Hagen. Zunächst stand die „Bohne“ in Wehringhausen im Fokus - aber eine Ausweitung ist denkbar. Die Streetworker geben Einblicke in die Arbeit.
Die positive Nachricht vorweg: Linda Schneider (27) und David Pauli (33) haben vor kurzem ihre Arbeit auf den Hagener Straßen aufgenommen. Sie sind Streetworker; und hatten sicherlich aufgrund der Corona-Situation einen etwas ungewöhnlichen Start. „Streetwork hat zu Beginn der Lockdown-Phase überhaupt nicht mehr stattgefunden, fast bis Ende Mai“, sagt Carolin Kazda, die sich jetzt in den Mutterschutz verabschiedet. Dafür rücken David Pauli (Sozialpsychiatrischer Dienst, Fachbereich Gesundheit und Verbraucherschutz) und Linda Schneider (Kommunale Drogenhilfe, Fachbereich Jugend und Soziales) nach.
Der Fachbereich spielt aber eher eine nebensächliche Rolle. Die Stellen arbeiten ohnehin Hand in Hand. Der Gedanke dahinter: Menschen, die teils schwere Schicksale haben, den Zugang zum Hilfesystem erleichtern, sagt Psychiatrie- und Suchtkoordinator Friedrich Schmidt. Das Konzept dazu stammt aus seiner Feder, gemeinsam mit Reinhard Goldbach auf Anregung der Hagener Politik entwickelt.
Freizeitareal „Bohne“ im Fokus
Zunächst stand dabei vor allem das Freizeitareal „Bohne“ in Wehringhausen im Fokus. Dort hatte es vermehrt Beschwerden von Anwohnern gegeben. „Dort sind wir auch weiter im Einsatz. Vor Ort beobachten wir allerdings, dass alle miteinander gut auskommen“, versichern die beiden neuen Streetworker unisono. Präsenz zeigen, da sein.
Nur ein Beispiel: Ein Sommerfest. Für Anwohner, Wohnungslose und jeden, der vorbeischauen will, in Wehringhausen. „Das kam echt super an. Dieses Jahr war eine Wiederholung geplant, wegen Corona fiel das aber aus“, sagt die Streetworkerin.
Für die Verantwortlichen der verschiedenen Fachbereiche steht im gleichen Zug auch fest: Das Konzept soll in der Zukunft auf weitere Hagener Stadtteile ausgeweitet werden. Denn die Plätze, an denen sich die Betroffenen treffen, verschieben und verändern sich. „Gerade zur Coronazeit, wo sich die Menschen nicht mehr in größeren Gruppen treffen konnten, weil sonst Strafgelder drohten“, erinnert sich Kazda.
Niederschwellige Hilfe auf der Straße
Es geht um niederschwellige Hilfe auf der Straße. Hilfe bei Problemen mit Rechnungen, dem Gang zum Jobcenter, und sei es ein heißer Kaffee, den die Streetworker ausgeben. „An Hilfen gibt es in Hagen eine ganze Bandbreite“, verweist Bernd Titze von der Drogenberatung auf Angebote wie die Drogentherapeutische Ambulanz mit Café für Drogenkonsumenten, die Suchthilfe, Kliniken oder die Psychosoziale Betreuung von Drogenabhängigen.
Während die Streetworker auf den Hagener Straßen nur wenige Veränderungen durch Corona beobachten – „die Betroffenen gehen gut mit der Situation um, auch wenn sich teilweise der Alkohol- oder Drogenkonsum natürlich etwas verstärken kann“ – stellen sich die Probleme für psychisch Erkrankte etwas größer dar.
Hemmschwelle wächst
„Um zum Sozialpsychiatrischen Dienst zu kommen, braucht man nun einen Termin. Unten am Eingang steht ein Security-Mann. Die Hemmschwelle ist für die Menschen, die vorher einfach spontan vorbeischauen konnten, jetzt deutlich größer. So groß, dass sie die Hilfe teils nicht mehr in Anspruch nehmen“, erklärt Schmidt.
Ziel sei es jetzt, die Menschen, die Hilfe brauchen, weiter zu erreichen. Ähnlich die Situation im Café in der Bergstraße: „Die Türen sind zu“, erklärt Titze. „Dabei lebt es von der Begegnung.“ Neben Mahlzeiten und Getränken erhalten Betroffene dort saubere Spritzen, können duschen, Wäsche waschen oder erhalten Unterstützung im Umgang mit Behörden. Angebote, die sich mittlerweile in Hagen fest etabliert haben. Genau wie das Streetworking.
„Die Menschen kennen uns mittlerweile. Auch wenn es zu Beginn gerade durch die Maske schwierig war“, erinnert sich David Pauli. „Man merkt sich hauptsächlich Gesichter. Das wurde durch die Masken erschwert, zumal die Mimik nicht mehr richtig erkennbar war“, erinnert sich der 33-Jährige. Seine Streetworking-Kollegin Linda Schneider ergänzt: „Die Menschen in Hagen stehen unserer Hilfe grundsätzlich sehr offen gegenüber und sind sehr dankbar für die Hilfe. Es ist schön, den Betroffenen mit unserer Arbeit helfen zu können. Diese Dankbarkeit treibt uns auch an.“