Hagen. Rund um den Nahverkehr in Hagen gibt es viele Diskussionen. Die Einführung eines 365-Euro-Tickets nach Wiener Vorbild würde Millionen kosten.

Die Einführung eines 365-Euro-Tickets im Nahverkehr würde die Hagener Stadtkasse stark belasten. Mit 6,75 Millionen Euro würde das Günstigangebot, das die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs für einen Euro pro Tag möglich machen würde, zu Buche schlagen. Diese Zahl hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), dem auch die Hagener Straßenbahn angehört, jetzt errechnet.

Der VRR geht nach einer Prognose von jährlichen Mehrkosten in Höhe von 220 Millionen Euro in seinem Einzugsgebiet aus. „Dabei“, so sagt Frank Heidenreich, Vorsitzender der CDU-Fraktion im VRR-Verwaltungsrat, die eine entsprechende Anfrage gestellt hat, „sind Kosten für eine Angebotserweiterung und für neue Fahrzeuge noch gar nicht berücksichtigt.“ Laut VRR läge der Preis für ein 365-Euro-Ticket gegenüber einem Ticket2000 in der Preisstufe A3 um 61 Prozent niedriger, gegenüber einem Sozialticket immerhin noch um 21 Prozent.

ÖPNV-Angebot deutlich ausgebaut

Hagener Interesse am Modellprojekt in Solingen

Straßenbahn und Stadtverwaltung sollen engen Kontakt zu den Solinger Verkehrsbetrieben halten, um möglichst schnell an belastbare Daten und Erfahrungswerte zum Modellprojekt Oberleitungsbusse mit Batterie zu kommen.

Daneben soll es für interessierte Politiker einen Vor-Ort-Termin geben.

Ferner soll die Verwaltung Fördermöglichkeiten ausloten und der Politik vorstellen.

Als Vorbild für ein 365-Euro-Ticket gilt die österreichische Hauptstadt Wien. Die VRR-Fraktion der CDU, zu der auch der Hagener Ratsherr Martin Erlmann gehört, hat jetzt die österreichische Hauptstadt besucht: „Wir wollen die Idee nicht totreden“, so Heidenreich, „aber in Wien gibt es ein Gesamtkonzept, das man auch so betrachten muss und dass sich nicht ohne Weiteres übertragen lässt. Wichtig ist es, nicht den Preis, sondern die Qualität des Angebots nach vorne zu stellen.“

So habe man in Wien beispielsweise stark in die Leistung des ÖPNV investiert. „Und trotzdem“, so Heidenreich, „ist es Wien nicht gelungen, die Fahrgastzahlen zu steigern, wenn man mal den Bevölkerungszuwachs außer acht lässt.“

Daneben gebe es das 365-Euro-Ticket nur im Jahresabo, also keine 1-Euro-Tages-Tickets. Und sobald es über die Stadtgrenze hinaus gehe, sei das mit erheblichen Mehrkosten verbunden. „Das geht zum Teil weit über das hinaus, was man im VRR für vergleichbare Distanzen zahlen muss“, so Heidenreich weiter. Ferner würden Pendlerparkplätze mit vier Euro pro Tag hoch bepreist. Positiv sei hingegen, dass beispielsweise Einnahmen aus Knöllchen in den Ausbau des ÖPNV fließen würden.

CDU Hagen lobt Transparenz in Diskussion um 365-Euro-Ticket

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Aus Sicht der CDU Hagen ist eine Umsetzung eines 365-Euro-Tickets nur mit einer Förderung durch den Bund möglich. Immerhin: „Mit der Modellrechnung bringt der VRR Transparenz in die Diskussion um die Einführung eines derartigen Angebots“, so CDU-Ratsherr Martin Erlmann, der ebenfalls mit in Wien war, „es muss klar sein, was es kostet. Wenn aber erreicht werden soll, dass mehr Menschen den Nahverkehr nutzen, dann ist zwingend ein weiterer Ausbau notwendig.“

Für Erlmann ist damit klar: „Ein Alleingang der Stadt Hagen ist schon aus finanzieller Sicht überhaupt nicht möglich.“ Und weiter: „Ein 365-Euro-Ticket hätte auch zur Folge, dass andere Tickets erheblich angehoben werden müssten.“

Straßenbahn beobachtet Modellprojekt mit Oberleitungsbussen

Ob bei einem möglichen ÖPNV-Ausbau allerdings auch Oberleitungsbusse eine Rolle spielen könnten, ist noch offen. Auch auf diesem Gebiet hatte die CDU einen Vorstoß unternommen und unter anderem vorgeschlagen, dass die Verwaltung in Abstimmung mit der Hagener Straßenbahn Kontakt zu den Verkehrsbetrieben in Solingen aufnehmen sollte, wo E-Busse – eine Kombination aus Batterie und Oberleitung – bereits rollen.

„Wir beobachten, was in Solingen passiert“, so Hartmut Koch von der Hagener Straßenbahn, „aber es handelt sich um ein Modellprojekt, das auf fünf Jahre angelegt ist. Noch reichen die Erfahrungen im Betrieb nicht aus, um verlässlich sagen zu können, was funktioniert und wo es hapert. Es braucht einen langen Atem, um da Kompetenz aufzubauen.“

Daneben debattiere gerade die gesamte ÖPNV-Branche über neue Antriebstechniken. „Da wäre es für uns schwierig, zum jetzigen Zeitpunkt eine so umfassende Investitionsentscheidung zu treffen“, erklärt Koch, „das Solinger Modell hat eine gewisse Faszination. Aber es wäre falsch, den Fokus allein darauf zu richten.“