Hagen. Friseure und Kunden atmen auf. Nach sechs Wochen Zwangspause dürfen Salons wieder öffnen.
Das Aufatmen ist auf beiden Seiten gleich groß: Friseure dürfen nach sechs Wochen Zwangspause wieder öffnen, Kundinnen und Kunden können sich nach sechs Wochen Abstinenz erstmals wieder professionell ihre Haare waschen, schneiden, föhnen lassen. Wir haben uns exemplarisch umgeschaut – in einem kleinen und in einem großen Salon.
Termine nur nach Absprache
An der Eingangstür ist ein Aushang befestigt, der die Kunden aufklärt, wie es ab sofort im „Friseursalon Sabine“ läuft. Termine nur nach Absprache, Hände waschen und desinfizieren, Mundschutz tragen, Distanz wahren.
Gisela Westerwelle hält sich „beinahe gern“ an die von der Landesregierung vorgeschriebenen Regeln. „Hauptsache, der Salon ist überhaupt wieder geöffnet. Ich hatte einen Termin für Ende März, der musste ja gestrichen werden. Und nun ist Mai.“
Die ältere Dame bedeckt mit ihrer Maske Nase und Mund ohne zu murren, „natürlich ist es warm, doch es gibt Schlimmeres.“
Beschlagene Brille ist ein Problem
Die Chefin – Sabine Osthold – nickt. „Ich hab’ nur das Problem, dass meine Brille beschlägt“, sagt die Friseurmeisterin und fügt lächelnd und nicht ganz ernst gemeint hinzu: „Ich muss mich entscheiden zwischen sehen oder atmen.“
Sabine Osthold betreibt ihren gerade mal 35 Quadratmeter großen Salon in dem urigen Backsteinhaus Auf dem Birnbaum 2 auf Emst. https://www.wp.de/staedte/hagen/einzelkaempferin-sabine-haelt-stellung-auf-emst-id210633729.html
Ihre Mitarbeiterin Sema Altunay ist mit Gisela Westerwelles Dauerwelle fast fertig. „Ich hab’ mein Leben lang Locken getragen, in den letzten Wochen wurden sie natürlich immer weniger“, sagt die Stammkundin und ergänzt: „Ich kenn’ Sabine seit 36 Jahren. Ich war heilfroh, als sie letzte Woche anrief und mir den Termin für heute angeboten hat.“
Auch bei Brigitte Gronemeyer hatte die Schere heute mehr zu tun als bei einem „Alle-vier-Wochen“-Friseurbesuch. „Zum Glück bin ich nur zum Schneiden und nicht noch zum Strähnchen färben hier“, so die Kundin, die unter ihrer Maske ordentlich schwitzte.
Um den vorgeschriebenen Abstand einzuhalten, arbeitet Sabine Osthold vorerst nur mit einer Kollegin, zwei Frisierstühle sind mit Flatterband abgesperrt. „Ich bin seit 36 Jahren im Job, doch das ist der erste Montag, an dem ich arbeite. Klar, die Ausfallzeit muss ich irgendwie wettmachen. Auch in den kommenden Wochen werde ich montags öffnen“, so die Chefin.
Trennwände bei „Catwalk“
Ortswechsel: Bei „Catwalk“ auf der Springe gibt’s 18 Friseurplätze, „ich reduziere während der Corona-Zeit auf zwölf Plätze“, sagt Friseurmeister Karsten Groll. Die Kundinnen und Kunden werden in dem 300 Quadratmeter großen Salon auf Lücke gesetzt, an einigen Stellen wurden Trennwände errichtet.
Sigrid Becking war am heutigen Montag die erste Kundin, die im Frisierstuhl bei „Catwalk“ Platz nehmen durfte. „Wenn die Salons noch länger hätten geschlossen bleiben müssen, hätte ich mir einen Turban gebastelt“, lächelte die Stammkundin, die erleichtert war, dass es so weit nicht gekommen war. Zum Zeitvertreib las Sigrid Becking Nachrichten auf ihrem Smartphone. „Da wir derzeit keine Zeitschriften anbieten dürfen, gebe ich an die Kunden leihweise IPads heraus“, so Karsten Groll.
Seine Mitarbeiter können die Art ihres Mundschutzes wählen – Stoffmaske oder Plexiglas-Gesichtsschutz. Da derzeit in Salons keine Wartezonen erlaubt sind, platziert der Chef einzelne Stühle locker im großen Raum und nutzt als Pufferzone seinen Außenbereich. „In Kürze öffne ich von 8 bis 20 Uhr und dehne den Betrieb auf eine Sechs-Tage-Woche aus“, sagt Karsten Groll.