Hagen. Seit dem Corona-Kontaktverbot stehen die Räder der Hagener Fahrschulautos still. Inhaber Helmut Reichberg bereitet sich auf die Zeit danach vor.

Die letzte praktische Fahrprüfung hat Helmut Reichberg am 17. März, also an dem Tag, als landesweit die verschärften Corona-Schutzmaßnahmen bekannt gegeben wurden, begleitet. „Mittags um 14 Uhr, die junge Frau hat zum Glück problemlos bestanden. Danach war Schluss.“

Wie alle Fahrschulen musste auch Fahrschulbesitzer Helmut Reichberg am 17. März seinen Betrieb komplett einstellen. „In den Tagen vorher spürten wir ja schon, dass da was auf uns zukommen würde. Da hab’ ich vor dem Einsteigen eines neuen Fahrschülers schon Lenkrad und Schalthebel desinfiziert und jeden einzelnen darauf hingewiesen, dass er sich vor der Fahrstunde gründlich die Hände waschen soll.“ Am 17. März kam dann nicht nur vom Land NRW das Verbot, Fahrschulen weiter zu betreiben, sondern auch von der Führerscheinstelle des Straßenverkehrsamtes in Hagen.

Kein Abstand im Fahrschulauto möglich

„Fahrschulen werden als private Bildungseinrichtung eingestuft und nicht als Dienstleister. Als Dienstleister hätten wir vermutlich weitermachen können“, sagt Reichberg, der 2009 von seinem Vater Helmut Reichberg senior die Fahrschule im Emster Ladenhof übernommen hat. „Aber ich verstehe den Erlass, schließlich sitzen Fahrlehrer und -schüler im Fahrschulwagen dicht neben einander – da ist nicht mal ein Abstand von einem Meter gewährleistet. Und bei Fahrprüfungen ist ja auch noch der Prüfer dabei, sprich: dann sind drei Personen auf engstem Raum zusammen.“

Während der Corona-Zwangspause bereitet sich Fahrlehrer Helmut Reichberg bereits auf die Zeit nach der Krise vor.
Während der Corona-Zwangspause bereitet sich Fahrlehrer Helmut Reichberg bereits auf die Zeit nach der Krise vor. © WP | Michael Kleinrensing

Der theoretische Unterricht in der Fahrschule darf ebenfalls nicht stattfinden wegen der kontaktreduzierenden Maßnahmen, das Gleiche gilt für die Abnahme der theoretischen Prüfung beim TÜV in der Feithstraße. „Zum Glück müssen Fahrschüler keine Fristen einhalten. Wenn sich die Lage entspannt hat, kann ohne zusätzliche Auflagen normal weiter geschult und gefahren werden“, beruhigt der 56-Jährige all jene Fahrschüler, die die Zwangspause einhalten müssen.

Reichberg ist ein kleiner Familienbetrieb; Ehefrau Magdalena hilft in der Fahrschule mit, Mutter Hilde schmeißt seit Jahrzehnten den Telefondienst. „Bis letztes Jahr hatte ich noch einen angestellten Fahrlehrer. Er kam aus Osnabrück und ist aus persönlichen Gründen zurück in seine Heimat gegangen. Damals war ich traurig darüber, heute bin ich froh“, sagt Helmut Reichberg mit Blick auf den Verdienstausfall für mehrere Wochen.

Erste Fahrstunde im Simulator

Die Zwangspause hat Helmut Reichberg genutzt: Er hat für etliche Tausend Euro einen Fahrsimulator angeschafft. „Wenn der Betrieb wieder losgehen darf, wollen natürlich alle Fahrschüler fahren“, sagt Reichberg, „die Anfänger können ihre ersten Stunden dann auf dem Fahrsimulator absolvieren.“ Das Gerät sieht nicht nur schnittig aus, sondern ist auch umweltfreundlich, da es keinen Emissionsausstoß hat. „Außerdem haben gerade Anfänger oft Angst, dass sie am Fahrschulwagen etwas kaputt machen, und einige sind mit den vielen Handhabungen, die gleichzeitig getätigt werden müssen, überfordert“, spricht Reichberg aus Erfahrung. Anfahren, schalten, Lenkübungen, Blick über die Schulter – was später zur Routine wird, kann auf dem Fahrsimulator in Ruhe trainiert werden.

Keine Pflichtzahl an Fahrstunden

In Hagen gibt es etwa 35 Fahrschulen. Es gibt keine allgemeine Fahrstunden-Anzahlpflicht, lediglich die Anzahl der Sonderfahrten (Nacht-, Autobahn- und Über-Land-Fahrten) muss eingehalten werden.

In der Fahrschule Reichberg kostet eine 45-minütige-Fahrstunde zwischen 40 und 45 Euro, für eine Dreiviertelstunde auf dem Fahrsimulator bezahlt man ca. 28 Euro.

In allen Fahrschulen gibt es Fragebögen, die auf die theoretische Prüfung vorbereiten, in 13 unterschiedlichen Sprachen. Um die praktische Prüfung zu bestehen, müssen sämtliche Hauptbegriffe auf Deutsch verstanden und im Straßenverkehr umgesetzt werden.

„Gerade der Anfänger hat die Chance, sich auf eine Sache zu konzentrieren, und das bringt ihm im Laufe der Zeit Sicherheit.“ Fortgeschrittene können nach der Corona-Krise also gleich wieder in den Fahrschulwagen steigen, Anfänger in den Simulator, „das entspannt die Terminlage“, hofft Reichberg. Als Vorteil sieht der 56-Jährige, dass er freiwilliges Mitglied im Fahrlehrerverband Westfalen ist. „Der Verband hilft uns Mitgliedern jetzt in der Krise. So verhandelt er zum Beispiel mit Fahrzeugherstellern, dass wir unsere Leasingraten für unsere Autos aussetzen können. Außerdem setzt sich der Verband ein, dass die Prämie für die Fahrlehrerversicherung derzeit ausgesetzt wird.“