Loxbaum. Fabiola Eichstaedt trifft die Nachricht wie ein Schlag. Die Kindergräber auf dem Loxbaum-Friedhof werden eingezogen. Auch das ihres Sohnes.
Jeden Tag kommt Fabiola Eichstaedt hierher: Zum Waldfriedhof am Loxbaum. Zehn Jahre ist es nun fast her, dass ihr Sohn Shawn Preston an einem plötzlichen Kindstod verstarb „Fünf Stunden vorher ist noch dieses Foto entstanden“, sagt sie und zeigt ein Bild, auf dem der knapp drei Monate alte Säugling lacht. Doch an ihrem Erinnerungsort trifft Eichstaedt aktuell der Schlag. Das Grab ihres Kindes soll eingezogen werden. So wie andere auch.
„Für Eltern ist es das Schlimmste im Leben, sein Kind zu verlieren und beerdigen zu müssen.“ Während sie über das tragische Ereignis spricht, steigen ihr Tränen in die Augen, ihre Stimme wird zittrig. Auch nach zehn Jahren hat sich der Schmerz in ihrem Herzen nicht geändert. Die 40-Jährige pflegt das Grab ihres Sohnes ausgiebig.
Erst zuletzt hat sie das Kreuz, das auf dem Grab steht, erneuern lassen. Es ist wie eine Art Zufluchtsort für sie. Doch genau der soll ihr nun genommen werden. Am Eingang zu den Kindergräbern des Waldfriedhofs sind zwei Schilder in die Erde gesteckt worden. „Diese Gräber werden in Kürze eingezogen“.
Ein Vorhaben, was die Mutter nicht verstehen kann. „Warum muss man das machen, sie können doch nicht einfach Erde über meinen Sohn kippen.“ Doch genau das soll passieren. Die gesamten Kindergräber sollen mit Erde überkippt werden, damit die Fläche begradigt werden kann, sagt Gabriele Zmarowski, Pressesprecherin des Wirtschaftsbetriebs Hagen, auf Nachfrage unserer Redaktion. Im Anschluss soll dann eine Andenkenstelle für Angehörige errichtet werden.
„Hierzu findet am 7. Mai ein Abstimmungsgespräch statt, wie das Ganze aussehen und umgesetzt werden soll“, sagt Zmarowski. Außerdem erklärt der WBH, dass die Gebeine der Gräber nicht ausgehoben werden sollen. Grund dafür sei außerdem, dass die Nutzungsdauer der Kindergräber von zehn Jahren lange abgelaufen ist.
Doch das macht für Fabiola Eichstaedt keinen Unterschied. „Nur weil zehn Jahre abgelaufen sind, hat man den Verlust nicht verarbeitet. Ich zumindest nicht“, sagt sie. Da das Grab ihres Sohnes das einzige ist, was noch nicht zehn Jahre bestehe, könne das Vorhaben noch nicht eher umgesetzt werden, meint die Mutter. Sie versuche alles, um das Ganze aufzuhalten, habe einen Brief verfasst, zahlreiche Telefonate geführt. Doch vergebens. „Ich glaube, dass das niemand verstehen kann, der nicht selbst sein Kind verloren hat.“
Erinnerungen haben sich eingebrannt
Zunächst sei die 40-Jährige, so erzählt sie, falsch informiert worden. „Es hieß, ich kann das Grab 20 Jahre nutzen und danach kaufen, doch als ich das bei meinen Telefonaten anbrachte, hieß es nur, dass ich falsch informiert sei.“ Die geplante Andenkenstele sei für sie lange nicht dasselbe wie das Grab, das sie jeden Tag besuche. In Fabiolas Augen könne man das „einfach nicht machen“. „Mein Sohn war doch trotzdem ein Lebewesen, auch wenn er nach knapp drei Monaten gestorben ist.“
Ihre Erinnerungen haben sich in ihrem Kopf eingebrannt. Niemals werde sie den Tag vergessen, vor allem weil der Todestag von Shawn Preston gleichzeitig ihr Geburtstag ist. „Meinen Geburtstag feiere ich seitdem nicht mehr.“
Viele der Gräber sind nicht so gepflegt wie das der Mutter. „Viele Eltern können das einfach nicht, sie schaffen es nicht, zum Grab zu gehen, nicht so wie ich. Und das kann ich wirklich gut verstehen.“
Halt geben Fabiola ihre acht weiteren Kinder. „Kinder sind einfach ein Geschenk“, sagt sie. Am 23. Juni dieses Jahres läuft die Frist für das Grab ihres Sohnes ab. Nun hofft sie, dass ihr Einsatz etwas bewirkt, auch in den sozialen Netzwerken hat sie das Ganze geteilt. „Ich werde bis zum Schluss kämpfen.“