Hagen. Angesichts der Corona-Situation gestaltet sich der Kommunalwahl-Sonntag im September deutlich anders. Wir erklären die wichtigsten Unterschiede.

„Ich werde wohl als der Mann mit den meisten Bestellungen in die Geschichte der Stadt Hagen eingehen“, blickt Jochen Klapheck durchaus selbstironisch auf seine Arbeit. Den Leiter des Ressorts für Statistik, Stadtforschung und Wahlen, der erst seit zwei Jahren für die Stadt Hagen tätig ist, bindet zurzeit die Herausforderung, am 13. September seine erste Kommunalwahl durchzuführen, die unter Corona-Bedingungen an vielen Stellen ganz anders verlaufen wird als es die Routine der vergangenen Urnengänge vermuten lässt. „Wir brauchen reichlich Plexiglaswände, Desinfektionsmittel, Latexhandschuhe, Kulis, Kreidemarkierungen, Absperrbänder, Hinweisschilder und 2600 Schutzmasken – falls es noch eine OB-Stichwahl gibt“, rekapituliert der 46-Jährige seinen ausgedehnten Orderzettel.

„So etwas haben wir eben auch noch nicht erlebt“, spricht der studierte Sozialwissenschaftler, der sich selbst zwar keinesfalls als Nerd, aber als passionierten Zahlenmensch begreift, nicht nur für sich, sondern sein gesamtes Team im Hohenlimburger Rathaus. „Kommunalwahl ist ohnehin die Königsklasse, denn es gibt ein extrem hohes Interesse vor Ort bei Medien, Politik und Bürgern sowie den dazugehörigen thematischen Pfeffer – und dann noch die Pandemie-Situation obendrauf.“

Neuer Zuschnitt der Wahlbezirke

Wobei das Statistikressort zu Jahresbeginn bereits beim Zuschnitt der Kommunalwahlbezirke eine böse Überraschung erlebte: War bislang immer die Anzahl der Bürger für die Grenzziehungen maßgeblich, kam aus der Landeshauptstadt plötzlich die Direktive, dass künftig lediglich die Zahl der Deutschen und EU-Bürger herangezogen werden solle. Somit musste das bereits erstellte Raster noch einmal komplett hinterfragt, durchgerechnet und neu zugeschnitten werden, was auf den letzten Drücker gelang.

Doppelt so viele Helfer bei der Briefwahl

Obwohl bei der Kommunalwahl die direkte Betroffenheit der Bürger von den jeweiligen Ergebnissen im Rat, in den Bezirksvertretungen sowie auf dem Sessel des Oberbürgermeisters am größten ist, liegt die Wahlbeteiligung meist eher niedrig. In Hagen gingen zuletzt lediglich 45,1 Prozent der Stimmberechtigten zu den Urnen.

Angesichts der anhaltenden Corona-Situation geht man bei der Stadt Hagen zurzeit davon aus, dass es in den Wahllokalen diesmal sogar noch ruhiger zugeht, weil zahlreiche Bürger voraussichtlich­ im Vorfeld auf die Briefwahlmöglichkeit ausweichen.

Entsprechend lässt Ressortchef Jochen Klapheck nicht bloß deutlich mehr Briefwahlunterlagen drucken, sondern hat für den Abend des 13. Septembers auch das Personal in diesem Bereich deutlich aufgestockt. 40 statt bislang 19 Wahlhelfer sind in diesem Jahr dort eingesetzt.

Dazu müssen auch die Räumlichkeiten geändert werden. Wurden bislang die Briefwahlstimmen immer im Rathaus II am Hauptbahnhof ausgezählt, weicht die Stadt diesmal ins „Haus Busch“ im Lennetal aus. Dort ist genügend Platz, um mit dem gebotenen Abstand auszuzählen, und auch die technische Ausstattung ist dort vorhanden.

Und dann kam Corona – mit zunächst mehr Fragen als Antworten: reine Briefwahl oder doch mit direktem Urnengang am Wahlsonntag? Letztlich wurde es den Kommunen freigestellt, in enger Abstimmung mit dem Landeswahlleiter und dem Städtetag, in einem klaren Entscheidungskorridor eigene individuelle Konzepte zu entwickeln, wie sich eine ganz normale Wahl wohl am effektivesten, aber auch sichersten durchziehen lasse – für Stimmberechtigte und Wahlkampfhelfer.

Zunächst galt es, neue Standorte für die sieben Alten- und Pflegeheime zu finden, die bislang immer als Wahllokale zur Verfügung standen, aber 2020 aus Sicherheitsgründen natürlich nicht in Frage kommen. Stattdessen entsandte Klapheck Teams aus seinem Ressort, die sich an privaten Alternativstandorten wie Gaststätten, Begegnungsstätten und Gemeindehäusern ein Bild von den dortigen Möglichkeiten machten. Seit Ende Juni ist die Liste der insgesamt 130 Wahllokale fertig. Dazu gehören auch exakte Skizzen wie der Aufbau mit korrekten Abständen zu gestalten ist und auf welchen exakten Wegen sich die Wähler durch die jeweiligen Räumlichkeiten zu bewegen haben, um den besten gegenseitigen Schutz zu gewähren.

Weitere Wahlhelfer werden gesucht

Denn auch in den Wahlvorständen sind Helfer tätig, die zur potenziellen Risikogruppe zählen. „Aber wer gehört schon zur Risikogruppe – das hat selbst das Robert-Koch-Institut bis heute nicht eindeutig definiert“, überlässt es jetzt die Stadt Hagen der Selbsteinschätzung der Wahlhelferteams aus Wahlvorsteher, Stellvertreter, Schriftführer und den Beisitzern, ob sie sich auch in Corona-Zeiten engagieren möchten. Insgesamt 1300 Wahlhelfer werden gebraucht – 150 Unterstützer werden noch benötigt (Interessenten: wahl@stadt-hagen.de), erzählt der Ressortchef, der zuvor als Datenanalyst und Projektmanager in der freien Wirtschaft für verschiedene Marktforschungsinstitute tätig war.

Grundsätzlich gilt am 13. September: Natürlich müssen die Wähler beim Kreuzchenmachen einen Mund-Nasen-Schutz tragen und nach Möglichkeit ihren eigenen Stift mitbringen. Mancherorts werden sie sich aufgrund der räumlichen Gegebenheiten sogar bloß alleine im Wahllokal aufhalten dürfen, um die Abstände zu wahren. „Es wird kein Gedrängel im Wahllokal geben“, geht Klapheck davon aus, dass sich die Schlangen eher vor den Türen bilden. „Aber wenn die Leute sich an die Abstandsregeln halten, dürfte es auch dort entspannt zugehen“, glaubt Klapheck, auf den Einsatz von Sicherheitsdiensten verzichten zu können.