Hagen. Wird Umwelt- und Ordnungsdezernent Thomas Huyeng im Amt bleiben? In der Hagener Politik gibt es ein geteiltes Echo.
Nicht bloß wegen der Kommunalwahl wird 2020 zu einem Jahr richtungsweisender politischer Entscheidungen: Denn neben den Weichenstellungen für den Rat läuft im September auch der Acht-Jahres-Vertrag von Dezernent Thomas Huyeng (Vorstandsbereich für Recht, Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Bürgerdienste, Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz) aus. Über eine mögliche Vertragsverlängerung muss im Frühjahr entschieden werden. Der 59-jährige Amtsinhaber selbst hatte 2018 in einem W-Interview selbstbewusst erklärt: „Ich möchte nach Ablauf meiner Wahlzeit im Jahr 2020 wieder als Dezernent durch den Rat bestellt werden. Und ich glaube auch, dass ich in Hagen meine Arbeit so mache, dass das gelingen wird.“
Bleibt Thomas Huyeng Dezernent?: Die Meinung der Fraktionen
„Es ist jetzt zunächst einmal geboten, dass der Amtsinhaber seinem Dienstherren und dem Rat zeitnah mitteilt, ob er für weitere acht Jahre für das Wahlamt des Hagener Rechts- und Umweltdezernenten zur Verfügung steht und sich somit erneut zur Wahl stellen will.“ Erst nach einem solch eindeutigen Signal könnten die Fraktionen unter- und miteinander darüber beraten, ob sie eine weitere Amtszeit befürworten oder ablehnen. Rein inhaltlich habe der Rat die wesentlichen Weichen für einen besseren Klima- und Umweltschutz in Hagen gestellt, jetzt gehe es um die Umsetzung, schauen die Genossen weniger auf Parteibuchfarben als auf Inhalte. „Die politische Stimmung im Land oder auch in Hagen verlangt nicht nach Dezernenten mit politischer Nähe zu den Grünen, sondern nach sichtbaren Taten und Erfolgen. Dass dies geschieht, liegt in der Verantwortung des Oberbürgermeisters und seiner Dezernenten, egal welcher politischen Farbe sie zuzuordnen sind.“Dabei schließen die Genossen angesichts der anstehenden Verkleinerung von Rat und Bezirksvertretungen sowie des Personaldrucks im Rathaus eine Ausweitung des Dezernentenkollegiums aus. „Dies wäre ein Schlag ins Gesicht von Politik und Belegschaft, die mit selbst auferlegten oder aber vorgegebenen Sparzwängen gegen den städtischen Schuldenberg ankämpfen.“
„Thomas Huyeng hat in seinem Funktionsbereich gute Arbeit geleistet und wichtige Akzente in der Umwelt- und Sicherheitspolitik für unsere Stadt gesetzt“, betont CDU-Fraktionschef Stephan Ramrath. In seiner Funktion als Ordnungsdezernent habe er das Thema Problemimmobilien mustergültig und landesweit beachtet bearbeitet und so teilweise sehr angespannte Nachbarschaften wieder befriedet. Das Zusammenspiel aus einem deutlich schärferen Bußgeldkatalog, den Waste Watchern und einer schärferen Ahndung von Umweltdelikten sei ein weiteres Erfolgsprojekt, plädiert der CDU-Frontmann für eine zweite Amtszeit und will sich um breite Mehrheiten für dieses Votum bemühen. Parallel dazu kann sich Ramrath aber auch vorstellen, einen Beigeordneten mit Nähe zu den Grünen im Verwaltungsvorstand zu platzieren. „Es sind aber auch andere Modelle vorstellbar, um das auch in unserer Stadt gewachsene Gewicht der Grünen in der Verwaltungsspitze abzubilden. Hierüber werden wir mit den anderen Fraktionen offene und faire Gespräche führen.“ Grundsätzlich stehe die CDU einer Erweiterung des Dezernentenkollegiums nicht strikt ablehnend gegenüber. „Ein neuer Dezernent muss kein Volljurist sein. Wichtiger ist eine herausragende Expertise in Umwelt- und Verkehrsthemen“, bevorzugt die CDU eine klare Lösung im Rahmen der bestehenden Dezernate mit Anpassungen der Fachzuschnitte.“
„Die Hagener Grünen wünschen sich derweil sehrwohl einen Umweltdezernenten, „der die zukünftigen Herausforderungen im Umweltbereich aktiv angeht, eigene Impulse setzt und die Mobilitäts- und Energiewende und den Umweltschutz mit voller Kraft vorantreibt“. Allerdings möchte die Fraktion erst das Gespräch mit den übrigen Parteien suchen, um letztlich zu einer breit getragenen Lösung für die Personalfrage zu kommen. Grundsätzlich vertritt Fraktionssprecher Jochen Riechel die Position: „Die Zusammensetzung des Verwaltungsvorstandes berücksichtigt derzeit nicht die gestiegene Bedeutung und das gewachsene politische Gewicht der Grünen. Ein Dezernent (oder eine Dezernentin) im Verwaltungsvorstand, der zumindest der Grünen-Programmatik nahesteht und der eine klar ökologisch ausgerichtete Vita mitbringt, könnte dem Umweltthema in der Stadt den bislang vermissten aber vor dem Hintergrund der Umweltprobleme zwingend notwendigen Schub verschaffen.“ Vorrangig müsse ein Dezernent in dem Ressort kein Jurist sein, sondern eine ausgewiesene Kompetenz im Bereich Umwelt mitbringen, die ihn in die Lage versetze, die anstehenden Umweltprobleme sachgerecht anzugehen und die vorliegenden Konzepte zeitnah umzusetzen.Vor dem Hintergrund der anstehenden Mobilitäts- und Energiewende und der zunehmenden Bedeutung des Querschnittthemas Umwelt könnten die Grünen sich daher auch vorstellen, das Dezernenten-Kollegium zu erweitern.“
„Die Fraktionsgemeinschaft aus Bürgern für Hohenlimburg und Piraten lehnt es ab, Dezernent Huyeng „öffentlich ein wie auch immer geartetes Arbeitszeugnis auszustellen. Man kann sicherlich nicht behaupten, dass Herr Huyeng durchweg eine glückliche Hand in seinem Zuständigkeitsbereich hatte“, möchte Fraktionsgeschäftsführer Frank Schmidt diese Einschätzung aber auch nicht als Ablehnung für eine zweite Amtszeit verstanden wissen. „Für uns ist nicht die Nähe zu einer Partei, sondern die fachliche Qualifikation für die Besetzung einer Stelle ausschlaggebend. Einem guten Dezernenten merkt man die Nähe zu einer Partei nicht an. Wenn die Grünen einen ihnen verbundenen Dezernenten einfordern, zeigt das letztlich nur, dass auch in dieser Partei in den vergangenen Jahrzehnten viel Idealismus auf der Strecke geblieben ist. Stattdessen wird fleißig im kommunalen Postengeschacher mitgemischt.“ Vor diesem Hintergrund kommt ein weiteres Dezernat für die Fraktion auch nicht in Frage.“
„Thomas Huyeng hat gerade im Bereich der öffentlichen Ordnung deutliche Erfolge erzielt, die mittlerweile zum Beispiel in Wehringhausen auch sichtbar werden. In anderen Bereichen sehen wir noch Potenzial nach oben“, kündigt FDP-Fraktionschef Claus Thielmann entsprechende Gespräche mit den Allianzpartnern und dem Dezernenten an. Eine Notwendigkeit, angesichts des Erstarkens der Grünen dies auch im Hagener Dezernentenkollegium abzubilden, sieht der Liberalen nicht: „Würden aktuelle Umfragewerte hier eine entscheidende Rolle spielen, hätte man auch die erneute Besetzung der einflussreichen Position des Stadtbaurates mit einem Sozialdemokraten in Frage stellen müssen.“ Zwar sieht auch die FDP die Notwendigkeit, mit Blick auf eine nachhaltige Verkehrsentwicklung, den Umweltbereich zu stärken. Ein weiteres Ressort sei angesichts der Finanzlage der Stadt allerdings das falsche Signal.“
„Die AfD habe von Beginn an auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Dezernenten gesetzt, reklamiert Fraktionschef Michael Eiche für sich, dass immer Hagen als Ziel für ihn im Fokus stehe. Fragestellungen nach der Zukunft eines Dezernenten hält er „für unangebracht und kontraproduktiv.“ Eine gute Zusammenarbeit mit einem Dezernenten aus dem Umfeld der Grünen sei aus Sicht der AfD ebenfalls nicht ausgeschlossen. „Es hängt maßgeblich von der jeweiligen Person ab. Sie müsste uns nur das Gefühl geben, in erster Linie den Bürgern der Stadt zu dienen und nicht ihrer Partei“, meint Eiche. Die AfD werde Dezernenten stets nach ihrer Qualität beurteilen“
„Klare Rückendeckung erhält Thomas Huyeng von den Linken: „Er hat sich in seinen Fachbereich eingearbeitet und das notwendige Fachwissen in den Jahren angeeignet“, sieht Fraktionschefin Elke Hentschel auch keine Notwendigkeit, die Hagener Dezernenten-Riege zu erweitern. „Sinnvoll wäre es allerdings, in den Bereichen Verkehrs- und Umweltpolitik interkommunal mit anderen Städten zusammenzuarbeiten.“ Ein fünfter Dezernent in Hagen auf dem Ticket der Grünen sei letztlich bloß ein Geschenk an die Grünen für die Unterstützung der Schulz’schen OB-Kandidatur.“
„Obwohl die anstehende Vertragsverlängerung eines Wahlbeamten für die Hagener Bürgerschaft von entscheidender Bedeutung ist, lehnt Hagen Aktiv mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen es ab, im Vorfeld Personalangelegenheiten öffentlich zu diskutieren. Für die Wählergemeinschaft gelte jedoch der Grundsatz, dass Personalentscheidungen niemals vom Parteibuch, sondern immer von der Eignung für das Amt abhängig gemacht würden. Eine Ausweitung des Dezernenten-Kollegiums lehnt die Fraktion aus finanziellen Grünen ab. Sie weist jedoch darauf hin, dass bei einer eventuellen Neuwahl des Dezernenten nicht bloß ein Volljurist, sondern auch „umfassende Kenntnisse im Umweltrecht“ gefordert seien.“
Ob diese Einschätzung auch die Ratsfraktionen teilen, hat angesichts der in wenigen Wochen anstehenden Entscheidung die Stadtredaktion abgefragt: Genießt der CDU-Mann Huyeng tatsächlich eine breite Rückendeckung? Oder sollten letztlich die aktuellen politischen Realität mal wieder durch einen Dezernenten mit Grünen-Stallgeruch abgebildet werden? Wäre womöglich sogar die Etablierung eines weiteren Dezernenten in Hagen denkbar? Hier die Reaktionen der im Hagener Rat vertretenen Fraktionen: