Hagen. Mit der Gesamtnote 3,12 bewerten die Hagener in unserem großen Heimatcheck das Funktionieren der Integration. In Altenhagen gab es eine 4,41.
In Hagen leben so viele Ausländer wie noch nie. Nach Auskunft der Stadtverwaltung hatten am 31. Mai insgesamt 39.495 Menschen mit ausländischem Pass ihren Wohnsitz in der Volmestadt. In Summe beläuft sich die Einwohnerzahl Hagens auf 194.825.
Ein so hoher Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund birgt natürlich Probleme, nicht immer gestaltet sich das Zusammenleben von Bürgern aus allen möglichen Nationen und Herkunftsländern einfach. Unser Heimatcheck ergab, dass die Integration in jenen Stadtteilen, in denen besonders viele Migranten leben, kritischer bewertet wird als in den eher ländlich geprägten Gebieten Hagens.
Förderung durch engagierte Lehrer
„Bei der Integration sind Prozesse ganz unterschiedlicher Art zu beobachten“, sagt Güler Kahraman, Leiterin des Kommunalen Integrationszentrums (KI) der Stadt. Kahraman personifiziert den erfolgreichen Integrationsprozess, den viele Kinder oder Enkel der sogenannten „Gastarbeiter“, die in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts nach Deutschland kamen, inzwischen bewältigt haben. Sie stammt aus einer Arbeiterfamilie und hatte laut eigener Auskunft das Glück, in der Schule und im Jugendzentrum auf Lehrer zu treffen, die sie förderten. „Die deutsche Sprache habe ich quasi so nebenbei gelernt, mit meinen Eltern unterhalte ich mich bis heute auf türkisch.“ Während ihrer Ausbildung zur Krankenschwester und einer Tätigkeit in in der Klinik Ambrock studierte sie parallel Soziale Arbeit und kam als Diplom-Sozialarbeiterin/pädagogin zur Stadt Hagen.
Obwohl Erfolgsgeschichten wie die von Güler Kahraman längst keine Ausnahme mehr sind bei jenen Migranten aus der zweiten bis vierten Generation, so stellt Sprache bzw. Bildung nach wie vor eine Hürde für viele junge Leute dar, die im Elternhaus nicht entsprechend begleitet werden. Heute beginnt schon in den Kindergärten die alltagsintegrierte Sprachförderung. Kinder, die gefördert werden müssen, werden nicht mehr separiert, sondern lernen Deutsch als Teil des Kita-Alltags, berichtet Reinhard Goldbach, Leiter des Fachbereichs Jugend und Soziales bei der Stadt Hagen: „Bei der ersten Generation der Migranten ist man noch davon ausgegangen, dass sie irgendwann in ihre Heimatländer zurückkehren und deshalb nicht Deutsch lernen müssen. Wie wir wissen, sieht die Realität anders aus.“ Nach wie vor sei Sprache der Schlüssel zu einer guten Bildung, einem qualifizierten Arbeitsplatz und auch bei der Wohnungssuche.
Armutseinwanderung steigt an
Von den Ausländern in Hagen stammen 19.110 aus einem EU-Staat und von diesen wiederum drei Viertel aus nur fünf Ländern: Rumänien, Italien, Griechenland, Polen und Bulgarien. In den vergangenen Jahren hat vor allem die sogenannten Armutseinwanderung aus Südosteuropa stark zugenommen, in Hagen leben derzeit mehr als 5600 Menschen aus Rumänien und Bulgarien. Dass mit ihnen auch so manches Problem in Hagen Einzug gehalten habe, wolle sie gar nicht wegreden, sagt Güler Kahraman: „Wenn zum Beispiel die Müllentsorgung nicht funktioniert, dann kann das natürlich zu Komplikationen im Zusammenleben führen. Unsere Aufgabe besteht darin, mit allen Beteiligten Lösungen zu finden.“
Es gebe in diesem Bereich durchaus Erfolge, die bisweilen jedoch durch die anhaltende Einwanderung, die immer wieder neue Migranten aus den südosteuropäischen Staaten nach Hagen führe, überdeckt würden: „In bestimmten Quartieren fangen wir mit unserer Arbeit quasi immer wieder von vorn an.“ Wichtig sei ihr, dass ein Bewusstsein dafür entstehe, dass Vielfalt Hagen gut tue, so Kahraman: „Weil Vielfalt unsere Stadt lebendig macht.“
Unter den 20.385 Nicht-EU-Ausländern in der Stadt bilden mit Abstand die Türken (7124) die stärkste Gruppe, gefolgt von den Syrern, die infolge des Bürgerkriegs zahlreich aus ihrer Heimat geflohen sind und schon 4443 Menschen in Hagen ausmachen. In der Stadt leben 579 Asylbewerber und warten auf eine Entscheidung ihres Verfahrens. 85 von ihnen stammen aus Syrien und Eritrea, das sind Staaten mit einer hohen Anerkennungsquote.
Nationalität wird nicht gespeichert
Wie viele Ausländer in der Hagener Stadtverwaltung tätig sind, ist übrigens nicht bekannt, da die Nationalität bei der Einstellung nicht abgespeichert werden darf, auch nicht die Zuwanderungsgeschichte. Seiner Wahrnehmung nach sei der Anteil der Mitarbeiter mit Migrationshintergrund im Rathaus jedoch merklich gestiegen, sagt Goldbach: „Die Stadtverwaltung hat sich geöffnet.“
Das Kommunale Integrationszentrum wird in viele Personalprozesse einbezogen. So bietet die Behörde ein Grundseminar zum Thema Islam an und organisiert, verpflichtend für alle Auszubildenden, Besuche von Moscheen, Synagogen und Kirchen in Hagen. „Wir schaffen den Rahmen für eine Begegnung, die es sonst vielleicht nicht geben würde“, sagt Güler Kahraman. „Und wir haben wirklich schon viel erreicht.“
Bei den Migrantenorganisationen will das KI die Stadtverwaltung als attraktiven Arbeitgeber präsentieren. Ziel ist es letztlich, den Anteil der Bevölkerungsgruppen in der Stadtgesellschaft bei der Mitarbeiterschaft im Rathaus abzubilden.