Hohenlimburg. Wie so viele Chöre ist auch „La Voce“ zur Untätigkeit verdammt: Die Corona-Auflagen sind kaum zu erfüllen.
Theoretisch können Chöre in Nordrhein-Westfalen wieder proben. Praktisch ist das unter den einzuhaltenden Bedingungen aber für viele kaum umsetzbar, wie das Beispiel von „La Voce“ zeigt.
Gesang und Aerosole
Die Universitätskliniken München und Erlangen haben mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks untersucht, wie sich Aerosole bei Gesang ausbreiten. Anfang Juli wurden erste Ergebnisse vorgestellt.
Demnach genügen Abstände von zwei bis zweieinhalb Metern zu den Mitsängern nach vorne und 1,5 Meter zur Seite. Besser wären noch Trennwände zwischen den Sängern und eine permanente Lüftung des Raumes, damit sich Aerosole nicht ansammeln könnten.
„Die Auflagen des Chorverbandes sind für uns kaum zu stemmen“, sagt Dagmar Lutz, Vorsitzende des Hohenlimburger Chores. Denn diese Auflagen besagen, dass zwischen jedem Mitglied des Chores seitlich ein Abstand von drei Metern zum Nebenmann oder der Nebenfrau bestehen muss. Nach vorne, sprich in die „Ausstoßrichtung“ des Gesangs, gilt sogar ein Abstand von vier Metern.
Grob umgerechnet auf die 18 Mitglieder von „La Voce“ hieße das einen erheblichen Flächenbedarf. Selbst der Chorverband hält diese Bedingungen für „nur bedingt umsetzbar“, wie es in einem Schreiben an die Verbandsmitglieder heißt.
Treffen zum Eis essen
Während die Lockerungen beim Reisen, für Freizeitparks und im Vereinssport also Stück für Stück zunehmen, befinden sich Chöre wie „La Voce“ weiter im Corona-Stillstand. Bislang wisse man nicht, wann die erste Probe seit März stattfinden kann, sagt Lutz. Immerhin: Kürzlich trafen sich die Mitglieder des Chores erstmals wieder – zum Eis essen.
„Natürlich haben sich alle gefreut, dass man sich mal wieder sieht. Aber wir hätten lieber gesungen“, sagt Karin Ksellmann, Schriftführerin im Chor. „Wir haben deshalb die Sorge, dass uns auf Dauer der Chor zerfällt.“
Denn je weiter die letzte Probe zurückliegt und die damit verbundene Routine verblasst, desto mehr bedroht das auch den Zusammenhalt. Zwei Austritte gab es bereits in der Corona-Zeit, aktuell hat „La Voce“ nun 16 Mitglieder.
Unterstützung für Dirigentin
Umso mehr wächst aber langsam die Entschlossenheit, entgegenzuwirken. Denn die vergangenen Monate haben auch gezeigt, wie viel Solidarität in den Chorgemeinschaften steckt. Besonders gespürt hat diese Solidarität Alma Dauwalter. Sie arbeitet unter anderem als freiberufliche Dirigentin für „La Voce“ und vier weitere Chöre im nahen Umfeld. In den vergangenen Monaten ist ihr diese Arbeit weggebrochen – aber die Chöre halfen.
„Meine Chöre haben mir fünf Monate weiter Gehalt bezahlt, obwohl ich keine Stunde dafür gearbeitet habe“, betont Dauwalter mit einer Mischung aus tiefer Dankbarkeit und großem Respekt. „Wir haben in dieser Zeit alle zusammengehalten.“
Sie spricht in der Vergangenheit, weil Dauwalter kürzlich doch die Verträge mit ihren Chören gekündigt hat. „Ich fand es nicht gut, dass wegen mir die Vereinskassen so lange belastet werden.“
Und doch half ihr als Freiberuflerin diese Unterstützung sehr. Aber nicht nur finanziell, sondern auch als Mutmacher für diese Krisenzeit. „Ich sehe die Situation positiv, weil man die Solidarität bei den Chören sieht. Wir müssen nur ruhig bleiben und diese Zeit abwarten.“ Sie hoffe, dass Auftritte um die Weihnachtszeit oder ab dem kommenden Frühjahr wieder möglich werden.
Hoffen auf Weihnachtskonzerte
Ein Optimismus, den Karin Ksellmann von „La Voce“ nur bedingt teilt. „Wenn wir als Ziel hätten, Weihnachten wieder aufzutreten, das wäre schon toll. Aber realistischer ist für mich das Frühjahr.“ Gerne würden sie zum Beispiel Auftritte in den Altersheimen machen. „Aber mit drei Metern Abstand?“, fragt Ksellmann. „Da wird es schwierig, die anderen Chormitglieder zu hören. Zudem wäre das sehr befremdlich.“
Unterkriegen lassen werde sich „La Voce“ aber nicht. Angefangen mit dem gemeinsamen Eis essen soll es nun langsam, Schritt für Schritt, zurück in die Normalität gehen. „Wir wollen uns einmal im Monat mit dem ganzen Chor treffen“, sagt Ksellmann. Vorerst weiter nicht zum Proben, aber für andere Aktivitäten, wie Kaffee trinken und Co.