Hagen. Riesenandrang bei der Sperrmüll- und Grünschnittabgabe am Wochenende. Die Hagener reihten sich über Stunden in die Warteschlangen ein.
Man kann sich sicherlich reizvollere Wochenendbeschäftigungen vorstellen, als an einem strahlenden Frühlingsmorgen sich in einer Autoschlange vor einem Müllsammelplatz einzureihen.
Doch offensichtlich war der Entsorgungsdruck bei vielen Hagenern nach fünf Wochen coronabedingtem Daheimbleiben inzwischen so groß, dass der Sperrmülltag des Hagener Entsorgungsbetriebes (HEB) auf dem Sammelplatz neben der Müllverbrennungsanlage (MVA) schon fast als ein Befreiungsschlag wahrgenommen wurde. „Wir haben zwischen 8 und 16 Uhr 450 Kunden gezählt und 50,07 Tonnen Sperrmüll eingesammelt“, berichtet HEB-Sprecherin Jacqueline Jagusch von einem wahrlich gigantischen Interesse. Daher werde das Unternehmen in dieser Woche auch diskutieren, ob und in welcher Form ein solches Angebot wiederholt werde.
FDP fordert weitere Lockerungen beim HEB
Dass der Bedarf an Entsorgungsmöglichkeiten nach den Wochen des Shutdowns inzwischen erheblich ist, hat das vergangene Wochenende eindrucksvoll unterstrichen. Entsprechend regen sich jetzt auch in der Hagener Politik die Stimmen, die verbesserte Angebote einfordern. So solle der Hagener Entsorgungsbetrieb die massiven Einschränkungen bei der Müllannahme schnellstmöglich zurückfahren, forderte zuletzt die FDP-Ratsfraktion angesichts der starken Nachfrage und der zunehmenden wilden Entsorgung von Sperr- und Restmüll.
„Wir können bis heute nicht nachvollziehen, warum die Annahme von Restmüll, Elektroschrott und Sperrmüll vollständig gestoppt wurde. Gerade an der Müllverbrennungsanlage ist es problemlos möglich, entsprechend Abstand zu halten und den Zugang auf ein notwendiges Mindestmaß zu reduzieren. Es ist keinesfalls so, dass hier vor Ausbruch der Krise eine große Anzahl von Mitarbeitern ständig direkten persönlichen Kundenkontakt hatte. Vielmehr ist es dort möglich, die Anlieferung mit der ausreichenden Distanz zu überwachen“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende Claus Thielmann die Einschränkungen.
Mitverantwortlich für wilde Müllkippen
Die restriktive Politik des HEB sei auch mitverantwortlich für die wieder steigende Anzahl von wilden Müllablagerungen im Stadtgebiet: „Wir beobachten, dass gerade in den ohnehin stark von diesem Problem betroffenen Vierteln, aber auch in Außenbereichen das Problem wieder zunimmt. Natürlich gibt es keine Entschuldigung für illegale Entsorgung. Trotzdem ist es in Zeiten, wo Menschen vermehrt Zeit haben ihre Keller auszuräumen oder ihren Garten auf Vordermann zu bringen nicht nachvollziehbar, dass es kaum Möglichkeiten gibt, den Müll entsprechend abzugeben“, so Thielmann weiter.
Die Liberalen begrüßen zwar, dass der HEB inzwischen die Abgabe von Grünschnitt ermöglicht und am Samstag eine Sperrmüllsammlung am Pfannenofen angeboten habe. Dies reiche aber nicht aus und schaffe angesichts der großen Andrangs nur wieder zu neuen Problemen. „Wenn Geschäfte langsam wieder öffnen ist es aus unserer Sicht zumutbar, dass auch die Wertstoffhöfe mit entsprechenden Sicherheitsregeln dies tun. Der HEB sollte daher die Einschränkungen bereits in der kommenden Woche zurücknehmen“, fordert Thielmann.
Die langen Schlangen vor den Baumärkten in den vergangenen Wochen hatten es bereits erahnen lassen: Viele Hagener haben die Zeit der Kontaktsperren und des Verweilens in der häuslichen Umgebung genutzt, um zu renovieren oder auch Dachböden, Garagen und Kellerräume auszumisten. Also genau das zu tun, für das es inzwischen keine Ausreden mehr gibt. Entsprechend haben sich Berge mit Unrat und ausrangiertem Mobiliar angestaut, die es jetzt bloß noch gilt, aus dem Blick und aus dem Sinn zu schaffen.
Auf Ansturm vorbereitet
„Bis zu zweieinhalb Stunden haben die Leute in ihren Autos gewartet“, erzählt Jagusch. Doch die Stimmung sei dennoch gelassen gewesen: „Die Menschen wussten ja, dass die Hölle los sein würde. Sie waren einfach froh, dass sie ihr Zeug loswurden.“ Der HEB hatte sich nicht bloß personell, sondern auch organisatorischen generalstabsmäßig auf den Ansturm vorbereitet: Sechs durchnummerierte Sperrmülllaster standen in gebührendem Abstand auf dem Betriebsgelände und konnten von den eingewiesenen Kunden befüllt werden. Waren die Fahrzeuge voll, wurde die Fracht direkt in den Müllbunker der nahen MVA gekippt.
Den Zeitpunkt, die MVA auch wieder für Privatanlieferer zu öffnen, sieht Jagusch dennoch nicht gekommen: „Höchste Priorität hat für uns die störungsfreie Abfallentsorgung – da wollen wir in Corona-Zeiten überhaupt kein Risiko eingehen“, sei das Unternehmen froh, bislang noch keinen Infektionsfall mit dem Virus in der Belegschaft zu haben. Die Kunden könnten bei Bedarf für ihren Sperrmüll ja den Abholservice bestellen. Der erfolge kontaktfrei und werde per Rechnung abkassiert. Das Betriebsgelände Am Pfannenofen bleibe allerdings weiterhin Tabuzone.
Wertstoffhöfe sind schon wieder geöffnet
Die Wertstoffhöfe in Haspe, Tückingstraße 2z, und in der Obernahmer sind seit einer Woche wieder geöffnet. Hier können allerdings keine Grünabfälle und kein Sperrgut abgegeben werden.
Diese Sammelplätze sind ausschließlich klassischen Wertstoffen wie Altpapier, Gelbe Säcke, Altglas, Korken, CD’s, Batterien, Elektroschrott oder auch Altmetall vorbehalten, die ohnehin kostenlos abgegeben werden dürfen.
Die Kompostierungsanlage in der Donnerkuhle, Hohenlimburger Straße 7, öffnet an diesem Montag wieder zu den gewohnten Zeiten: montags bis freitags von 7.30 bis 12 Uhr sowie von 12.45 bis 15.30 Uhr, samstags von 8 bis 12.30 Uhr. Bei der Abgabe wird eine Gebühr erhoben.
Einen ähnlichen Andrang erlebte am Samstagvormittag übrigens auch die Kompostierungsanlage in der Donnerkuhle, wo kostenlos Grünschnitt abgegeben werden konnte. Hier staute sich die Schlange zeitweise fast bis zur Hünenpforte hinunter. Dieser Service wird ab Montag wieder täglich angeboten.