Hagen. Ein Corona-Erlass aus Düsseldorf sorgt auch bei der Hagener Politik für Ärger. Es geht um die Aufstellung von Kandidaten zur Kommunalwahl.
Er engagiert sich seit Jahrzehnten in der Hagener Kommunalpolitik. Einst in der Bezirksvertretung Eilpe/Dahl, seit einigen Jahren im Rat der Stadt Hagen. Politisch ist Rainer Preuß ein durchaus streitbarer Mensch, einer, der mit seiner Meinung auch mal aneckt. Jetzt bringt den Ratsherrn ein Erlass des Innenministeriums auf den Baum. Daraus geht hervor, dass Aufstellungsversammlungen vom Veranstaltungsverbot ausgenommen sind.
Das bedeutet: Während in der Corona-Krise Land auf, Land ab Veranstaltungen abgesagt werden, dürfen die Parteien (zumindest in der Theorie) sich auch in größerer Gruppe treffen, um ihre Kandidaten für die Kommunalwahl am 13. September diesen Jahres zu bestimmen. Begründet wird die Sonderregelung in dem Erlass, der das Datum vom 19. März trägt, mit verfassungsrechtlichen Bedeutung derartiger Veranstaltungen.
Grünen-Politiker zählt sich zur Risikogruppe
Ein Umstand, der Preuß, 61 Jahre alt, keineswegs erfreut. Im Gegenteil: „Ich selbst zähle mich zur Corona-Risikogruppe. Und das gilt für zahlreiche Mitglieder sowohl in unserer als auch in vielen anderen Parteien auch“, so der Grünen-Politiker, „ich halte es nicht für verantwortbar, dass wir uns in großer Runde treffen, selbst wenn wir dabei bestimmte Hygienevorschriften und Abstandsregeln beachten. Da sollen Menschen an einem Ort zusammenkommen, die aufgrund ihres Engagements besonders viele Kontakte zu anderen in einer Kommune haben. Ehrenamtliche werden hier einem völlig unnötigen Risiko ausgesetzt.“
Immerhin: Auf Landesebene gibt es eine Absprache zwischen den Parteien, die Wahlversammlungen bis zum 19. April auf keinen Fall durchzuführen. Preuß aber denkt weiter: „Mein Plädoyer ist, erst einmal auf von Seiten der Landesregierung den Druck da rauszunehmen, wo er gar nicht nötig ist.“
SPD wartet den 19. April ab
Bei der SPD ist vor dem Hintergrund der Absprache der eigentlich Erlass noch gar nicht diskutiert worden. „Bei uns gilt die Absprache – sowohl für unseren Delegiertentag als auch für Versammlungen auf Ortsvereinsebene“, unterstreicht Parteigeschäftsführer Claus Homm. „Wir warten zunächst einmal ab, was sich nach dem 19. April ergibt und werden dann das weitere Vorgehen besprechen.“
Mitte Juli müssen nach derzeitigem Stand die Wahlvorschläge eingereicht werden. Die SPD hatte bereits eine Liste erstellt, muss jetzt aber – weil sich die Wahlbezirke noch einmal verschoben haben – erneut tagen. „Im Endeffekt hat nach derzeitigem Stand noch keine Partei eine gültige Liste eingereicht“, so Homm. Immerhin: Für Wahl des Stadtrates müssen die Ortsvereine bei der SPD keine Vertreter bestimmen, für die Wahl des Oberbürgermeisterkandidaten allerdings sehrwohl.
Skepsis bei den Christdemokraten
Diese Ungewissheit hat natürlich auch Einfluss auf den Wahlkampf. „Alles, was möglich ist, bereiten wir vor“, so Homm. So überarbeite man beispielsweise gerade das Wahlprogramm noch einmal. „Aber was den Wahlkampf unserer 26 Ratskandidaten betrifft – das kann man natürlich nicht vorbereiten.“
Wahl am 13. September
Die Kommunalwahl findet am 13. September dieses Jahres statt.
Neben Rat und Bezirksvertretungen steht in Hagen auch die Wahl des Oberbürgermeisters an. Amtsinhaber Erik O. Schulz tritt erneut an. Er wird getragen von CDU, FDP, Grünen und Hagen Aktiv. Sein größter Herausforderer wird SPD-Kandidat und Landtagsmitglied Wolfgang Jörg sein.
Auch die CDU hält nach Aussage von Kreisgeschäftsführer Andreas Lueddecke bis zum 19. April die Füße still. „Wir haben bereits ein Datum für unsere Wahlversammlung im Auge“, so Lueddecke, „aber es ist noch zu früh, um damit rauszugehen.“ Er selbst, so Lueddecke, sei skeptisch, dass man nach den Osterferien unmittelbar eine Versammlung abhalten könne. „Auch bei uns gibt es viele ältere Parteimitglieder, die wir keinem Risiko aussetzen werden.“
Der Kreissprecher der Grünen, Rolf L. Willaredt teilt die Kritik seines Parteifreundes: „Aus unserer Sicht ist dieser Erlass völlig daneben.“ Allein all diejenigen, die für die Sitzungsleitung vorgesehen seien, gehörten zur Risikogruppe. Die könne man nicht ernsthaft zu einer Versammlung bitten. Die Grünen planen jetzt, ihre Kandidaten am 14. Juni zu küren. „Allerdings steht auch dieser Termin unter Vorbehalt.“