Freie Intensivbettenkapazitäten sind die entscheidende Währung für Corona-Lockerungen, meint WP-Kommentator Hubertus Heuel.

Ob wir den Höhepunkt der Pandemie bereits hinter uns gelassen haben oder er noch bevorsteht, lassen wir mal dahingestellt. Unzweifelhaft ist aber, dass die strikten Sicherheitsmaßnahmen die exponentielle Ausbreitung des Virus verhindert haben.

Das war und ist auch bitter notwendig, denn ganz so weit sind wir von der medizinischen Katastrophe nicht entfernt. Soll das Corona-Virus erfolgreich bekämpft werden, muss seine Reproduktionsrate langfristig kleiner als 1 sein. Das bedeutet, dass ein Infizierter durchschnittlich weniger als einen anderen Menschen ansteckt. Durchschnittlich heißt, dass manche Infizierte niemanden mehr anstecken dürfen. Die Bundesregierung warnt davor, dass schon bei einer Reproduktionsrate von 1,1 bis 1,3 im Sommer die Zahl der Intensivpatienten diejenige der zur Verfügung stehenden Intensivbetten übersteigen könnte. Und diese Gefahr besteht weiterhin, denn die Infektionszahlen sind in einigen Regionen zuletzt angestiegen.

Das Hagener Gesundheitsamt und die Krankenhäuser in der Stadt tun also gut daran, weiterhin genügend Betten bereitzuhalten. Außerdem müssen die intensivmedizinischen Abteilungen der Kliniken auch in Zukunft prophylaktisch entlastet werden. Dazu können wir alle beitragen, indem wir die Abstandsregeln einhalten.

Wie lange wir diese Disziplin noch einhalten müssen vermag niemand vorherzusagen. Aber letztlich haben ja die rigiden Schutzmaßnahmen des Bundes und der Länder als auch der Ausbau der intensivmedizinischen Betreuung das Ziel, möglichst allen Covid-19-Patienten mit schwerem Verlauf die bestmögliche Versorgung bereitstellen zu können.

Wahrscheinlich handelt die Politik richtig, wenn sie flexibel auf die Lage reagiert und Gesellschaft und Wirtschaft Spielraum zurückgibt. Ob in Zukunft weitere Lockerungen möglich sind, hängt neben der Ausbreitungsdynamik des Corona-Virus nicht zuletzt von der Zahl der verfügbaren Intensivplätze ab.