Hagen. Dank einer Landesförderung kann Hagen 2,5 Millionen Euro für Schulcomputer ausgeben. Aber es gibt erhebliche Netz-Probleme.

Gut gemeint, aber schlecht gemacht. Auf diese einfache Formel lässt sich die einerseits begeisterte, aber überwiegend enttäuschte Reaktion in Hagen auf jene Segnung reduzieren, die NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer unter dem Eindruck der Corona-Infektionswelle zum Start der Sommerferien auf den Weg gebracht hat. Etwa 7000 iPads im Gesamtwert von knapp 2,5 Millionen Euro kann Hagen dank der Förderhilfen aus der Landeshauptstadt für Mädchen und Jungen, aber auch Pädagogen als Unterrichtsunterstützung in Pandemiezeiten anschaffen - dabei haben längst noch nicht alle Schulen in der Stadt überhaupt einen Breitbandanschluss, geschweige denn funktionierende WLAN-Netze.

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WP-Redakteur Martin Weiske
Von Martin Weiske

Doch auf Zeit zu spielen macht bei diesem akuten Geldsegen keinen Sinn: „Erst im Juli gab es die exakten Richtlinien, bis zum 31. Dezember 2020 muss alles abgerechnet sein – das ist schon eine klasse Nummer“, skizziert Kämmerer Christoph Gerbersmann, der in Hagen zugleich den IT-Bereich verantwortet, den enormen Zeitdruck: „Natürlich freuen wir uns, das Geld für die Endgeräte zu bekommen. Aber man hätte uns ruhig die Zeit geben können, das sorgfältig vorzubereiten und strukturiert anzugehen.“

Sammelbestellung nicht mehr koordinierbar

So bleibt beispielsweise nicht einmal die Zeit, gemeinsam mit den anderen NRW-Kommunen beispielsweise eine große Sammelbestellung zu organisieren und somit fürs gleiche Geld deutlich mehr Geräte für die Schülerschaft anschaffen zu können. Stattdessen treten die Gemeinden jetzt alle in Konkurrenz zueinander an und versuchen auf einem nach dem Corona-Lockdown durch zahlreiche Bestellungen aus der Wirtschaft ohnehin fast leer gefegten, dafür preislich völlig überhitzten Markt noch ausreichend Endgeräte zu ergattern.

Kein eigenes Personal für den Support

Zurzeit befindet sich die europaweite Ausschreibung der 7000 Geräte für die Hagener Schulen, die mit einer Dringlichkeitsentscheidung des Rates auf den Weg gebracht werden soll, in der Endabstimmung.

Dass es letztlich hochwertige iPads aus dem Hause Apple werden sollen, ist der Störanfälligkeit der Laptop-Alternativen sowie der langfristigen Garantie für das Betriebssystem geschuldet, so die Empfehlung der IT-Profis.

Aber auch die Administration und der Service der Geräte sind noch völlig ungeklärt. „Natürlich wird die Technik gebrauchsfertig und exakt auf unsere Bedürfnisse hin vorkonfektioniert geliefert, aber die Fragen des laufenden Supports sind alle noch offen“, betont IT-Ausschussvorsitzender Stefan Ciupka.

„Mit dem vorhandenen Personal beim Hagener Betrieb für Informationstechnologie ist das nicht leistbar“, weiß Kämmerer Christoph Gerbersmann schon heute. Immerhin handelt es sich bei den zusätzlichen 7000 Schulcomputern um das zweieinhalbfache dessen, was von den städtischen Profis derzeit an Endgeräten betreut wird. „Dafür haben wir gar keine Leute und müssen das extern vergeben.“

Aber es gibt auch noch reichlich inhaltliche Rätsel, die zuletzt auch im IT-Fachausschuss von der Hagener Politik andiskutiert wurden: „Wer soll die Leihgeräte letztlich erhalten? Was sind die Kriterien? Wird es eine Sozialklausel geben? Müssen die Schüler ein Pfand hinterlegen? Was passiert mit jenen Kindern, die leer ausgehen? Und sind überhaupt alle Pädagogen in der Lage, mit iPads den Unterricht sinnvoll zu gestalten?“, fasst Ausschussvorsitzender Stefan Ciupka nur einige Schlüsselfragen zusammen, für deren Klärung angesichts des engen Zeitfensters gar keine Gelegenheit mehr bleibt. Eine Vollversorgung der Hagener Schülerschaft – die 7000 Geräte reichen ja gerade einmal für ein Drittel der Kinder – liegt angesichts der Haushaltssituation außerhalb jeglicher Realität.

Schulen hängen noch nicht am Breitbandnetz

Hinzu kommt die Absurdität, dass ein leistungsfähiges, schnelles Internet in Hagen vielerorts gar nicht zur Verfügung steht. Dank eines 25-Millionen-Euro-Zuschusses läuft die flächendeckende Breitbandversorgung zwar gerade an, aber der Ausbau wird sich, so Gerbersmann, absehbar noch über zwei bis drei Jahre hinziehen. Parallel laufen an den Schulen die Voruntersuchungen, wie in den einzelnen Gebäuden die WLAN-Versorgung gestaltet werden müsste, damit auch alle Klassenräume ausreichend Internet-Empfang haben. Mit der technischen Umsetzung wurde vielerorts noch nicht einmal begonnen.