Hagen. Die Zukunftsschmieden haben eine Vielzahl an Projektideen geboren. Aber was wird davon realisiert?

Die Zukunftsschmieden „Natur und Freizeit“ sowie „Wirtschaft und Bildung“ haben eine Vielzahl an Projektideen geboren. Allein im sogenannten Themenspeicher „Natur und Freizeit“ stehen bislang 43 Themen-Felder mit Hunderten Ideen darunter. Die gleiche Zahl an Ideen findet man auf der Ergebnis-Liste der Zukunfsschmiede „Wirtschaft und Bildung.“ Die Meinungen darüber, wie es mit diesen Ideen weitergegangen ist, gehen stark auseinander. Während die Stadt erfolgreiche Projekte benennt, werden manche Bürger und Teilnehmer mehr als deutlich.

Erfolge „Natur und Freizeit“

Auf Nachfrage nennt die Stadt zehn Projekte und Veranstaltungen, die als Ergebnisse der Zukunftsschmiede Natur und Freizeit betrachtet werden könnten. Die Stadt nennt:

Das Picknick in Weiß: Diese Veranstaltung habe es geschafft, das Volmeufer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und die Fläche für völlig neue Veranstaltungsformate zu öffnen.

Das Weinfest an der Volme: Verbindet ein qualitativ hochwertiges gastronomisches Angebot mit dem speziellen Ambiente des neben dem Rathaus gelegenen Abgangs zur Volme.

Der Walderlebnistag: Rund 70 Institutionen hätten sich mit den unterschiedlichsten Beiträgen zum Thema „Walderlebnis“ beteiligt und im Fleyer Wald eindrucksvoll dokumentiert, dass der hohe Waldanteil in Hagen nicht nur ein quantitatives Momentum sei, sondern unendlich viele Möglichkeiten für eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung biete.

Der Tag am (Hengstey)See: Der Tag am See habe sich inzwischen als Veranstaltungsformat etabliert und werde in diesem Jahr zum dritten Mal stattfinden. Die Verdoppelung der Besucherzahlen von der ersten zur zweiten Veranstaltung hätten eindeutig belegt, dass dieser naturnahe Raum von den Bürgern angenommen werde.

Die Kulturbrücke Elbershallen: Hierbei handele es sich um die gelungene Idee, dass sich mit dem Theater an der Volme ein wichtiges kulturelles Zentrum der Stadt öffne und nach draußen gehe, um dort neue Möglichkeiten der Bespielung der vorhandenen Flächen zu nutzen.

Der Radweg Ruhrtal – Hauptbahnhof: Die Projektgruppe, die sich mit diesem Thema beschäftigt hat, legte inzwischen ihren Abschlussbericht vor. Die dort enthaltenen Vorschläge zur Trassenführung würden inzwischen in das Radwegekonzept der Stadt Hagen und in das regionale Radwegenetz des RVR übernommen.

Der öffentliche Steg am Hengsteysee: Das jüngste planerisch fertiggestellte Projekt ist die Anlage eines öffentlich zugänglichen Stegs am Südufer des Hengsteysees. Nach dem Impuls und der Organisation durch Radio-Hagen-Moderator Ralf Schaepe konnte das Unternehmen Wikinger als Sponsor gefundne werden.

Die Freizeitkarte Harkort-/Hengsteysee: Diese Karte sei inzwischen vom städtischen Amt für Geodaten und Liegenschaftskataster fertiggestellt worden.

Die Hang-Liegen am Hengsteysee: Die Hang-Liegen seien bereits vor zwei Jahren durch den Wirtschaftsbetrieb Hagen an vorher festgelegten geeigneten Stellen entlang des Hengsteysees aufgebaut worden und werden in den Sommermonaten sehr gut frequentiert.

Erfolge Wirtschaft

Sponsorengeld-Akquise zur Ausstattung von Schulen für den mittleren Berufsabschluss: Durch die Mitglieder des betreuenden Projektteams konnten inzwischen Gelder im fünfstelligen Bereich akquiriert und an Schulen, die sich um dementsprechende Mittel beworben haben, weitergeleitet werden.

Einrichtung eines Technikzentrums Hagen: Im Rahmen dieses Projektes sollten die Gründungsmöglichkeiten eines Technik-Zentrums im Sinne einer schulübergreifenden Einrichtung bzw. eines Lernlabors der Wirtschaft am Beispiel Lüdenscheid geprüft werden. Die Prüfung sei inzwischen mit positivem Ergebnis abgeschlossen, eine Umsetzung sei möglich.

Erhöhung der Attraktivität und der touristischen Nutzbarkeit der Innenstadt: Der Projektpate arbeite in diesem Projektfeld eng mit der Ruhr-Universität Bochum zusammen. Ziel sei die Einführung einer „Hagen-App“ zum Jubiläumsjahr 2021, mit der auswärtige Besucher sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger digital zu touristischen Eckpunkten der (Innen)Stadt geleitet werden.

Wiederherstellung des Planetenmodells Hagen: Inzwischen konnten alle Rahmenbedingungen für eine Erneuerung des Planetenmodells inklusive der Anbringung einer neuen rutschfesten Beschichtung abgestimmt werden. Das Projekt solle spätestens im kommenden Jahr in die Umsetzung gelangen.

Neue Möglichkeiten zur Fachkräftegewinnung in Hagen: Durch den betreuenden Projektpaten sei zum Thema „Wie finde ich die passenden Mitarbeiter: Recruiting in Zeiten des Fachkräftemangels“ ein Veranstaltungs-Exposé erarbeitet worden, das aber bisher nicht umgesetzt worden sei.

Was liegen bleibt

Diese Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es gibt eine Reihe von attraktiven Projekt-Ideen, die bislang in einem Planungsstadium sind oder nicht final umgesetzt wurden. Dazu gehören eine Sommerrodelbahn, die Gründung eines Vereins zur Förderung des Seeumfeldes, weitere Stellplätze für Wohnmobile am Campingplatz Harkortsee sowie eine Erweiterung des Platzes, ein Waldparkplatz für das Wehringhauser Bachtal, das „Forum Wald“, ein Klimaschutz-Lehrpfad, eine Weiterführung von Radwegen bis nach Eilpe und zum Freilichtmuseum und zum Bahnhof, die „Hagener Wasserzeichen“ („Geschichte und Kunst am Fluss“, Ferienhäuser am Fluss nach niederländischem Vorbild oder künstliche Wasserfälle).

Hunderte Interessierte waren vor dreieinhalb Jahren zur ersten Zukunftsschmiede in die Stadthalle gekommen.
Hunderte Interessierte waren vor dreieinhalb Jahren zur ersten Zukunftsschmiede in die Stadthalle gekommen. © Michael Kleinrensing

Im wirtschaftlichen Bereich zählen zu diesen Projekten: Die Ausgestaltung des Projektes „Kein Abschluss ohne Anschluss“, eine Bildungslandkarte, Events zu großen Bildungseinrichtungen, Attraktivierung der Innenstadt, Stärkung der Marke „Hagener Impuls“, mehr Verknüpfungen zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen, die Installation eines „Tec-Days“ von Azubis für Schüler, die Gründung eines Vereins zur Technikförderung, Azubis in Betrieben als Coach im Übergang, Digitalisierungs-Projekte, eine Bildungsplattform für Geflüchtete und vieles mehr. Knapp 40 Projekte fallen unter diesen Status.

Die Kritik

Ziemlich deutlich wird Designer Günther Hartmann, der an der Zukunftsschmiede „Wirtschaft und Bildung teilgenommen hat. Er nennt das Format eine „Schmiede ohne Zukunft“. „Die Zukunftsschmiede ist eine Mogelpackung auf Volkshochschulniveau. Es ist ein virtuelles Spielchen, das nichts zum nachhaltig Positiven verändert. Hier geht es weder um Zukunft, noch darum, Ideen zu schmieden. Das ist eine reine Imagepolitur für unseren OB ---mehr nicht. Weder ein Rotweinfest, noch ein Steg am Hengsteysee wird diese Stadt retten.“

„Ich hatte das Projekt „Stärkung der Positionierung“ unserer Stadt übernommen. Da wir Anfang 2018 eine Veranstaltung zum Thema Fachkräftegewinnung in Vorbereitung hatten, wollte ich mit diesem Projekt starten. Übergeben zur weiteren Durchführung wurde das Ganze an die Hagen-Agentur und ausgebremst. Die hatte wohl einiges falsch verstanden und sah ihre Aufgabe darin, sich mit anderen Organisationen der Stadt abzustimmen -- sozusagen eine „Genehmigung“ einzuholen. Nach vier Wochen hatte ich nichts gehört und auf Nachfrage kam der Hinweis, wir könnten die Stadthalle mieten und einen Caterer beauftragen. Kernbotschaft: Ihr „dürft gerne machen, was ihr wollt, aber lasst uns in Ruhe“. Später habe man Hartmann dann mitgeteilt, dass Projekte der Zukunftsschmiede budgetfrei und ohne Beteiligung der Stadt durch die Paten gemanagt würden.

Ähnliches hört man von Wilhelm Bögemann, der die Potenziale der Wassersportvereine an Harkort- und Hengsteysee bündeln wollte, wobei es auch um die Anschaffung eines Mähbootes ging. „Ich hatte die Vereine im Rathaus alle zusammengeholt“, erinnert sich Bögemann. Zum einen wäre das Interesse an einer zukünftigen Zusammenarbeit aber auf beiden Seiten nicht so groß gewesen. Zum anderen sei Bögemann plötzlich von der Veranstaltung „Tag am See“ überrascht worden, die durch die Stadtkanzlei organisiert worden sei. „Ich habe mich dann ziemlich schnell zurückgezogen“, sagt Bögemann, der eine Zusammenarbeit der Vereine vor seinem erdachten Hintergrund für gescheitert hält.

Ein anderes Beispiel ist Klaus Hirschberg. Er machte sich in der Zukunftsschmiede für eine Aufwertung der Rathaus-Treppe an der Volme stark. Dass daraus das Weinfest an der Volme entstanden sei, sei ein großer Gewinn. „Andererseits muss ich aber auch feststellen, dass viele Projekte der Schmieden eine Koordinierungsstelle bei der Stadt benötigt hätten, die es so nicht gibt. Unklar ist zudem völlig, wie eigentlich der Zusammenhang der vielen Ideen mit dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) ist, dessen Erarbeitung die Zukunftsschmieden komplett überholt und nach hinten gestellt hat.“ So bleibe vieles auf der Strecke und vieles versande.

Nachfolger der Zukunftsforen

Weit vor den Hagener Zukunftsschmieden gab es mal das Format der Zukunftsforen. Wer mit ehemaligen Teilnehmern darüber spricht, hört zumeist, dass die Inhalte und Ergebnisse dieser Foren im Sande verlaufen seien. Die Stadtkanzlei war mit den Zukunftsschmieden angetreten, diese Versandung von Themen und Ideen nicht wieder geschehen zu lassen. Die Ergebnisse der Schmieden sind einsehbar auf der Homepage der Stadt Hagen unter www.hagen.de

Das sieht auch Landwirt Reinhold Rüsing aus Werdringen so. Wiederholt hat er vorgeschlagen, unterhalb der Trampelstrecke die zum Campingplatz am Harkortsee führt – also parallel zur Waldkante und mit Blick auf den Harkortsee – einen Radweg entstehen zu lassen, der zudem künftig sehr benötigt sei, wenn die neue Volmebrücke fertig sei und Radtouristen durch die Kaisbergaue Richtung Vorhalle und Wetter geleitet werden sollten. „Erst wird immer jedes Thema weggebügelt und wenn es dann akut wird, ist das Interesse plötzlich wieder da. Meistens aber das Geld nicht“, sagt Rüsing. Gleich verhalte es sich mit seinem Vorschlag, in Werdringen mit Blick auf die Internationale Gartenschau 2027 Wohnmobilstellplätze zu schaffen. Ein Vorstoß, der gescheitert sei. „Jeder versucht eben oft, seine eigenen Interessen durchzubringen“, sagt Rüsing.