Hagen. In der Corona-Krise zeigen sich Geschäfte in Hagen kreativ. Die Einzelhändler liefern aus, werben online und bieten virtuellen Einkauf.
Langsam lässt die Corona-Schock-Starre ein wenig nach, viele Menschen blicken nach vorn und überlegen sich Mittel und Wege, um ihr Geschäft zumindest in Teilen weiterführen zu können. Auch die Hagener Einzelhändler werden erfinderisch.
Wie Jochen Schleuter, Eigentümer des Fachgeschäftes Mode und Pelz Wolff 1782 in der Elberfelder Straße 32. „Wir gehen mit einer Kundin, die ein bestimmtes Outfit sucht, virtuell durch den Laden“, gibt Jochen Schleuter ein Beispiel für eine neue, dem derzeitigen Öffnungsverbot für Modegeschäfte zollende Idee.
Einkauf per Videotelefonie
„Videotelefonie macht heutzutage doch vieles möglich“, konkretisiert Tochter Maya, die bei Wolff 1782 beschäftigt ist. „Wir gehen mit dem Smartphone an den Regalen und Kleiderstangen vorbei und präsentieren einer Kundin, die etwas Spezielles sucht, unsere Auswahl. Per Skype, Facetime oder Whatsapp bieten wir quasi eine Fernberatung an.“
Hat eine Kundin etwas Passendes gefunden, liefert es das Wolff-Team kostenlos nach Hause. „Allerdings“, räumt Maya Schleuter ein, „starten wir mit diesem Angebot erst langsam. Viele Menschen sind derzeit noch nicht im Frühlingsmodus; Shopping ist momentan nicht das Wichtigste auf der Welt, viele Menschen haben zurzeit ganz andere, existenzielle Nöte.“
Aufträge für Änderungen werden abgearbeitet
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In der Wolff-Pelzwerkstatt arbeitet eine Mitarbeiterin noch Aufträge für Änderungen ab. Bevor die Werkstatt dann geschlossen wird – Anproben mit Körperkontakt dürfen derzeit nicht durchgeführt werden – soll der Raum anderweitig genutzt werden: „Wir werden Atemschutzmasken anfertigen, die wir sozialen Einrichtungen zur Verfügung stellen“, sagt Maya Schleuter.
Aber zurück zu Social-Media-Ideen: „Für unseren Familienbetrieb bietet sich kein Online-Shop an, dafür sind wir zu klein“, erklärt Jochen Schleuter, „doch Maya postet neue Outfits auf Instagram.“ Maya Schleuter nickt und sagt: „Bald haben unsere Kundinnen bestimmt keine Lust mehr, im dunklen Winter-Jogginganzug zu Hause zu sitzen. Dann präsentieren wir auf Instagram frühlingshafte Freizeit-Looks und Homewear für den Garten.“
Sören arbeitet mit Hochdruck an Online-Auftritt
Bei „Sören“ in der Elberfelder Straße 59 wird mit Hochdruck an einem Online-Shop gearbeitet. „Ein provisorisches Konzept hab’ ich seit drei Jahren in der Schublade liegen, doch ich hab’ es nie umgesetzt“, sagt Eigentümer Sören Kloch, „denn natürlich haben wir unsere Kunden lieber persönlich im Laden.“
Aufgrund der Corona-Beschränkungen schlägt Sören Kloch nun aber diesen für sein Fachgeschäft neuen Weg ein. Ein Programmierer mit Sitz in Hamburg arbeitet daran, das bestehende Warenwirtschaftssystem mit dem Online-Shop zu verknüpfen. „Wir starten in wenigen Tagen mit einer Auswahl von etwa 200 Teilen“, sagt Anja Kloch. Seit Tagen steht sie mit Lieferanten in Kontakt und bittet sie um Fotomaterial zu den unterschiedlichen Kollektionen. „Etliches müssen wir für den Online-Shop aber auch selbst fotografieren, dazu hab’ ich auf die Schnelle noch Models gebucht.“
Werbung auf Facebook
BVB-Stars in Kleidung von Hagener Modehaus
Auch Johannes Müller steckt den Kopf nicht in den Sand. Der Betreiber von „Jo sein Laden“ in der Lange Straße 24 in Wehringhausen betreibt keinen Online-Shop, „ich bin mit meinem Sortiment breit und nicht tief aufgestellt.“ Heißt: Johannes Müller bietet viele Einzelstücke an, die es nicht in allen Größen und Ausführungen gibt. Er verkauft in seinem Geschäft trendige Öko-Labels und Accessoires wie Taschen und Rucksäcke aus nachhaltigem Material. Für den Frühling hat Johannes Müller zum Beispiel jede Menge Hoodies (Kapuzen-Sweatshirts) bestellt.
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Um nicht auf der kompletten Ware sitzen zu bleiben, bewirbt er seine Artikel auf Facebook und bietet während der Corona-Zeit einen Lieferservice für Hagen und Umgebung an. „Jetzt hab' ich ja Zeit. Gleich setze ich mich in mein E-Auto und bringe einen Hoodie und einen Warengutschein nach Delstern“, sagt der umweltbewusste Mann. Und fügt selbstbewusst hinzu: „Ich verkaufe keine Fast-Fashion-Produkte, die nach vier Wochen aus der Mode sind, daher werde ich weder während noch nach der Corona-Krise meine nachhaltigen Artikel zum Schleuderpreis verhökern.“