Hagen. Die Corona-Pandemie reißt gewaltige Löcher in den Hagener Etat. Doch Kämmerer Gerbersmann hofft auf konkrete Hilfen aus Berlin und Düsseldorf.

„Hätten wir Covid nicht bekommen, hätte unsere Planung weitgehend gepasst.“ Gleich zweimal muss Hagens Kämmerer Christoph Gerbersmann den Konjunktiv bemühen, um im Haupt- und Finanzausschuss deutlich zu machen, dass sein Ressort bei der Erstellung der Doppelhaushaltes 2020/21 keineswegs eine Glaskugel bemüht hat, sondern das Zahlenwerk auf realistischen, seriösen Annahmen fußte. 870.000 Euro Jahresüberschuss sollten es zum Jahresende 2020 ursprünglich sein. Jetzt droht eine Verschlechterung von 44,7 Millionen Euro – zumindest beim Blick auf die aktuell vorliegenden Daten.

„Dabei fällt der Gewerbesteuereinbruch bei uns noch weitaus höher aus als in vielen anderen Kommunen“, analysiert der Finanzdezernent, dass in einer Stadt, in der viele gewerbliche Jobs an der Automotiv-Branche hängen, die Corona-Einschnitte deutlich schmerzlicher ausfallen. Ursprünglich kalkulierte Hagen nach dem Rekordjahr 2019 mit Gewerbesteuereinnahmen von 100 Millionen Euro – ein Ertrag der im März durchaus noch realistisch erschien. Inzwischen wird mit eine Einbruch von satten 46,6 Millionen Euro gerechnet.

Knöllchen-Einnahmen gehen zurück

Etat-Belastung über 50 Jahre

Die Städte in Nordrhein-Westfalen sind gehalten, die Mindererträge und Mehraufwendungen durch die Corona-Krise im Rahmen des Jahresabschlusses 2020 zu ermitteln und gesondert zu bilanzieren.

Der Plan des Landes sieht vor, dass die Städte bis zum Jahr 2025 alles, was in der Corona-Krise zusätzlich an Kosten und Einnahmeverlusten angefallen ist, in Sonderhaushalten parken und danach über 50 Jahre abschreiben.

Hinzu kommen weitere Verschlechterungen beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer (-9,7 Mio.), geringere Einnahmen bei der Tagesbetreuung für Kinder aufgrund des Shutdowns (-3,3 Mio.), erhöhte Personalkosten (-2,3 Mio.), höhere Sozialleistungen sowie weniger Knöllchen-Einnahmen und geringere Parkerlöse. Insgesamt addieren sich die vorzugsweise auf Corona-Effekte zurückzuführenden Verschlechterungen für den Hagener Etat auf 72,9 Millionen Euro. Allerdings wird eine genau ausdifferenzierte Auflistung der Pandemie-Kosten erst mit dem Prognosebericht für das dritte Jahresquartal erarbeitet.

Dem dramatischen Minus stehen wiederum Verbesserungen im Volumen von 28,3 Millionen Euro gegenüber, von denen der Löwenanteil von 16,3 Millionen Euro aus einer Sonderzuweisung für Stärkungspaktkommunen stammt. Für zusätzliche Entspannung sorgen die weiterhin niedrigen Zinsen, die sowohl am Geld- als auch am Kapitalmarkt noch einmal gesunken sind. Zurzeit zahlt die Stadt Hagen für ihre Liquiditätskredite (städtischer Dispo) bei sämtlichen Laufzeiten einen negativen Zinssatz. Die Schulden lagen im August bei exakt 1,01 Milliarden Euro und somit 24 Millionen Euro niedriger als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Hinzu kommen noch einmal 80,4 Millionen Euro an Investitionskrediten, die angesichts des anhaltend defensiven Verhaltens der Stadt 2019 noch bei 83,8 Millionen Euro standen.

Aus Berlin fehlen konkrete Zahlen

Kämmerer Christoph Gerberesmann geht davon aus, dass die von der Bundesregierung bereits beschlossenen Konjunkturpakete sich noch deutlich entlastend auf das Hagener Haushaltsergebnis auswirken werden. „Diese können jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund fehlender Konkretisierungen noch nicht beziffert werden“, erwartet er noch Millionenhilfen aus Berlin.

Aus eigener Kraft wird eine Nothaushaltskommune wie Hagen gegen die Corona-Folgen und die damit einher gehenden Millionen-Einbrüche nicht mehr ansparen können. „Das zu erwartende Ausmaß des konjunkturellen Einbruchs infolge der Pandemie und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die finanzwirtschaftliche Situation der Stärkungspaktkommunen machen es unmöglich, dass die betroffenen Gemeinden ausschließlich durch eigene, über die bereits erfolgten erheblichen Konsolidierungsmaßnahmen hinausgehende Anpassungen ihrer Haushaltssanierungspläne in ausreichender Weise gegensteuern können“, ist der Hagener Finanzdezernent sich mit seinen Ressortkollegen aus anderen Städten einig. Parallel drücken nämlich auch die horrenden Altschulden.