Hagen. Im Miteinander von Bürgern, Politik und Verwaltung knirscht es. Die Parteien geloben in Wahlkampfzeiten Besserung: hier der Heimatcheck.
Das ist nun wahrlich kein Ruhmesblatt, wenn die Bürger einer Stadt das Engagement von Kommunalpolitik und Verwaltung lediglich mit der Note 4+ (3,76) honorieren. Zumindest liefert dieses Ergebnis den klaren Hinweis, dass Anspruch und Erwartung der Menschen mit dem zuletzt Gebotenen nicht wirklich harmonieren. Zwar mögen Politik und Stadt ohnehin nicht der Favorit für den Beliebtheitspokal in einer Stadtgesellschaft sein. Doch das schlechteste Ergebnis im gesamten südwestfälischen Raum im Rahmen der Heimatcheck-Umfrage macht zumindest deutlich, dass das Miteinander in allen anderen Städten und Gemeinden offenkundig deutlich besser läuft.
Besonders unzufrieden sind die Hagener mit dem Einsatz, Handeln und der Präsenz der Gestalter und Entscheider in Altenhagen, in der City sowie im Nordwesten – also in Eckesey und Vorhalle. Bessere Akzeptanz findet sich hingegen in Boele-Kabel, Emst und Haspe.
Zuletzt wurde vor allem bei der Entwicklung von Bauprojekten deutlich, dass die Anrainer von Entwicklungen überrascht werden und sich eine frühzeitigere Beteiligung gewünscht hätten, um ihre Interessen und Bedenken möglichst noch konstruktiv einbringen zu können. Als jüngste Beispiele seien hier nur die Erweiterungspläne der Firma Riepe am Loxbaum, die Hotel-Pläne an der Feithstraße oder auch die Schulentwicklung am Block-1-Areal in Wehringhausen genannt, die bislang ebenfalls vorangetrieben wird, ohne sich mit den Menschen im Quartier auszutauschen.
Appell: Für Transparenz sorgen
Vor diesem Hintergrund hat der CDU-Ratsherr Martin Erlmann im Rahmen des Heimatchecks bereits eingeräumt, dass selbst die Mandatsträger immer häufiger von Projektideen überrascht würden. Der 63-Jährige, der nach 21 Jahren im Rat für die nächste Wahlperiode nicht mehr antritt, appelliert daher: „Wichtig ist es, gegenüber den Bürgern für Transparenz zu sorgen und die Diskussion nicht der Dampfablasskultur im Internet zu überlassen.“ Alles andere verstärke nur die Politikverdrossenheit in der Bevölkerung, was sich beispielsweise in der jüngsten Kommunalwahlbeteiligung von gerade einmal noch 45,1 Prozent widerspiegelt. „Durch Sparmaßnahmen und Restriktionen verliert die Kommune auch an Bürgernähe“, schreibt Erlmann der Verwaltung und den künftigen Mandatsträgern ins Stammbuch, die Menschen viel konsequenter mitzunehmen und sich den Debatten zu stellen.
Hier die Einschätzungen der im Hagener Rat vertretenen Fraktionen:
Jörg Klepper, CDU-Spitzenkandidat:
Wir arbeiten gemeinsam mit der Allianz der Zukunft daran, unsere Stadt jeden Tag ein Stück besser zu machen. Jede andere Partei und Fraktion ist eingeladen, im Sinne unserer Stadt mitzuarbeiten. Wir verschließen nicht die Augen vor den Problemen, wir lösen sie und das ohne Hagen schlecht zu reden. Wir werden durch die eigene Arbeit unsere Partei weiter den Kontakt zu den Menschen suchen und Politik in der Stadt besser erklären.
Claus Rudel, SPD-Fraktionschef:
Politik und Politiker werden gerne als „Blitzableiter“ genutzt. Hier richtet sich die Kritik der Bürger und Bürgerinnen aber in erster Linie an die Verwaltungsspitze und damit an den noch amtierenden Oberbürgermeister, der es nicht schafft, Verwaltungshandeln in unserer Stadt transparent darzustellen. Eine notwendige Moderation und frühzeitige Information – beispielsweise bei Bauvorhaben – findet nicht statt. Die SPD wird nach der Wahl mit dem neuen Oberbürgermeister Wolfgang Jörg eine Kultur des „Miteinanders“ einführen.
Nicole Pfefferer, Ratsfraktionssprecherin der Grünen:
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Bürgerbeteiligung muss dringend ausgebaut werden. Die Bürger dürfen nicht von Bauprojekten und Stadtentwicklungsmaßnahmen überrascht werden, sie müssen informiert sein und mitentscheiden können. Unter den Sparzwängen der vergangenen Jahre hat das Vertrauen der Bürger in die Politik teils ungerechtfertigt gelitten. Wer Bürgerbeteiligung unterlässt, weil sie ihm zu anstrengend ist, vergibt kreatives Potenzial, verpasst Chancen für eine gesunde Entwicklung zur Identifikation der Bürger mit der Stadt und die Möglichkeit, langwierige Konflikte zu vermeiden.
Michael Eiche, AfD-Fraktionschef:
Politik schneidet traditionell immer schlecht ab, wenn man die Bevölkerung fragt. Das liegt daran, dass leider viele Versprechen nach der Wahl nicht eingehalten werden. Die AfD möchte das anders machen. Genau das macht sie in den Augen der anderen Parteien wohl so gefährlich.
Josef Bücker, Hagen-Aktiv-Fraktionschef:
Schulnote ausreichend mit einem leichten Plus. Wir denken, dass Politik traditionell wohl die schlechteste Note einfahren wird, zumal die Menschen in den Politikern die Alleinverantwortlichen für viele Dinge sehen, die ihnen missfallen. Hier würden wir uns auch eine differenziertere Betrachtung wünschen.
Claus Thielmann, FDP-Fraktionschef:
Leider wird oft nicht wahrgenommen, wie viel Zeit und Arbeit Kommunalpolitiker in ihrer Freizeit zum Wohl der Stadt investieren. Dies muss ein Ansporn für uns sein, unsere Handlungen besser zu kommunizieren und transparenter zu gestalten. Wir beobachten zudem mit Unverständnis, dass von einzelnen politischen Kräften wichtige Projekte wie das Bildungszentrum Wehringhausen oder das Seepark-Projekt am Hengsteysee aus rein ideologischen Gründen torpediert werden. Diese Auseinandersetzungen tragen zum negativen Image der Kommunalpolitik bei.
Ingo Hentschel, Linken-Spitzenkandidat:
Der Eindruck, den Politik in Hagen hinterlässt, ist teilweise erschreckend. Sie hat die schlechte Note zu Recht. Gerade in Zeiten der selbsternannten Allianz hat die Diskussionsbreite in den Gremien der Stadt und dem Rat deutlich nachgelassen. Sie ist oft Intransparent und für die Menschen nicht nachvollziehbar. Wir wollen, das Politik transparenter wird und viel mehr Bürgerbeteiligung. Ein von oben nach unten muss aufhören. Wir treten ein für mehr Bürgerentscheide und auch einen Bürgerhaushalt, wo der Bürger direkt mitentscheiden kann.
Thorsten Kiszkenow (Piraten) und Frank Schmidt (BfHo):
Die meisten Vorurteile über Politiker stimmen, daher ist die Note folgerichtig. Wenn etwa beklagt wird, es gehe Politikern nur um Macht und Geld, so bestätigten die Grünen dies mit dem Griff nach dem hoch dotierten Dezernentenposten. Das Spardiktat mit zum Teil unterirdischen Entscheidungen der Mehrheitsallianz sorgt noch immer für Unmut. Wer Sportvereine für ihr Engagement mit Zusatzgebühren überzieht, braucht sich über enttäuschte Wähler nicht zu wundern. Gestalterisch hatte die Allianz in sechs Jahren zudem so gut wie nichts zu bieten.