Hagen-Mitte. Fritz Winter zählt zu den wichtigsten abstrakten Künstlern der Nachkriegszeit. Welche Werke ab Sonntag im Emil-Schumacher-Museum gezeigt werden?
Mit fast 100 Werken ist es eine der größten Ausstellungen, die das Emil-Schumacher-Museum jemals präsentiert hat. Am Sonntag, 30. August, findet die Vernissage zu „Fritz Winter – Durchbruch zur Farbe“ im Oberlichtsaal des Museums statt.
Die Werkschau zeigt Arbeiten des westfälischen Malers (1905 - 1976), der zu den wichtigsten abstrakten Künstlern der Nachkriegszeit zählt und ist als Retrospektive angelegt. Zu sehen sind Winters ersten Arbeiten bis hin zu seiner letzten Leinwand.
Gastkünstler stellt aus
Zum Hintergrund: Zeitlich stets ungefähr zu Emil Schumachers Geburtstag am 29. August wird eine große Ausstellung einem Gastkünstler gewidmet – dieses Mal eben Fritz Winter. „Ich bin glücklich, dass wir – natürlich unter Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen – nun doch eine Ausstellung mit richtiger Eröffnung machen können. Sonst hätten wir diese ganz besondere Ausstellung verschoben“, sagt Rouven Lotz, Wissenschaftlicher Leiter des Schumacher-Museums, der die Werkschau auch kuratiert hat.
Aber zurück zu Fritz Winter: Er wurde 1905 bei Unna geboren, starb 1976 am Ammersee und zählt zu wichtigen Vertretern des Bauhauses sowie des Art Informel.
Fritz Winters Leben war durch Brüche und Schicksalsschläge geprägt, „es gab ganz viel Drama in seinem Leben“, sagt Rouven Lotz.
Nur persönliche Anmelde-Bestätigung gewährt Einlass
In der Retrospektive werden Gemälde und Zeichnungen von Fritz Winter, die zwischen 1920 und 1970 entstanden sind, präsentiert. Die Vernissage ist am Sonntag, 30. August, um 11 Uhr. Das Platzangebot ist aufgrund der Corona-Schutzverordnung eingeschränkt, was eine Reservierung für die Eröffnungsveranstaltung erforderlich macht.
Anmeldung erbeten unter info@esmh.de oder unter der Rufnummer 30 60 066. Nur jene, die eine persönliche Bestätigung erhalten haben, gelten als angemeldet.
Die Ausstellung im Kunstquartier läuft bis zum 31. Januar 2021, ab Februar ist sie dann im Angermuseum in Erfurt zu sehen.
Als Sohn eines Bergarbeiters geboren, macht Fritz Winter als junger Mann eine Elektrikerlehre, holt dann sein Abitur nach, um später Medizin zu studieren. Doch die Anstrengung hält er körperlich nicht durch.
Studium am Bauhaus in Dessau
1924 beginnt er mit dem Malen. Ein Zeichenlehrer überredet ihn, sich an der Staatlichen Kunstschule Bauhaus, an der die Bereiche Kunst und Handwerk zusammengeführt werden, zu bewerben. Er folgt dem Drängen seines Lehrers, und dann ändert ein von Paul Klee 1927 geschriebener Brief das Leben Fritz Winters radikal: „Sie können sich für das Herbst-Semester am Bauhaus in Dessau anmelden“, steht da schwarz auf weiß geschrieben, und das ist für den Sohn einer Bergarbeiterfamilie kaum zu glauben.
Eindrucksvolle Frontskizzen
Während seiner Studienzeit steht Fritz Winter stark unter dem Einfluss seiner Lehrer Paul Klee und Wassily Kandinsky und wird im Laufe der Jahrzehnte in seiner Arbeitsweise immer abstrakter. Bis 1929 bleibt er am Bauhaus, bekommt dort 1930 sein Diplom ausgehändigt, erhält später einen Lehrstuhl an einer Pädagogischen Akademie. In der NS-Zeit werden Winters Arbeiten als entartete Kunst erklärt, er wird mit Malverbot belegt, zieht nach München, dann an den Ammersee.
„Dann wird er eingezogen, arbeitet als Soldat im Krieg allerdings heimlich weiter“, sagt Rouven Lotz. Das Ergebnis sind seine eindrucksvollen Frontskizzen, die ebenfalls im Emil-Schumacher-Museum gezeigt werden. „Im Feld hätte Winter keine großen Leinwände mit Farbe bemalen können, außerdem besaß er auch kein Künstlermaterial mehr, daher stellte er Bleistiftzeichnungen in Postkartengröße her.“
Während eines Genesungsurlaubes entsteht die Arbeit „Triebkräfte der Erde“ auf dünnem Papier – dieser Zyklus macht ihn nach Kriegsende berühmt.
1949 kehrt Fritz Winter schließlich aus der Kriegsgefangenschaft zurück, seine Bilder wirken streng strukturiert, in den 1950er - und 1960er Jahren wagt er dann den „Durchbruch zur Farbe“, so auch der Titel der Ausstellung. „Seine oft großformatigen Gemälde bestechen durch ihre starke Ästhetik. So kennt man Fritz Winter“, schwärmt Rouven Lotz.
Fritz-Winter-Haus in Ahlen
1975 erleidet der Künstler einen Schlaganfall. Trotz körperlicher Schwäche lässt er sich aber vom Malen nicht abbringen. Seine Nichte, Helga Gausling, besorgt ihm Filzstifte, die ihm das Arbeiten erleichtern. 1976 stirbt der willensstarke Mann.
Apropos Helga Gausling: Sie führt in Ahlen das Fritz-Winter-Haus und betreut den Nachlass. Die Hagener Ausstellung wird durch das Fritz-Winter-Haus unterstützt. „Helga Gausling ist die Hauptleihgeberin, wir haben uns aber auch noch Werke aus anderen Häusern geliehen“, so der Wissenschaftliche Leiter Rouven Lotz.
„Durchbruch zur Farbe“ ist eine Kooperation des Emil-Schumacher-Museums mit dem Angermuseum in Erfurt, wo die Ausstellung im kommenden Jahr gezeigt wird.