Hagen. Als Kinderpflegerin war die Hagenerin für die Kinder da, im Netz verbreitete sie Hassbotschaften: Sie wurde wegen Volksverhetzung verurteilt.

Staatsanwalt Dr. Christoph Hebbecker (35) ist der Jäger von Hetze und Hass im Internet. Er verfolgt Personen, die auf sozialen Plattformen wie Facebook zu Gewalt gegen Asylbewerber aufrufen oder Nazi-Propaganda verbreiten. Am Donnerstag trat der Kölner erstmals in Hagen auf – in einem Verfahren gegen eine Frau (49) aus Eilpe.

Auf der Anklagebank vor Amtsrichterin Kathrin Krüger sitzt, sichtlich nervös und gegen ihre Tränen ankämpfend, eine Kinderpflegerin. Ihr Beruf, den sie seit über 30 Jahren ausübt, macht diesen Fall – verknüpft mit ihrer Hassrede im Netz – besonders heikel: Am 3. und 6. März vergangenen Jahres hatte die Frau vier unglaubliche Posts im Internet abgesetzt.

Foto zeigt Hitler mit Kindern

Ein Foto zeigt den lächelnden Adolf Hitler vor einer Gruppe von Kindern, versehen mit der Bemerkung: „Es verdient hohen Respekt, dass die Schüler für ihre Zukunft auf die Straße gehen.“ Einen Netzartikel über Kriegsflüchtlinge („Asyl-Tsunami, syrische Türkei-Migranten planen Sturm auf Europa“) kommentierte sie mit den zynischen Worten: „Munitionsvorrat checken.“

Ja, bei ihrer Tätigkeit im Kindergarten hätte sie mit unterschiedlichen Nationalitäten zu tun, auch mit syrischen Kindern. Dass sie gleichzeitig im Internet verbrämt dazu aufrufe, auf Syrer zu schießen? Die Frau räumt ein: Zu diesen Posts habe sie sich „hinreißen lassen, aus einer Laune heraus“. „Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, Sachen zu schreiben, die ich nicht so meine und zu denen ich so auch nicht stehe.“ Nein, sie habe keine nationalsozialistische Einstellung, betont sie.

Doch dann war da noch ein Portrait des Führers, das die Angeklagte um 8.27 Uhr morgens mit den Worten kommentierte: „Sehr schönes Bild!!!“ Und über Hitlers Werk „Mein Kampf“, das sie in ihrem Profil als „Lieblingsbuch“ bezeichnet, schrieb sie: „Super. Gibt’s jetzt als E-Book.“

Bei Facebook rausgeflogen

Vor Gericht ruderte die Angeklagte jedoch kräftig zurück: „Ich habe nie ,Mein Kampf’ gelesen, bis heute nicht. Vielleicht früher die ersten zehn Seiten, weil es als cool galt.“ Staatsanwalt Christoph Hebbecker, der sich in einer Spezialeinheit der Kölner Staatsanwaltschaft tagtäglich mit dem aufgestauten Hass im virtuellen Raum dienstlich beschäftigt, kennt solche Ausreden von ertappten Internet-Hetzern. Als Anklagevertreter der Zentralstelle für Cyberkriminalität in Köln tritt er vor Gerichten in ganz NRW auf – und ist stets gut vorbereitet. Deshalb kann er der angeklagten Hagenerin gezielt vorhalten: „Sie waren früher auf Facebook aktiv, haben dort auch gehetzt und sind rausgeflogen.“

Ganz bewusst sei die Angeklagte zur Online-Plattform „VKontakte“ gewechselt, die von Russland aus betrieben werde und bei der über 500 Millionen Nutzer angemeldet sind: „Dort stacheln Sie zu Gewaltmaßnahmen und Hass gegen Ausländer auf, das ist Volksverhetzung.“ Hinzu komme das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole. Elf Monate Haft, ausgesetzt zur Bewährung, hielt Richterin Krüger für angemessen. Die Verurteilte muss als Auflage 1500 Euro zahlen.