Hagen. Die Armaturenfirma Ebro in Hagen-Haspe hat einen Techniker fristlos entlassen. Er hat geraucht, ohne sich zur Raucher-Pause auszustempeln.
Nur eine kurze Zigarette – doch während der Arbeitszeit? Das kann riskant werden. Die Armaturenfirma Ebro (Haspe) hat einen Produktions-Techniker (54) fristlos entlassen, weil er geraucht hat, ohne sich zur Raucher-Pause auszustempeln. Das Arbeitsgericht muss nun klären, ob das ausreicht, einen Mitarbeiter an die frische Luft setzen zu können. (Az. 3 Ca 147/20).
Das Thema „Rauchen im Betrieb“ ist in den vergangenen Jahren heikler geworden. Während früher noch ganz ungeniert am Arbeitsplatz gepafft werden durfte, werden Nichtraucher inzwischen durch strenge gesetzliche Bestimmungen vor dem „blauen Dunst“ ihrer Kollegen geschützt. Auch bei Ebro, einem international führenden Hersteller von Industriearmaturen mit weltweit mehr als 1000 Mitarbeitern, waren die Glimmstängel lange Zeit ein großes (Streit-)Thema.
Raucherpausen gelten nicht als Arbeitszeit
Bis zum 1. Dezember 2018, als dort eine Betriebsvereinbarung zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat in Kraft trat. Darin wurde genau geregelt, dass nur in dafür eigens ausgewiesenen „Raucherzonen“ gequalmt werden darf. Und vor allem, dass Raucherpausen nicht als Arbeitszeit gelten und sich deshalb alle Beschäftigten, die sich eine Kippe anzünden möchten, zuvor am Arbeitszeit-Erfassungsgerät ausstempeln müssen.
Dann dieser Fall: Techniker D., ein leidenschaftlicher Raucher, war Anfang des Jahres aus dem Winterurlaub zurückgekehrt. Auf dem Ebro-Firmengelände an der Karlstraße 8, hinter der Produktionshalle, befindet sich eine Freifläche, die intern als „ehemaliges Gasflaschenlager“ bezeichnet wird. Dort hatten während seiner Abwesenheit die Mitarbeiter eine Gitterbox mit Metallabfällen und verschiedene Ölfilter abgestellt. Am 14. Januar wollte sich der Techniker, zugleich angehender Sicherheitsbeauftragter, über die Situation vor Ort einen genauen Überblick verschaffen: Wieviel Schrott liegt da rum? Wie viele Leute werden am nächsten Tag gebraucht, um den Platz aufzuräumen?
Kein Rechtsanspruch auf uneingeschränktes Rauchen
Das nordrhein-westfälische Justizministerium erklärt, ein Rechtsanspruch darauf, am Arbeitsplatz uneingeschränkt rauchen zu dürfen, lasse sich wohl weder aus der im Grundgesetz festgelegten allgemeinen Handlungsfreiheit noch aus einfachen gesetzlichen Regelungen herleiten.
Allerdings könne der Arbeitgeber den rauchenden Beschäftigten entgegenkommen, indem er Raucherzonen einrichte.
Zu klären ist in diesem Zusammenhang, inwiefern die Raucherpausen als Arbeitszeit gewertet werden. Bei Regelungen zum Rauchverbot sei das Mitbestimmungsrecht des Betriebs- bzw. Personalrats zu beachten.
Und dann passierte es: Während sich der Techniker „in Erledigung seiner Arbeit“ – so sein Anwalt Steffen Müller (Iserlohn) – auf der Freifläche befand, zückte er eine Schachtel Zigaretten und zündete sich einen Glimmstängel an. Auf sein Fehlverhalten angesprochen, soll er knapp erwidert haben: „Ja, ja, ich mach’ sie schon aus.“
Das vierte Vergehen
Arbeitgeber Ebro erkennt in dem Vorfall einen klaren Arbeitszeitbetrug: Das Rauchen unter freiem Himmel auf dem Platz sei doch nichts anderes als eine Raucherpause gewesen. Dafür hätte sich der Mitarbeiter ausstempeln müssen. Bereits zum vierten Mal sei er erwischt worden. Zwei Abmahnungen lägen bereits vor. Deshalb wurde die fristlose Kündigung ausgesprochen.
Mehrfach entschuldigt
Arbeitsrechtler Müller sieht das anders: „Mein Mandant ist seit 2008 in dem Unternehmen beschäftigt. Er hat während der Arbeit geraucht, deshalb war das auch kein Arbeitszeitbetrug. Übrig bleibt nur der Vorwurf, dass er an einem Ort geraucht hat, wo er nicht rauchen durfte.“ Für eine fristlose Entlassung reiche das aber nicht: „Er weiß, dass er einen Fehler gemacht hat und hat sich mehrfach dafür entschuldigt. Eine Kündigung ist unverhältnismäßig hart.“
Der Gütetermin scheiterte. Die 3. Kammer des Arbeitsgerichts wird am 5. August die Raucher-Geschichte verhandeln und vielleicht auch entscheiden müssen. Vorsitzender Richter ist Direktor Jürgen Schlösser. Er sagt: „In diesem Fall ist vieles unstreitig. Außer, ob der Kläger nur zum Rauchen dort war – oder auch zum Arbeiten.“