Hagen. Das „Theater der Klänge“ hat in der Stadthalle das „Lackballett“ präsentiert. ein Beitrag zu „100 Jahre Bauhaus“.

Eine Dame in Rot erscheint und schreitet auf die Bühne. Alle Augen sind auf sie gerichtet, als sie beginnt… Was wie der Anfang eines spannungsgeladenen Thrillers klingt, ist in Wahrheit der Beginn des „Lackballetts“, das am Dienstag zum ersten Mal in der Stadthalle aufgeführt wurde. Ebenso nervenaufreibend erscheint auch diese Inszenierung des „Theaters der Klänge“ aus Düsseldorf, jedoch bietet sie noch viel mehr: Durch den Einsatz diverser Medien ergibt sich eine völlig neue, multimediale Komposition. Dabei wurde das Stück bereits 1941 zum ersten und einzigen Mal aufgeführt.

Sechs Figurinen

Oskar Schlemmer, der zu seiner Zeit als „entarteter“ Künstler diffamiert wurde, baute innerhalb von einem Monat mit seinem Bruder Carl sechs Figurinen, die dreieinhalb Minuten lang das „Lackballett“ tanzten. Anlässlich des 100- jährigen Bestehens des Bauhaus setzte sich das „Theater der Klänge“ erneut mit Oskar Schlemmer auseinander und erschuf die bei einem Bombenanschlag zerstörten Figurinen anhand von grafischen Darstellungen und Briefen Schlemmers neu.

65-minütige Vorstellung

Zusammen mit der Neuchoreografie, der Musik und dem Videodesign des „Theaters der Klänge“ wurde die Vorstellung auf etwa 65 Minuten erweitert.

In einem finalen Reigen werden die Material- und Farbinterpretationen rund um das Thema Lack noch einmal aufgegriffen und von den sechs Figurinen gemeinsam in skulpturalen Choreografien umgesetzt. Die fünf Akte sind mit Zitaten von Oskar Schlemmer durchsetzt: „Ich möchte eine brausende Malerei, aus Farbe geboren, aus Schatten und Licht, aus Strukturen und Gesetzen, die das Geheimnis bergen und immer wieder die innere Geschichte realisieren.”

Und nachdem das Publikum zum besseren Verständnis mit dem notwendigen Vorwissen ausgestattet worden war, begann die Performance.

Nacheinander breiten die sechs Tänzer ihre Tücher und Formen aus und versetzen die Zuschauer in andächtige Stille. Plötzlich sind die Künstler selbst die Kunstwerke in ihren aufwendig gestalteten Kostümen und doch fungieren sie gleichzeitig als Pinsel und Farbe. Denn durch eine interaktive Live-Videoszenografie werden die Tänzer und ihre Kostüme auf die Leinwand im Hintergrund übertragen. Zunächst langsam und zart, wie Nordlichter, dann immer schneller und bunter breiten sich die Lichtreflexe im Hintergrund aus.

Schule für Architektur

Bauhaus gilt als die berühmteste moderne Schule für Kunst-Design und Architektur in Deutschland. Beim Bauhaus-Stil kommen industrielles Bauen und strenge Formgebung zum Tragen. „Geometrisierendes Bauen“ ist ein typisches Kennzeichen des Bauhaus-Stils.

Auch die Stadt Hagen hat sich in den vergangenen Monaten dem Thema „100 Jahre Bauhaus“ mit Veranstaltungen, Vorträgen und Lesungen gewidmet. Auch das Hagener Theater hat das Bauhaus-Thema in der Oper „Cardillac“ aufgegriffen.

Durch Experimentieren sowohl mit Bewegungen als auch mit den Farben und Formen der Kostüme und Requisiten ergibt sich auf der Staffelei ein sich immer neu übermalendes, abstraktes Kunstwerk.

Sphärische Melodie

Elektronische Klänge spiegeln die Vorgänge auf der ansonsten völlig leeren Bühne wider: mal als Rascheln und Rauschen, mal als sphärische Melodie. Farben vermischen sich, verschwimmen, ohne flüssig zu sein und mit ihnen die Grenzen zwischen den verschiedenen Künsten Bild, Tanz und Musik. Erst als alle Sinne bis zum äußersten mit Eindrücken überflutet wurden, endet die Performance und hinterlässt die anfänglich weiße, jetzt bunte Staffelei. Ein zeitgenössisches, einzigartiges Ballett.