Hagen. Mit einer gesunden Balance aus Nähe und Distanz agieren die Ehrenamtlichen im Team des Ambulanten Hospizdienstes der Caritas.
Es gab diesen Mann. Er grummelte, er brummte missmutig vor sich hin. Er galt im Team als unfreundlich, und irgendwie gelang es niemandem, an ihn heranzukommen, zu dem vorzudringen, was ihn kurz vor seinem Tode wirklich bewegt. Dann aber kam der Tag, als der Mann noch einmal aufblühte. Es war der Tag, an dem Güler Ebren ihn traf. Sie sprach ihn auf Türkisch an, in seiner Muttersprache. Er lächelte. Er erzählte. Er erlebte ein paar schöne Stunden. Es war der letzte Besuch. Wenige Tage später war er tot.
Kursus nach Ostern
Nach den Osterferien startet der nächste Kursus für Menschen, die sich ehrenamtlich für das ambulante Hospiz engagieren wollen.
Interessenten können sich wenden an den Ambulanten Hospizdienst, 8089180 oder an hospiz@caritas-hagen.de. Weitere Infos auch unter www.caritas-hagen.de
Gülen Ebren, 44 Jahre alt, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Ambulanten Hospizdienstes der Caritas Hagen. „Man hat sofort gemerkt – das passt“, sagt Barabara Drepper, die den Mann mit türkischen Wurzeln zuvor so oft allein besucht hatte und der es trotz aller Mühen nicht gelungen war, einen vertrauensvollen Kontakt aufzubauen. „bei Gülen war das vom ersten Augenblick an anders.“
Ehrenamtliche mit türkischem Migrationshintergrund
Darauf kommt es auch an in der Hospizarbeit – dass die Chemie stimmt zwischen jenen, die sich ehrenamtlich engagieren und jenen, die in ihrem letzten Lebensabschnitt Unterstützung und Zuspruch brauchen. Die Chemie stimmte – was in diesem Fall auch daran liegen mag, dass Gülen Ebren und jener Mann, den sie gleich bei ihrem ersten Besuch traf, dieselbe Sprache sprachen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne.
Gülen Ebren ist die erste Ehrenamtliche mit einem türkischen Migrationshintergrund. Das eröffnet der so wichtigen Arbeit der Caritas mit einem mal ganz neue Möglichkeiten. „Ich sehe mich schon als jemanden, der Brücken in einen anderen Kulturkreis bauen kann“, sagt die 44-Jährige, die als Projekt-Managerin bei der Energie-Agentur NRW arbeitet und jetzt ihre Arbeitszeit reduziert hat. „Ganz bewusst, „weil ich mich um meine 83-jährige Mutter kümmern möchte und weil ich Freiraum brauche für mein ehrenamtliches Engagement.“
Nachbarschaft und Familie im Trauerfall eingebunden
Dabei, so betont die 44-Jährige, unterscheiden sich türkischstämmige Familien im Grunde kaum von anderen, um die sich der ambulante Hospizdienst kümmert. „Die Emotionen in dieser Phase sind doch dieselben. Trauer, Schmerz und Angst spielen eine Rolle“, sagt Gülen Ebren, „im Trauerfall sind Familie und Nachbarschaft vielleicht etwas stärker eingebunden. Es bildet sich sofort eine Gemeinschaft, die dafür Sorge trägt, dass die betroffene Familie nach Kräften unterstützt wird – es wird gekocht, jemand ist für die Kinder da.“
Der Entschluss, sich für das ambulante Hospiz zu engagieren, ist bei Gülen Ebren ganz bewusst gefallen. „Ich habe einen Radiospot gehört, in dem die Caritas für das Engagement geworben hat“, sagt sie, „ich habe mich dafür entschieden. Ich glaube, dass ich selbst Kraft aus dieser Arbeit ziehen kann. Sie erweitert den eigenen Horizont.“
Kurse und Austausch helfen den Ehrenamtlichen
Das erlebt auch Klaus Grieser so, der sich bereits seit drei Jahren einbringt. „Jeder kann für sich entscheiden, wie viel Zeit er aufbringen kann und möchte“, sagt der 55-Jährige, der schon für die Telefonseelsorge, den Kinderschutzbund und die Aidshilfe gearbeitet hat: „Ich hatte am Anfang Angst davor, mich mit dem Thema Tod auseinanderzusetzen. Irgendwann war dann die Zeit reif dafür.“
In einem Kursus werden die Ehrenamtlichen vorbereitet auf das, was sie erwartet. „Das ist sehr intensiv und sehr schön zugleich“, sagt Gülen Ebren, „man erfährt sehr viele Dinge über sich selbst. Dinge, die man tief in sich trägt und über die man sich vielleicht keine Gedanken.“ Die Kurse und der Austausch im Team helfen den Ehrenamtlichen, die richtige Balance zu finden zwischen Nähe und Distanz. „Man muss auch Nähe zu lassen können“, sagt Klaus Grieser. „Wie weit das geht, muss jeder für sich ausloten. Wir müssen uns aber über unsere Rolle klar sein. Wir sind nicht diejenigen, die korrigierend eingreifen, wenn etwas mal nicht so läuft, wie es das nach unserer Vorstellung müsste.“