Hagen . Gebote und Grenzziehungen sind kein Willkürakt. Grenzen sind sinnvoll - auch mit Blick auf die Coronakrise, meint Pfarrer Jürgen Schäfer.

Sie haben das auch erlebt: Schlange stehen und geduldig warten, bis man Einlass findet im Baumarkt, der Apotheke oder beim Hausarzt? In der Schlange vor mir erlebte ich einen emotionalen Disput zwischen Baumarktbesucher und Securitymitarbeiter: „Sie haben mir gar nichts zu sagen, das ist doch alles nur Volksverdummung. Lernen Sie erst mal richtig Deutsch!“ Zum Glück waren sofort Kollegen da, die beschwichtigend einwirkten.

Grenzen sind sinnvoll

Warum reagieren wir eigentlich so empfindlich, wenn uns plötzlich Grenzen gesetzt werden, wenn unsere Freiheit beschnitten wird? Warum haben Verschwörungstheorien plötzlich Zulauf bis in kirchliche Kreise hinein? Dabei sind Grenzen doch sinnvoll.

Sie schützen einen Bereich vor Übergriffen, sie versuchen durch Grenzziehung etwas Bestehendes zu bewahren. Schon im ersten Buch der Bibel dreht sich in der Paradiesgeschichte alles um ein Gebot, eine Grenzziehung: Von allen Bäumen dürft ihr essen, aber von diesem einen Baum sollt ihr nicht essen! – Wir wissen wie die Geschichte ausgeht.

Infektionen ausgebremst

Wir wissen aber nicht, wie unsere Corona-Geschichte ausgehen wird. Wir dürfen im Moment ein wenig stolz sein: Wir haben es geschafft, den rasanten Anstieg der Infektionen auszubremsen. Es sind andere, die den Spitzenplatz beim Infektionsranking belegen. So war Trumps Motto „America First“ mit Sicherheit nicht gedacht! Doch Gebote und Grenzziehungen sind ja kein Willkürakt.

Die Bibel lehrt uns, dass die Gebote uns an die Grenzen erinnern, die zum Schutz der Gemeinschaft von uns eingehalten werden sollten. Wir selbst sollen uns um des gemeinsamen Lebens willen einschränken und Grenzen achten. Gerade darin liegt echte Freiheit: sich einschränken können. Im Hinblick auf die Szene in der Baumarktschlange finde ich es hilfreich, wenn wir lernen, die eigenen Grenzen im Kopf zu überwinden, die Grenzen, die andere uns setzen, aber zu respektieren: dem gemeinsamen Leben zuliebe!

Jürgen Schäfer, Pfarrer in der ev.-luth. Kirchengemeinde Haspe