Hagen. Oliver Trelenberg ist seit 17 Jahren trocken. Der Hagener hat heute sein Leben ohne Alkohol im Griff.

„Du wirst nicht trocken, wenn du auf der Couch sitzen bleibst und denkst ,Es wird schon alles gut.’ Du musst dir eine Aufgabe suchen.“ Oliver Trelenberg spricht ruhig, abgeklärt, wirkt unaufgeregt. „Du hättest mich mal früher sehen sollen, schnell aggressiv und meist besoffen. Doch seit 17 Jahren bin ich trockener Alkoholiker.“

Oliver Trelenberg (Oli) kennt die Begriffe, die um Alkoholismus kreisen, gut. Falsche Freunde, kriminelle Laufbahn, keine Selbstbeherrschung. „Stimmt alles“, sagt der heute 54-Jährige, „aber wenn du aus dem Sumpf rauskommen willst, muss es bei dir selbst klick machen.“

Keine Wärme und Fürsorge

Schon mit elf, zwölf fing Oli mit dem Trinken an. Seine Mutter drückte seinen Kopf in einen Teller mit heißer Suppe, sein Vater verprügelte ihn mit dem Gürtel, „ich kannte keine Wärme oder Fürsorge, nur psychischen Druck.“

Hat durchs Radfahren schon über 30.000 Euro an Spenden eingetrieben: Oliver Trelenberg.
Hat durchs Radfahren schon über 30.000 Euro an Spenden eingetrieben: Oliver Trelenberg. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

Die Negativ-Spirale nahm Fahrt auf, mit 16, sagt Oli, war er „ein richtiger Alkoholiker“, mit 20 das erste Mal im Knast, „das war meine beste Zeit, weg von zu Hause und weg von den Kumpels.“

Apropos Kumpels: „Wir waren alle Wracks und keine Freunde, sondern Saufkumpanen. Und wenn du immer mit den fünf gleichen Kumpels abhängst, kannst du nicht trocken werden.“ Seine Ausbildung zum Betriebsschlosser schmeißt er hin, nimmt Jobs als Hilfsarbeiter an, heiratet, hört mit dem Trinken auf. Als die Ehe in die Brüche geht, wird er rückfällig. „Ich hab’ sofort wieder angefangen mit dem Trinken, aber viel mehr als vorher. Es ist wie Nachholtrinken - es passt das Doppelte rein.“ Eine Flasche Schnaps und etliche Flaschen Bier waren für ihn damals nichts.

Bier im Garten gebunkert

Auch seine zweite Ehe scheitert, „meine damalige Frau und ich hatten einen kleinen Garten in Haspe, dort hab’ ich immer Bier gebunkert. Wenn sich Besuch ankündigte, hab’ ich eine Kiste versteckt, damit ich, wenn die Leute weg waren, noch eine Kiste für mich hatte. Auf dem Trockenen zu sitzen, war immer meine größte Sorge. Das hält keine Ehe aus.“

Ob er sich nach einer durchzechten Nacht nicht beinahe vor sich selbst erschrocken und geschämt hat? „Nein, wenn du ständig einen Pegel hast, kotzt du irgendwann, wirst wach und denkst ,Man, warst du gestern wieder voll’, dann putzt du dir vielleicht die Zähne und säufst weiter.“

2003 dann die Kehrtwende - es macht klick bei Oli, er beendet das Trinken, begibt sich in ärztliche und therapeutische Behandlung (in dieser befindet er sich bis heute).

Bewegung lenkt vom Gedanken an Alkohol ab

2009 entdeckt er das Fahrrad für sich, „die Bewegung an der frischen Luft tut gut, lenkt vom Gedanken an den Alkohol ab, hilft gegen Depressionen. Auf dem Rad wird es ruhiger im Kopf.“

Vier Jahre später erfährt Oli, dass er an Kehlkopfkrebs erkrankt ist. Er kämpft gegen die Krankheit und schafft es, auch in dieser Grenzsituation trocken zu bleiben. „In dieser Zeit, 2014, hab’ ich mein Projekt ,Oli radelt’ ins Leben gerufen, um Menschen mit ähnlichen Schicksalen zu helfen und Mut zu machen.“

Seitdem organisiert er Spendenradtouren zugunsten des Deutschen Kinderhospizvereins und Benefizaktionen, um mittellosen Krebspatienten einen Urlaub zu ermöglichen. „Ich habe durchs Radfahren schon über 30.000 Euro an Spenden eingetrieben“, sagt er stolz. Und er selbst, seine Gesundheit, seine Sucht, die ihm immer über die Schulter schaut? „Ich lebe“, sagt Oli, „und ich radel.“