Hagen-Vorhalle. Im großen Rahmen wird der Spatenstich für die Errichtung eines muslimischen Waschhauses auf dem Friedhof Vorhalle gefeiert. Hier die Hintergründe.

Es ist kein profaner Spatenstich für einen schnöden Zweckbau. Die Errichtung eines Waschhauses für muslimische Beisetzung auf dem Vorhaller Friedhof gilt für die Mitglieder der muslimischen Gemeinden in Hagen vor allem als emotionales Signal.

„Dies ist ein Meilenstein dafür, wie wir in dieser Stadt auch symbolisch mit dem Thema Integration umgehen“, betonte Oberbürgermeister Erik O. Schulz am Donnerstag anlässlich eines kleinen Festaktes zum Baubeginn. Damit wird Hagen für die zahlreichen Migranten in der Stadt noch mehr zu einem Stück Heimat. „Dazu gehört neben den Themen Schule, Kita, Arbeit und Wohnen nämlich auch die Frage des Sterbens“, sprach Schulz von einer großen Freude und einem deutlich veränderten Heimatgefühl für die zweite und dritte Generation der in Hagen lebenden Muslime.

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Wandel bei den Bestattungstraditionen

Während die erste Generation der Einwanderer zur Beisetzung meist noch an eine Grabstätte in ihren Heimatländern zurückgeflogen wurde, ist bei den Kindern und Kindeskindern inzwischen ein Wandel bei den Bestattungsriten festzustellen. Zentrales Element bleibt dabei das Waschhaus. „Muslime werden meistens noch am Tag ihres Versterbens bestattet“, erläuterte Sükrü Budak, Vorsitzender des Hagener Integrationsrates, das Ritual, das ab Frühjahr auch auf dem Vorhaller Friedhofsteil möglich sein soll.

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Üblicherweise bringt ein Bestatter den Leichnam so schnell wie möglich in ein Waschhaus. Auf dem dortigen Waschtisch werden die Verstorbenen meistens von einem Verwandten gewaschen, anschließend in ein Leinentuch gehüllt und draußen auf dem Vorplatz auf den Gebetsstein gelegt, wo sich die Trauergemeinde vom Verstorbenen verabschieden kann. Danach wird der Leichnam in einem Sarg zur Grabstelle gebracht und ohne Sarg und nur im Leinentuch mit dem Kopf Richtung Mekka gelegt.

Würdiger Rahmen statt Sezierraum

So soll das muslimische Waschhaus ab dem Frühjahr 2020 auf dem Vorhaller Friedhof aussehen. Auf der Fassade soll auf Arabisch und Deutsch ein Schriftzug angebracht werden: „Jedes Leben lernt den Tod kennen.“ 
So soll das muslimische Waschhaus ab dem Frühjahr 2020 auf dem Vorhaller Friedhof aussehen. Auf der Fassade soll auf Arabisch und Deutsch ein Schriftzug angebracht werden: „Jedes Leben lernt den Tod kennen.“  © WP / Mike Fiebig | Architektin Jutta Heintze

Die künftige Einrichtung unter der Regie der kommunalen Friedhofsverwaltung bietet den Vorteil, dass alle Muslime, egal welcher religiösen Strömung und unabhängig von der Mitgliedschaft zu einem Moscheeverein, dieses Gebäude nutzen können. Während bislang Räume im Umfeld von Moscheen oder gar der Sezierraum am Friedhof Loxbaum dafür herhalten mussten, eröffnen sich künftig deutlich kürzere Wege: Der Verstorbene kann vor Ort gewaschen und religiöse Handlungen und Gebete können am selben Ort vorgenommen werden. Lange Trauerzüge und Transporte entfallen.

Architektin Jutta Heinze aus Duisburg, die zwar Erfahrungen mir Sakralbauten, aber noch nie ein Waschhaus konzipiert hat, setzt bei dem 300.000-Euro-Objekt, für das die Versorgungsleitungen bereits geschaffen wurden, auf eine sehr reduzierte, rechteckige, eingeschossige Beton-Optik. Durch die Gebäudestruktur werden die Bereiche für die Waschungen und die Gemeinschaftsgebete klar voneinander getrennt. Der massive Teil des Objektes umfasst den Waschraum, eine Toilette für die Wäscher und Angehörigen sowie einen Waschbrunnen. Daran schließt sich eine überdachte Fläche für die Trauergemeinde mit dem nach Mekka orientierten Sargstein an.

Erleichterung bei den Muslimen

„Dies ist ein Signal, dass alle Menschen in Hagen in Würde und nach eigenen Ritualen und Riten Bestattungen durchführen können“, betonte OB Schulz beim Spatenstich gegenüber den zahlreich anwesenden Vertretern der muslimischem Gemeinden. Die nächsten Waschhäuser finden sich in Essen und Wuppertal, geht der WBH davon aus, dass mit der Einrichtung sich auch das muslimische Grabfeld in Vorhalle in den nächsten Jahren kontinuierlich füllt. Integrationsratsvorsitzender Budak zeigte sich vor allem erleichtert, dass der Bau nach langen Jahren der Vorbereitung jetzt endlich Realität wird: „Eigentlich sollte es ja schon im August was werden, aber auf die paar Monate kommt es jetzt auch nicht mehr an.“