Boele. Die Schaustellerfamilie Tränkler aus Hagen ist durch die Pandemie an den Rand ihrer Existenz gedrängt worden. Eine Welt droht zu zerbrechen.

Bis zum März war die Welt der Schaustellerfamilie Tränkler noch in Ordnung. Dann kam Corona, und mit dem Lockdown brach die kleine Welt der Tränklers zusammen. „Corona hat bei uns alles auf Null gestellt“, berichtet Dominic Tränkler (33): „Seit einem halben Jahr haben wir nicht mehr gearbeitet, nicht mehr arbeiten dürfen. Jetzt steht unsere Existenz auf der Kippe.“

Ihre Existenz, das heißt: eine Wohnwagenburg in einem Gewerbegebiet an der Lütkenheider Straße. Hier leben Tränklers seit sieben Jahren, in Hagen sind sie hängen geblieben nach einem nomadisierenden Leben, das sie, immer ihren Auftritten und Aufträgen nach, von Ort zu Ort geführt hat. „Ich bin im Wohnwagen geboren, ich könnte mir gar nicht vorstellen, in einem Haus zu leben“, sagt Dominic Tränkler. Dass sie sich mit ihren Wagen überhaupt dauerhaft in Hagen niedergelassen haben, liegt maßgeblich an seiner Frau Jessica (35), die den drei Söhnen (11, 8 ,5) einen regelmäßig wiederkehrenden Alltag ermöglichen wollte: „Wir wollen unseren Kindern jenes normale Leben geben, das wir selbst nicht hatten“, sagt sie.

Familie tritt mit Figurentheater auf Stadtfesten auf

Auch private Buchungen

Wer das Tränklersche Puppentheater für eine Privatfeier, einen Kindergeburtstag oder eine andere Party engagieren möchte, kann sich unter 0178/6319906 melden.

Eigentlich sind Tränklers keine Schausteller, obwohl sie sich selbst zu diesem Berufsstand zählen. Sie besitzen keine Karussells oder Wurfbuden und betreiben keine Kirmes. Die Familie hat ein Figurentheater und tritt auf Stadtfesten, Festivals, Weihnachtsmärkten, in Kindergärten und Schulen als Puppenspieler auf. „Wir sind irgendwo zwischen Animation, Bühne, Clownerie und Artistik angesiedelt“, beschreibt Dominics Vater Stefan Tränkler (59) seinen Job. Er entstammt einer Zirkusfamilie, hat selbstredend nie in einem Haus aus Stein gewohnt und sagt, seinen Beruf, seine Lebensart könne man nicht erlernen: „Da muss man reinwachsen.“

Er und auch noch sein Sohn haben als Kind jede Woche eine andere Schule besucht, in einem „Reisebuch“ wurde der Unterrichtsstoff eingetragen. Manche Lehrer drückten ihnen ein Malheft in die Hand und ließen sie fortan in Ruhe – was will man einem fremden Kind in fünf Tagen beibringen? „Es war anstrengend mitzuhalten.“

Problem mit dem Jobcenter Hagen

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Wahrscheinlich werde er einst auch in seinem Wohnwagen sterben, sagt Dominic Tränkler. Vor Corona sei es ihnen richtig gut gegangen, berichtet er: „Ich konnte meine Familie anständig ernähren.“ Jetzt verdient er nichts mehr und müsse, obwohl er das hasse, dem Staat auf der Tasche liegen. Obendrein gab es Ärger mit dem Jobcenter, das sich geweigert habe, die Stellplatzmiete in Höhe von 400 Euro pro Familie auszuzahlen. Zumindest dieses Problem scheint vom Tisch zu sein: „Die Familie hatte nicht alle erforderlichen Unterlagen eingereicht, das ist aber inzwischen geschehen, und wir können das Geld überweisen“, so Panagiota Giouroukaki, Sprecherin der Behörde.

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Das Virus hat die Welt der Tränklers klein gemacht, sie ist jetzt auf einige Wohnwagen und ein Vorzelt beschränkt. „Der Wert ist überschaubar, aber das ist unser Leben“, sagt Dominic Tränkler: „Nicht viele Menschen in Deutschland leben so wie wir.“

Seiner Frau graut vor den Weihnachtstagen, weil sie kein Geld hat, um den Kindern Geschenke zu besorgen.