Boele. Der Rosensonntagszug in Boele ist abgesagt, doch ein Ersatz-Termin wahrscheinlich schon gefunden.

Sturmtief „Yulia“ machte den Jecken gestern einen Strich durch die Rechnung. Der beliebte Boeler Karnevalszug, zu dem traditionell 30.000 bis 40.000 Besucher kommen, wurde am Vormittag von den Organisatoren, Ordnungsamt, Polizei und Feuerwehr abgesagt.

„Besonders leid tut es uns für Andreas I. und Nora l. sowie für Alexander lV. und Emelie l, die amtierenden Oberloßrock- und und Oberloßrock-Nachwuchspaare. Die Sicherheit von euch und den Zugteilnehmern geht vor“, erklärten die Boeler Loßröcke, Veranstalter des Zuges, um 11 Uhr vormittags in einer Stellungnahme.

Zahlreiche Varianten vor dem Zug noch durchgespielt

„Wir haben zahlreiche Varianten mit allen Beteiligten durchgespielt“, erklärt Gil Kuntze, Geschäftsführer der Boeler Loßröcke. „Wir haben darüber nachgedacht, den Zug zu verkürzen, bestimmte Wagen nicht fahren zu lassen oder den Zug später oder früher losrollen zu lassen. Aber immer wieder sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass das Risiko einfach zu hoch ist.“

Eine besonders schwierige Situation hätte sich nahe des Boeler Krankenhauses ergeben. Zum einen feiern dort traditionell viele Jugendliche und der Punkt wird angesichts des hohen Alkoholkonsums von der Polizei ohnehin schon immer mit höchster Vorsicht und Sensibilität beobachtet. „Dazu kommt aber, dass der Park rund um das Ehrenmal an der Osthofstraße ein gefährlicher Ort bei diesem Wind ist. Dort halten sich dann auch viele Personen auf und man kriegt diesen Park nicht so durchgängig gesperrt, dass man Sicherheit garantieren kann“, so Kuntze.

Trotz des schlechten Wetters zogen viele Jecken durch die Straßen zu Partys, die im Trockenen gefeiert wurden.
Trotz des schlechten Wetters zogen viele Jecken durch die Straßen zu Partys, die im Trockenen gefeiert wurden. © Michael Kleinrensing

Polizei schwer beschäftigt mit 200 Jugendlichen am Krankenhaus

Dass der Punkt schwierig ist, bestätigte sich nach der Absage des Zuges. Zunächst wollte eine Gruppe von rund 200 Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahren den Bereich am Krankenhaus nicht verlassen, so dass die Osthofstraße gesperrt wurde und eine Hundertschaft der Polizei zum Einsatz kam. Zehn Personen wurden in Gewahrsam genommen, 130 Platzverweise ausgesprochen. Bei einem 17-Jährigen konnten geringe Mengen an Betäubungsmitteln festgestellt werden. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ebenfalls ein Ermittlungsverfahren wurde gegen einen 23-jährigen Hagener eröffnet, nachdem er Polizeibeamte beleidigt hat. Später zog die Gruppe Richtung Boeler Zentrum weiter und wuchs an. Die Hundertschaft kontrollierte das Geschehen weiter. Zu Ausschreitungen kam es nicht.

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Während die Enttäuschung bei vielen Jecken im Stadteil angesichts des ausgefallenen Zuges groß war, ist ein Ersatz-Termin für den Jubiläumsumzug (die Loßröcke feiern in diesem Jahr ihr 70-jähriges Bestehen) wahrscheinlich schon gefunden. „Wir haben den 9. Mai ins Auge gefasst“, bestätigt Bastian Thimm, Adjutant der Loßröcke, auf Nachfrage der WP. Eigentlich steht an besagtem Samstag die Boeler Rocknacht auf dem Veranstaltungsprogramm. „Anstelle des Schlagerabends am Freitag, 8. Mai, könnte an diesem Abend die Rocknacht im Festzelt auf dem Hilgenland stattfinden. Der Samstag, 9. Mai, wäre somit frei für den heute ausgefallenen Umzug durch die Boeler Straßen, danach könnte dann eine After-­Zug-Party im Zelt gefeiert werden“, so Thimm zu diesem Gedankenspiel. Im Boeler Amtshaus, wo am späten Mittag die Schlüsselübergabe stattfand, wurde der Ersatz-Termin begrüßt.

Finanzieller Schaden für die Boeler Loßröcke noch unklar

Apropos Amtshaus: Bislang war wohl keine Veranstaltung, in der der Amtshausschlüssel übergeben wurde, so emotional wie die gestrige: Bezirksbürgermeister Heinz-Dieter Kohaupt übergab schließlich nicht an irgend wen den goldenen Bürgerschlüssel, sondern an seinen eigenen Sohn Andreas und seine Schwiegertochter Nora. Andreas I. stand mit Tränen in den Augen im Amtshaus-Flur, begleitet von seiner Frau Nora, die im achten Monat schwanger ist und auch sichtlich traurig über den Verlauf des Tages war. „Hier steht meine Familie“, sagte Heinz-Dieter Kohaupt mit brüchiger Stimme, „eigentlich ist es das Schönste auf der Welt, einmal Oberloßrock in Boele zu sein und den Zug anzuführen - und jetzt dieses Mist-Wetter.“

Unschöne Szenen: Eine Hundertschaft der Polizei muss über 200 Jugendliche mit Nachdruck dazu bringen, die Osthofstraße frei zu machen.
Unschöne Szenen: Eine Hundertschaft der Polizei muss über 200 Jugendliche mit Nachdruck dazu bringen, die Osthofstraße frei zu machen. © Michael Kleinrensing

Völlig unklar ist zurzeit noch, welcher finanzielle „Schaden“ den Loßröcken entsteht. Genehmigungen, Wagenbau, engagierte Kapellen. „Das kann man jetzt noch nicht sagen“, so Kuntze, „wichtig ist erstmal, dass die Sicherheit für alle Menschen größten Vorrang hat“.

Karnevalszug in der Hagener Innenstadt soll stattfinden

Nach derzeitigem Stand findet der Karnevalsumzug in der Innenstadt heute statt. „Wie es bislang aussieht, soll es windig, aber nicht mehr stürmisch werden“, sagt Moritz Padberg, 1. Vorsitzender des Festkomitee Hagener Karneval. Vor allem die Zeit, in der die Wagen, Musik- und Fußgruppen durch die Straßen ziehen – 14 bis 17 Uhr – soll recht friedlich ausfallen. „Wir gehen davon aus, den Zug stattfinden zu lassen“, so Padberg weiter

Padberg erinnert sich an 2016 zurück, damals wurde der Umzug aufgrund einer Sturmwarnung abgesagt. Außerdem wurde der Rosenmontagszug 1990 aufgrund eines Sturmes (wurde an Himmelfahrt nachgeholt) sowie 1991 aufgrund des Golf-Krieges abgesagt.