Hagen-Mitte. Allein 2019 wurden neun Fußgänger am Bahnhof angefahren. Würden die alten hagener Unterführungen heute wieder etwas bringen? Ein Stimmungsbild.

Da standen immer diese fliegenden Händler. Wrestling-T-Shirts, Fußball-Schals und Pullis mit den Logos von Heavy-Metal-Bands lagen auf ihren Tischen oder auf Decken. Die Fliesen waren dunkel, das Licht kalt und es roch, mal latent und mal fies, nach Urin. In den Augen mancher Betrachter waren die Hagener Unterführungen am Bahnhof und am Friedrich-Ebert-Platz das, was in der heutigen Diskussion locker als „Angstraum“ durchgehen würde. Nichtsdestotrotz: Für viele Menschen, das zeigt eine Umfrage unserer Zeitung, waren die Tunnel Kult. Und manche gehen sogar so weit zu sagen, dass sie heute wieder sinnvoll wären.

Menschenansammlung vor der Unterführung am Bahnhofsvorplatz. Das genaue Datum ist unbekannt.  
Menschenansammlung vor der Unterführung am Bahnhofsvorplatz. Das genaue Datum ist unbekannt.   © Stadtarchiv Hagen

Es gab einst zwei Unterführungen in der City. Die eine führte von der ehemaligen Horten-Filiale (heute Haupteingang von „Sinn“) sowohl unter der Badstraße hindurch Richtung „Langer Oskar“ (einstiger Sparkassen-Turm, der 2004 gesprengt wurde. Heute steht dort das Sparkassen-Karree) und auch hinüber Richtung altem Standort des Mataré-Brunnens (heute zwischen Stadtfenster und Friedenszeichen). Da Busse und Fahrzeuge noch durch die Kampstraße und am alten Rathaus vorbeirollten, sollten Fußgänger auf diese Weise unfallfrei und sicher auf die jeweils anderen Straßenseiten gelangen.

Ähnlich war das am Graf-von-Galen-Ring, wo die Unterführung das Ende der Bahnhofstraße und den Berliner Platz (Bahnhofsvorplatz) miteinander verband. Gerade diese einstige Unterführung scheint in den Augen vieler heute sinnvoll, um den vielbefahrenen Innenstadtring zu unterqueren. Wie berichtet wurden allein 2019 neun Fußgänger hier verletzt.

Vor der ehemaligen Horten-Filiale konnten Fußgänger in den Untergrund gehen.
Vor der ehemaligen Horten-Filiale konnten Fußgänger in den Untergrund gehen. © Stadtarchiv Hagen

„Am Bahnhof wäre es sinnvoll“, findet User Jürgen Schmidt. „Vielleicht hätte der ein oder andere Personen-Unfall vermieden werden können, auch der Straßenverkehr würde zu manchen Zeiten heute besser fließen, wenn die Ampelanlage somit überflüssig wäre“, findet Kira Mahony, schränkt aber auch ein: „Große Sorge macht mir der Gedanke an Überfälle oder Belästigungen.“

Reaktivierung sinnlos

„Beide Unterführungen sind Ende der 90er- und Anfang der 2000er-Jahre verfüllt worden“, erklärt Stadt-Pressesprecher Michael Kaub. Es mache keinen Sinn mehr, sie zu reaktivieren, zumal die Schächte auch zum Verlegen von Versorgungsleitungen genutzt worden seien. Ein Teil der Unterführung am Bahnhof sei für die heutige Tiefgarage dort genutzt worden.

„Selbst wenn sie noch existieren würden, wären es Angsträume“, sagt Kaub. Am Graf-von-Galen-Ring werde durch die Bahnhofshinterfahrung ohnehin eine Reduzierung des Verkehrs um 50 Prozent erwartet.

Eine Aufnahme, die den Bau der Unterführung im Bereich Kampstraße/Ebert-Platz zeigt. Vermutlich Ende der 50er-Jahre.
Eine Aufnahme, die den Bau der Unterführung im Bereich Kampstraße/Ebert-Platz zeigt. Vermutlich Ende der 50er-Jahre. © Stadtarchiv Hagen

So sieht es heute an der Stelle aus, wo einst der Eingang in die Unterführung lag.
So sieht es heute an der Stelle aus, wo einst der Eingang in die Unterführung lag. © Michael Kleinrensing

Die Unterführungen am Ebert-Platz waren auch für den Bau der neuen Hagener Innenstadt verfüllt worden, womit Fördergelder verbunden waren, die wahrscheinlich bei einer Reaktivierung wieder zurückgezahlt werden müssten.

Hn der Bahnhofstraße ging man hinunter in die Unterführung.
Hn der Bahnhofstraße ging man hinunter in die Unterführung. © Stadtarchiv Hagen