Hohenlimburg. Michael Koch will am Wochenende mit den „Lennebrothers“ wieder den Hohenlimburger Werkhof rocken. Die Szene brauche dringend junge Nachrücker

Am Wochenende geben die „Lennebrothers“ ihr erstes und einziges Konzert in diesem Jahr im Werkhof. Inzwischen kann Bandleader Michael Koch auf 35 Jahre als Rockmusiker zurückblicken. Ein Gespräch über Musikstreaming und warum Rockabilly mehr junges Blut braucht.

Eurer erstes Live-Album „Rock around the Firestation“ erscheint noch ganz klassisch auf CD. Solltet ihr nicht mehr auf Streamingportalen Präsenz zeigen?

Koch: Über unsere Plattenfirma läuft die Promotion über alle relevanten Kanäle, dazu gehört auch Streaming. Wir bekommen außerdem regelmäßig Statistiken, wo unsere Songs gestreamt werden. Interessantweise haben wir darüber die meisten Hörer in Mexiko.

Und die zahlen alle nix.

Aber es ist auch interessant und schön, dass zu beobachten. Es tut unserer Musik ja gut. Gleiches gilt übrigens, wenn Bands aus dem Ausland unsere Songs covern, wie etwa mit dem Song „High Class Lady“ von 1995. Wie oft ich diesen Song seitdem schon von fremden Bands gehört habe... Das ist schon toll.

Bandleader Michael Koch von den Lennebrothers zeigt stolz das erste Live-Album der Band: „Rock around the Firestation“.
Bandleader Michael Koch von den Lennebrothers zeigt stolz das erste Live-Album der Band: „Rock around the Firestation“. © Westfalenpost | Marcel Krombusch

Konntet ihr in den 35 Jahren von der Musik leben?

Als wir bis 2016 noch professionell Musik gemacht haben, da war das unser Hauptverdienst. Dafür haben wir allerdings auch bis zu hundert Auftritte im Jahr gehabt. Seit wir die „Lennebrothers“ und über 50 Jahre alt sind, ist es auch mal ganz nett, nur 50 Konzerte zu spielen. Denn viele Auftritten zu haben, das ist schon anstrengend. Wir sind in den 35 Jahren seit Bestehen knapp zwei Millionen Kilometer für Konzerte gefahren.

Wie kommen Sie auf diese Zahl?

Ich addiere einfach die Kilometerstände unserer Band-Autos, als wir die verkauft haben. Der Rekordhalter ist ein Fiat Ducato, der allein 735.000 Kilometer auf dem Tacho hatte.

Hat „Rock n’ Roll“ sein rebellisches Image verloren?

Ja, denn wenn man ehrlich ist, gibt es unter den Jugendlichen heute keine Rebellen mehr. Früher gab es Punks, Skinheads, Rocker – und heute trifft sich die Jugend zum Spieleabend. Sie hören zwar Rapmusik, aber sie „leben“ die Musik nicht mehr. Früher war es so, wenn du Rockabilly gehört hast, hattest du eine Locke, trugst Jeans und eine Jacke mit US-Südstaaten-Fahne. Dank jungen Bands wie „Matchbox“ hatte Rockabilly-Musik zudem ein Revival, als wir jung waren. Die haben in den Charts eine Rolle gespielt. Solche Bands fehlen heute.

Wie könnte sich das ändern?

Um heute Jugendliche dazu zu bringen, Rockabilly zu hören, müsste mal wieder eine Band auftauchen, die Rockabilly-Musik macht und einen Draht zur Jugend hat.

Könnten die „Lennebrothers“ so ein Act sein?

Bei uns ist der Zug abgefahren, wir sind zu alt. Das müssten 18- bis 25-Jährige sein, von denen Jugendliche sagen, dass die cool sind. Solche jungen Bands und Künstler haben es ja auch geschafft, poppige Volksmusik wieder nach vorne zu bringen.

Wie Klubb3, Anderas Gabalier...

Ja, und in der Rock’n’Roll- und Country-Szene fehlen genau solche Leute. Beide Szenen sind ziemlich weit unten und es muss wieder was passieren. Das betrifft übrigens auch die Bike-Clubs, wie etwa von „Harley-Davidson“. Alle, die eine Harley Davidson fahren, sind über 60 Jahre. Jugendliche kaufen keine Harleys.

Vermutlich eher E-Roller..

Genau. Die Träume haben sich eben verschoben. Aber wir erleben immer wieder bei Auftritten, dass Rockabilly auch heute noch sehr gut funktioniert. Wenn die Leute nur mehr zu Rock’n’Roll Konzerten kommen würden – die wären total begeistert.

Das heißt, bei euch schwingt mehr Nostalgie mit?

Wir machen Rockabilly seit 35 Jahren und sind immer noch der Meinung, dass diese Musik auch heute sehr gut funktioniert. Am Wochenende haben wir bei einem Benefiz-Konzert gespielt. Da waren mehr als 1400 Leute, die nichts mit Rockabilly zutun hatten – aber die fanden es klasse. Einer hat mich nach dem Konzert angesprochen und meinte, so was tolles hätte er seit Jahren nicht mehr gehört. Ich habe dann nur geantwortet: wieso nicht? Überall spielen tolle Bands, die diese Musik machen. Wenn die Leute einfach mehr zu Rock n’ Roll Konzerten kommen würden – die wären total begeistert.

Wegen der Rhythmen, der Musik.. das packt?

Absolut. Aber die Leute denken, das gibt es gar nicht mehr. Das ist eben der Kampf, den wir immer kämpfen: Die Leute davon zu überzeugen, dass es Rockabilly noch gibt. Und dass die Musik sehr gut ist und einfach funktioniert – auch heute noch.