auf den Kahlflächen wird wieder etwas wachsen. Aber für die Artenvielfalt, die Waldbesitzer und die Wirtschaft ist das eine Katastrophe“, sagt Volker Neumann. Zumal das Holz kaum weggeht.

„Der Holzmarkt ist überlastet. Wir kriegen das Schadholz fast nur noch über den Export weg.“

Waldbesitzer beklagen Verluste

In einem kleinen Waldgebiet im Steinbachtal nahe der Ennepetalsperre lässt Waldbesitzer Werner Engling gerade einige Bäume fällen. Wegen der Trockenheit könnten sie auf die nahe gelegene Straße stürzen.

Außerdem: Borkenkäferbefall. Die Larven fressen sich gemächlich ihren Weg durch die Rinde der Fichten. „Ich muss glücklicherweise nicht davon leben. Aber die Situation ist schon dramatisch.“ Ein weiterer Baum kracht um. Sie sollen in den nächsten Tagen abtransportiert werden. Nur ein kleiner Teil des befallenen Holzes wird regional weiterverarbeitet, ein Großteil jedoch geht nach China.

Ein sorgenvoller Blick in die Zukunft


„Forstwirte kommen aktuell bei plus-minus Null raus“, sagt der Förster. „Vorher gab es 90 bis 94 Euro pro Festmeter Fichte. Jetzt liegen wir bei circa 30 Euro, abzüglich Aufarbeitung (23 bis 25 Euro) und Mehrwertsteuer.“

Er sieht auch die Baubranche in Gefahr, die auf das Fichtenholz angewiesen ist. Zwar gebe es jetzt massig Holz, aber der Blick auf die nächsten Jahre bereitet ihm Sorgen: „Hier wird vorerst niemand mehr Fichten pflanzen. Wir müssen jetzt auf Mischwälder setzen.“

Die Fichten werden von Borkenkäfer-Larven zerfressen.
Die Fichten werden von Borkenkäfer-Larven zerfressen. © WP | Laura Handke


Dazu muss das tote Holz zunächst aus dem heimischen Wald. Kahlschlag. „Hier in Breckerfeld funktioniert das aber an einigen Stellen nicht. Es gibt Hanglagen, Stellen im Wald, die nicht richtig erschlossen sind.“

Für die Wirtschaftswege sind die riesigen Maschinen, die zur Baumfällung anrücken, eine ebenso große Belastung. „Zur Instandhaltung muss man danach wieder Geld in die Hand nehmen“, vermutet Volker Neumann.

Aufforstung nicht ohne Probleme

Und die Aufforstung? Dringend notwendig und sinnvoll, sagt Volker Neumann. „Aber das geht nicht von Heute auf Morgen. Das ist ein Generationenprojekt.“ Zumal sich bei der Aufforstung neue Probleme ergeben. Erstens: Es gibt nicht genug Saatgut. Zweitens: Die neu gepflanzten Bäume können gerade in einer zu trockenen Vegetationszeit schnell vertrocknen. Und drittens: Sie müssen durch Zäune, die die Forstwirte aus eigenen Mitteln finanzieren müssen, vor Wildverbiss geschützt werden.

Neue Bäume vor Wildverbiss schützen

Erst im Frühjahr hat der Breckerfelder Förster gemeinsam mit Lukas Achenbach aus dem Ennepetaler Beritt eine mehrere Hektar große Fläche mit Roteichen, Douglasien, Ebereschen und Lärchen bepflanzt. Einige Fichten sprießen auch aus dem Boden.


„Circa 40 Prozent sind durch die Trockenheit ausgefallen“, zeigt er die Probleme auf. Ein Zaun schützt die jungen Bäume vor Wild. Die Freiflächen sind wertvoll für die Artenvielfalt. „Hier entsteht zum Teil eine wilde Flora von ganz allein, es werden Brombeeren wachsen und Fingerhut“, erklärt Neumann, dass der Kahlschlag nicht nur negative Seiten hat. Aber dann braucht es einfach Zeit – viel Zeit – bis die Bäume auf den kahlen Flächen wieder wachsen, gedeihen und einen Mehrwert bieten.

>>> INFO: Die Walddaten im Überblick

Etwa 180 Waldbesitzer haben sich zur Forstgemeinschaft Breckerfeld Waldbauer zusammengeschlossen. Ihnen gehört eine Fläche von rund 1500 Hektar Wald im Stadtgebiet.

Waldarbeiter fällen betroffene Bäume im Wald.
Waldarbeiter fällen betroffene Bäume im Wald. © WP | Laura Handke


Die restlichen Waldflächen (insgesamt gehören zum Forstbetriebsbezirk 2500 Hektar Wald) gehören dem RVR, dem Ruhrverband und verschiedenen Privatwaldbesitzern. Im Beritt der Forstbetriebsgemeinschaft gibt es eine gute Gewichtung zwischen Laub- und Nadelholz, die etwa jeweils 750 Hektar ausmachen.

Etwa 250.000 Festmeter (ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter fester Holzmasse) Fichtenbestand gibt es in Breckerfeld. Gut die Hälfte ist von Borkenkäferbefall betroffen.

Ein Hektar Wald kann ca. acht Tonnen CO2 binden. „Bei der Eiche hat man jährlich einen natürlichen Zuwachs von etwa drei bis vier Festmetern, bei der Buche sind es vier bis fünf, bei der Fichte/Nadelholz gut acht bis zwölf. Durch Nadelhölzer kann also doppelt so viel CO2 gespeichert werden wie durch Laubbäume“, sagt Neumann.

Um die Wasserspeicher im Boden aufzufüllen, müsste es mehrere Monate am Stück regnen. „Starkregenereignisse sind aber schlech
t, weil ein Großteil überirdisch abfließt.“