Hagen. Die mangelhafte Stadtsauberkeit ist in Hagen ein Dauerkritik-Thema: Hier kommentieren die Ratsfraktionen das Ergebnis des Heimatchecks.

Sperrmüllberge am Straßenrand, Dreckhaufen rund um die Depot-Container, Hundekot auf Spielplätzen und Bürgersteigen sowie Kaugummis und Kippen, wohin man schaut: Die andauernden Zumutungen im Stadtbild sind für die Bürger längst nicht mehr tolerabel. Auch wenn HEB-Geschäftsführer Uwe Unterseher-Herold der Meinung ist, dass sich die Stadtsauberkeit in Hagen kaum von der Situation in anderen Ruhrgebietsstädten unterscheide, stellen die Bürger ihrer Stadt im Rahmen des Heimatchecks in puncto Vermüllung ein wahrlich deprimierendes Zeugnis aus: Mit einem Durchschnittswert von 3,54 reicht es gerade einmal für die Schulnote 4+. In Altenhagen und Wehringhausen gibt es sogar eine glatte 5. Ein ähnliches Bild hatte sich drei Jahre zuvor auch schon beim WP-Bürgerbarometer gezeigt, als sich lediglich 14 Prozent der Hagener mit der Stadtsauberkeit zufrieden zeigten.

Waste-Watcher bringen nicht den Durchbruch

Seitdem sind zwar, wie Oberbürgermeister Erik O. Schulz gerne bilanzierend feststellt, die Waste-Watcher etabliert und in der Innenstadt reichlich Unterflurbehälter vergraben worden, doch am ungepflegten Gesamteindruck des Straßenbildes hat sich in der Wahrnehmung der Menschen seitdem offenkundig wenig verbessert.

Zwar möchte der Hagener Entsorgungsbetrieb die Anzahl der Wertstoffhöfe noch weiter erhöhen, um den Bürgern weitere Angebote zu liefern, ihren Unrat legal wegzuschaffen, doch Ralf Quardt, Bezirksbürgermeister in Hagen-Mitte mit den meisten Hot-Spots, fürchtet eher, dass die Menschen zu phlegmatisch und ignorant sind: „Es gibt keinen Informationsmangel darüber, was man schon heute an der Müllverbrennungsanlage und den Wertstoffhöfen abgeben kann.“ Er macht eher die Haltung der Menschen für die anhaltende Vermüllung verantwortlich und nicht bloß das Sozialgefüge in den Quartieren: „Wenn wir in Emst Beutelspender für Hundekot aufstellen und am Ende baumeln die Tüten wie Christbaumkugeln in den Hecken, weiß ich manchmal auch nicht mehr, was wir noch tun können.“

Nur reflexartige Antworten

Bei der jüngsten Wahlarena der OB-Kandidaten wurden erneut Themen wie eine kostenlose Sperrmüllabfuhr, einheitliche Zuständigkeit für die öffentliche Reinigung auf Straßen und Parks, mehr Mülleimer sowie konsequentere Repressalien und mehr Kontrollen andiskutiert. Reflexartige Vorstöße, die alle Jahre wieder in Wahlkampfzeiten genannt werden. Allerdings ist es bis heute nicht gelungen, bei diesem Themenfeld das Steuer entscheidend herumzureißen. Wie die Menschen dieser Stadt darüber denken, spiegelt der Heimatcheck unmissverständlich wider.

Hier die Ansätze, die die im Rat vertretenen Fraktionen in Zukunft verfolgen möchten:

Claus Rudel, SPD-Fraktionschef:

Leider gibt es in unserer Stadt zu viele Menschen, denen es an angemessenem Sozialverhalten mangelt. Diese Menschen müssen begreifen, dass sowohl die Mehrzahl der Bevölkerung als auch die Ordnungsbehörden ihr Verhalten nicht tolerieren. Ob bei weggeworfenen Kippen auf der Straße oder bei illegaler Müllablagerung im Wald – für die SPD gilt auch hier: null Toleranz und konsequente Verfolgung durch die Ordnungsbehörden. Werden Müllsünder überführt, muss die Bestrafung finanziell richtig „weh tun“.

Jörg Klepper, CDU-Spitzenkandidat:

Wir sehen auch, dass die Stadt an vielen Stellen noch nicht so sauber ist, wie wir es uns wünschen. Die Wahrnehmung der Menschen deckt sich mit unseren. Erste Schritte für mehr Sauberkeit haben wir mit den Waste-Watchern gemacht. Sie sind eine echte Bereicherung. Außerdem müssen wir das Bahnhofsgelände und die Innenstadt sauberer halten. In der Innenstadt helfen uns bereits die unterirdischen Mülleimer. Leider sind die Bushaltestellen oft dreckig, auch hier müssen wir besser werden durch regelmäßigere Leerungen von Mülleimern etc.

Nicole Pfefferer, Grünen-Fraktionssprecherin:

Leider ein Dauerthema – wie in den meisten Großstädten. Kontrollen und Ahndung von Fehlverhalten sind Teil der notwendigen Maßnahmen. Auf der anderen Seite stehen Information und Erziehung zur Achtsamkeit mit dem Lebensumfeld. Es muss aber auch unsere Wegwerfgesellschaft hinterfragt werden. Essen und Trinken „to go“ sowie das achtlose Wegwerfen von Lebensmitteln und Konsumgütern bergen grundsätzlich die Gefahr der Vermüllung. Viele Jugendliche und junge Erwachsene haben das zum Glück verstanden und verhalten sich „wertstoffbewusst“. Sauber!

Michael Eiche, AfD-Fraktionschef:

Auch interessant

Geht man aufmerksam durch die Stadt, wird schnell klar, wo was zu tun ist. Die Verursacher müssen unverzüglich bestraft werden. Bußgelder können – wenn sie nicht gezahlt werden – durch Erzwingungshaft eingeholt werden. Die Vermüllung unserer Stadt hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Die AfD weiß, dass mit guten Worten nichts erreicht wird. Ähnlich wie im Straßenverkehr: Ohne Bußgelder würde jeder parken und fahren, wie er will. Chaos entsteht immer in rechtsfreien Räumen! Diese müssen zurückgeholt werden.

Claus Thielmann, FDP-Fraktionschef:

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir beim Thema Stadtsauberkeit noch viel Arbeit vor uns haben. Jedoch zeigen die Einführung des Mängelmelders (auf Betreiben der FDP), der Mülldetektive und der Unterflurmüllbehälter durchaus gute Effekte. Auch die deutliche Erhöhung der Bußgelder ist positiv zu bewerten. Kosten und Aufwand für Müllbeseitigung lassen sich langfristig am besten durch bessere Aufklärung und bürgerliches Engagement reduzieren. Eine weitere Erhöhung der Müllgebühren wäre keine bürgerfreundliche Lösung.

Josef Bücker, Hagen-Aktiv-Fraktionschef:

Ausreichend plus, stimmt mit dem überein, was wir beobachten. Gut wäre es hier, die Bürgerinnen und Bürger durch intensive Aufklärung mit ins Boot zu holen. Wichtig wäre, dass erst gar keine großartige Verschmutzung entsteht, die von irgendwelchen Kräften dann bereinigt werden muss.

Ingo Hentschel, Linken-Spitzenkandidat:

Die Sauberkeit lässt in vielen Bereichen sehr zu wünschen übrig. Das liegt zum einen an den Menschen, aber auch an den vorangegangenen Sparmaßnahmen. So gehören auch Unkrauturwälder auf Verkehrsinseln oder Bürgersteigen zum Stadtbild. Leider auch immer wieder wilde Mülldeponien. Wir wollen den Druck auf Müllsünder deutlich erhöhen und Bußgelder stärker einsetzen. Wir fordern eine Erhöhung der Budgets für den Bereich der Straßenbildpflege. Des Weiteren wollen wir die Einführung der kostenlosen Sperrgutabfuhr und stärkere Bildung beim Umgang mit Müll.

Thorsten Kiszkenow (Piraten) und Frank Schmidt (BfHo):

Alibi-Aktionen wie der Einsatz sogenannter Waste Watcher können empfindliche Einschnitte im Bereich Sauberkeit nicht kompensieren. Ausgedünnte Grünschnitt- und Abfuhr-Intervalle setzen Spiralen in Gang an deren Ende auch Bürger weniger motiviert sind, zur Stadtsauberkeit beizutragen. Während den Bürgern hohe Strafen drohen, gibt die Stadt auf eigenen Flächen ein schlechtes Beispiel. Problemzonen wie etwa der Bereich Spannstiftstraße bleiben jahrelang ihrem Müllschicksal überlassen, ohne dass die Verwaltung etwas unternimmt.