Hagen. Die Stadt hat die Maßnahmen verschärft - viele ignorieren die Regeln noch. Ein Rundgang durch die Innenstadt zum Hauptbahnhof zeigt Probleme auf.
Bahnhofsvorplatz am Montagvormittag. Seit Samstag gilt hier Maskenpflicht. Eigentlich. Denn ein Großteil der Menschen schert sich kein bisschen um die neuen Regeln. Gegenüber vom Busbahnhof vor dem Tele-Café stehen mehrere Männer in Grüppchen verteilt auf dem Vorplatz.
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Insgesamt 18 Mann. Keiner von ihnen trägt Maske. Die Stoffteile hängen allerhöchstens ziemlich halbherzig unter dem Kinn. Auf eine Nachfrage, warum sie sich nicht an die Regeln halten, kommt nur die Antwort: „Geht dich nichts an, verzieh dich.“
Schilder, die auf die Corona-Maßnahme hinweisen, hängen hier noch nicht. Zumindest nicht sichtbar. Erst am Eingang des Hauptbahnhofs weisen große rote Aufkleber auf den Scheiben auf die Maskenpflicht, das Rauchverbot und Abstandsregeln hin – allerdings nur für den Innenbereich des Hauptbahnhofs.
Stressiger Alltag für Security
Security-Mitarbeiter mit gelben Warnwesten sind im Auftrag der DB Sicherheit GmbH hier im Dauereinsatz. „Unsere Schicht hat heute um 6 angefangen und geht bis 14 Uhr“, erzählt der 40-jährige Hagener, der gerade auf dem Weg ist, sich einen Kaffee zu holen. „Seit heute morgen haben wir bestimmt 150 Verwarnungen oder Platzverweise ausgesprochen. Mein Kollege steht immer oben am Eingang, ich drehe meine Runden über die Gleise.“
Sie sprechen Hausverbote und Platzverweise aus, teilweise rufen sie die Polizei hinzu. „Erst vor zwei Minuten kam eine Maskenverweigerin von Gleis 1. Auch nach mehrfachen Hinweisen hat sie nicht eingesehen, sich ihre Maske aufzusetzen. Die Polizei hat dann eine Anzeige aufgenommen.“
Ein stressiger Job. Die beiden Security-Männer stoßen auf viel Unverständnis. „Wir müssen eigentlich nur diskutieren. Viele beleidigen uns“, erinnert sich der Hagener an die letzten Stunden und schüttelt den Kopf. Tauschen möchte ich mit ihm nicht.
Kein Rauchverbot auf der Straße
Rückweg vom Bahnhof in Richtung Innenstadt. Es geht durch die Elberfelder Straße am Hagener Theater vorbei. Auf der Höhe der Ecke Konkordiastraße hängen zwei blau-weiße Zettel unter dem Fußgängerzonen-Schild. „Ab hier gilt Maskenpflicht. Tragen Sie ab hier eine Mund-Nasen-Bedeckung“. So richtig ernst nehmen einige Hagener diese Regel aber auch in der Fußgänger-Zone nicht, auch wenn es hier deutlich weniger „Maskenverweigerer“ gibt, als am Hauptbahnhof.
Im Gegensatz zu Städten wie Iserlohn, kommt die Maskenpflicht in der City keinem Rauchverbot gleich, bestätigt Stadt-Sprecher Michael Kaub auf Nachfrage. Essen und Trinken sind weiterhin erlaubt. Die Ordnungsamt-Mitarbeiter agieren mit Fingerspitzengefühl und haben mittlerweile ein Gefühl dafür entwickelt, ob es sich um vorgeschobene Ausreden handelt.
Visier oder Maske – was bietet besten Schutz?
Während die Maskenpflicht bundesweit gilt, sorgt die Frage, welche Artikel als zulässige Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) gelten, inzwischen für Verwirrung. So hält das Robert Koch-Institut (RKI) die Visiere nach wie vor für keine geeignete Alternative zur herkömmlichen Maske. Grund: Die Plastikscheiben könnten in der Regel maximal nur die direkt auf die Scheibe auftretenden Tröpfchen auffangen, so das Institut. Die sogenannten „Face Shields“ bestehen aus durchsichtigem Kunststoff und decken das Gesicht vom Kinn bis zur Stirn ab. Sie werden meist mit einem Gummiband an der Stirn befestigt und schweben vor dem Gesicht.
In Nordrhein-Westfalen sieht die Corona-Schutzverordnung das Tragen einer „textilen Mund-Nasen-Bedeckung (zum Beispiel Alltagsmaske, Schal, Tuch)“ vor. Face Shields gelten demnach nicht als Alternative. Die Staatskanzlei hat dies bereits ausdrücklich bestätigt.
In Hagen wiederum gilt bislang die Lesart, dass die Corona-Schutzverordnung lediglich eine textile Mund-Nasen-Bedeckung empfehle. Dies soll jetzt in Rücksprache mit dem Land noch einmal überprüft werden. Allerdings heißt es in § 2, Absatz 2 wiederum, dass die textile Bedeckung beim Einkaufen, in der Arztpraxis, bei Konzerten, Versammlungen, in Museen, auf Märkten, in Einzelhandelsgeschäften und Shopping-Malls, in Handwerksbetrieben, im Bus oder auch in Warteschlangen „verpflichtend“ sei.
Ähnlich sieht es auch das NRW-Landesinstitut für Arbeitsgestaltung, das sich wiederum auf die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beruft. Dort heißt es: „Gesichtsvisiere erfüllen bei Expositionen gegenüber erregerhaltigen Tröpfchen oder Aerosolen nicht die Funktion eines Atemschutzes. Dazu müssen sie ergänzend mit Atemschutz, z. B. filtrierenden Halbmasken getragen werden.“
Ziel einer Mund-Nase-Bedeckung sei es primär, eine Freisetzung von SARS-CoV-2 über Tröpfchen, etwa beim Sprechen, Husten oder Niesen in die Ausatemluft zu reduzieren, so das NRW-Landesinstitut. Sie dienten damit dem Drittschutz. Kommerziell und privat hergestellte MNB bestehen meist aus handelsüblichen Baumwollstoffen, die Mund und Nase eng bedecken.
Bei Gesichtsvisieren wiederum sei diese Öffnung sehr viel größer und teilweise nach vorn gerichtet, wodurch sie bestenfalls die großen Aerosoltröpfchen zurückhalten und die Auswurfweite von Aerosolen aus der Ausatemluft herabsetzen. Feine Aerosole gelangten dennoch ungehindert in die Raumluft. Sie stellten daher keinen zur MNB vergleichbaren Drittschutz dar.
„Grundsätzlich haben wir 30 städtische Mitarbeiter im Schichtbetrieb im Außendienst. Gerade in den letzten Tagen bekommen wir auch vermehrt Rückmeldungen von Bürgern, die uns auf Missstände hinweisen. Für diese Anregungen sind wir sehr dankbar und nehmen die Bereiche dann auch in den Blick. Aber unsere Mitarbeiter können natürlich auch nicht immer überall sein“, erklärt Stadt-Sprecher Michael Kaub weiter.
Hinzu kommt: Der Ordnungsdienst kontrolliert nicht nur die Einhaltung der Maskenpflicht. „Es kommen ja auch noch die Sperrstunde und weitere Corona-Maßnahmen hinzu, die kontrolliert werden müssen“, erklärt Michael Kaub weiter.
Zettel sollen ersetzt werden
Die Stadt arbeitet derweil bereits daran, die Zettel in den betroffenen Bereichen durch vernünftige Schilder auszutauschen. „Da wird auf jeden Fall in kurzer Zeit nachgebessert. Vor dem Wochenende ging es zunächst um eine möglichst schnelle Umsetzung“, so Michael Kaub, der auch betont, dass die Ordnungskräfte mit den Bürgern ins Gespräch kommen wollen, um Verständnis für die Maßnahmen zu schaffen.
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„Wie bei allen neuen Regeln, braucht das sicherlich etwas Zeit, um sich einzuspielen. Wenn jetzt ein Pendler am Bahnhof ankommt, können wir nicht sofort erwarten, dass er um die Regelungen hier weiß. Da geht es dann darum, die Leute darauf hinzuweisen und aufzuklären. Wenn man hingegen auf renitente Verweigerer trifft, dann werden die Verstöße natürlich auch entsprechend sanktioniert.“