Hagen. Die Coronakrise in Hagen treibt absurde Blüten. Klopapier ist in vielen Läden ausverkauft - ein erfolgloser Selbstversuch von Sophie Beckmann.

Es ist Mittwoch, 7 Uhr in der Früh. Trotz Home-Office versuche ich, einen ganz normalen Tagesablauf beizubehalten. Zunächst gibt es eigentlich Frühstück: Doch beim Blick in die Vorratskammer fällt mir auf, dass sich mein Toilettenpapier dem Ende zuneigt. Also nutze ich die Gunst der Stunde und mache mich zu Fuß auf dem Weg zum Supermarkt. Dieser ist nur wenige Meter von meiner Haustür entfernt. Allerdings verrate ich Ihnen schon vorab, dass die Suche nach Klopapier sich schwieriger gestaltet als gedacht.

7.30 Uhr: Schnell eine Winterjacke überwerfen, das Portemonnaie in die Hand und los. Ach, halt Stopp; der Haustürschlüssel. Noch einmal flott zurück; jetzt habe ich aber alles. Der eher kleine Rewe auf Emst ist schon kurz nach Ladenöffnung gut besucht. Viele ältere Menschen nutzen den Morgen, um mit Enkeln, Bekannten oder anderen Verwandten ihre Einkäufe zu erledigen. „Kannst du mir noch eine Packung Toast einpacken?“, hört man aus einer Ecke. Der Mindestabstand zwischen den Kunden wird hier nicht so wirklich eingehalten. Alle laufen aneinander vorbei, viele steuern auf zwei ganz bestimmte Gänge zu: Mehl und Toilettenpapier. Doch die Hoffnung, noch eine Packung zu ergattern, ist schnell verflogen. Denn die Regale sind leer. Laut Aussage der Mitarbeiter kommt die Ware erst noch. Aber auch dann sollte man schnell sein.

Enttäuschung in der Hagener Innenstadt

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7.45 Uhr: Wieder zuhause angekommen, setze ich mich dann endlich an den Frühstückstisch und bereite mich auf den Arbeitstag vor. In meinem Kopf schwirrt allerdings die ganze Zeit die Frage, ob ich heute überhaupt noch etwas bekomme, wenn ich erst wieder gegen Mittag auf die Suche gehe. In der Hoffnung, dass die Menschen nicht direkt wieder alles leer kaufen, verlasse ich mich auf mein Bauchgefühl und beschließe, erst gegen 13 Uhr meine Suche fortzusetzen.

13.30 Uhr: Mein Weg führt mich in die Innenstadt. Ich laufe zum Drogeriemarkt Müller am Friedrich-Ebert-Platz. Die Enttäuschung lässt jedoch nicht lange auf sich warten. Schon vom Weiten sehe ich mehrere Schilder. Separate Ein- und Ausgänge. „Bitte nutzen Sie den Eingang hier“, sagt eine Mitarbeiterin und zeigt auf die linke Tür der Drogerie. So wie alle Mitarbeiter bei Müller trägt auch sie Handschuhe.

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Ein weiteres Schild hat den Aufdruck: „Toilettenpapier ist ausverkauft!“ Der Zettel sieht alt aus. Also frage ich nach: „Entschuldigung, haben Sie noch Klopapier?“ -- „Nein.“ Aber die nette Mitarbeiterin gibt mir einen guten Tipp: „Die besten Chancen haben Sie dienstags und freitags, da bekommen wir Ware. Allerdings ist um 10 Uhr meist alles wieder weg. Kommen Sie früh.“

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    Auch im Edeka erfolglos

    13.47 Uhr: Auf zu Rossmann in der Rathaus-Galerie. Als ich die Galerie betrete, ist es schon fast gespenstisch, so leer ist es. Vieles ist mit rot-weißen Band abgesperrt. Lediglich ein Gang, der direkt zu Rossmann führt, ist freigegeben. Auf meinem Weg kommt mir nur eine einzige Frau entgegen. Sie trägt Handschuhe und einen schwarzen Mundschutz. Das löst irgendwie ein komisches Gefühl in mir aus. Bei Rossmann steuere ich direkt auf das Toilettenpapier zu. Eine weitere Kundin kommt mir hinterher. „Immer noch leer“, sagt sie und lacht. Ich muss zugeben, sie ist die Erste, die mir begegnet und nicht sauer über die leergeräumten Regale ist.

    Inhaber Dominik Henschen vor leeren Regalen und Paletten.
    Inhaber Dominik Henschen vor leeren Regalen und Paletten. © Michael Kleinrensing

    14 Uhr: Ohne ein Paket Klopapier unterm Arm geht es für mich also zurück zum Auto. Mein nächstes Ziel: Der Edeka Henschen in der Zollstraße. Schon als ich auf den Parkplatz fahre, sehe ich Absperrband und Security. Detlev und Dominik Henschen, Geschäftsführer des Markts, erklären, dass es seit dieser Woche neue Beschränkungen gibt: „Maximal 50 Leute dürfen gleichzeitig einkaufen. Daher stehen draußen auch nur noch 50 Einkaufswagen, und jeder muss sich einen nehmen.“

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    Z unächst dachte ich, dass ich diesmal Glück hätte, denn heute gab es Ware. Doch Pustekuchen. Das Toilettenpapier-Regal ist vollkommen leer, und auch im Mehl- und Hefe-Regal herrscht Ebbe. „Innerhalb von 45 Minuten war alles weg“, sagt Dominik Henschen. Immerhin gibt es noch Seife und sogar ein paar Pakete Nudeln sind noch da.

    Die letzte Chance: Suche beim Discounter

    14.21 Uhr: Letzter Versuch – der Aldi-Markt am Wasserlosen Tal. Doch auch hier sieht es mau aus, zumindest wenn es um Toilettenpapier geht. Eine wütende Kundin steht neben mir: „Die Menschen sind doch bekloppt“, murmelt sie. „Ich suche seit vier Wochen nach Klopapier – vergeblich.“ – „Da ist ‘s bei mir noch harmlos“, denke ich. Immerhin gibt es noch Milch, da nehme ich doch direkt mal drei Liter mit.

    14.47 Uhr: Ich bin wieder zuhause angekommen; zwar ohne Toilettenpapier und Mehl, aber immerhin Milch und Nudeln konnte ich auf meiner Einkaufsliste abhaken. Wenigstens ein kleiner Erfolg. Vielleicht versuche ich es für den Rest morgen noch einmal in der Früh, und ansonsten befolge ich den Rat der Müller-Mitarbeiterin und werde die Erste sein, die am Freitag um 9 Uhr in der Drogerie steht.