Hohenlimburg. Reimund Lemberger möchte ein altes Wasserkraftwerk an der Lenne reaktivieren – seit mehr als 30 Jahren. Warum der Pensionär beharrlich bleibt

Je näher man kommt, desto lauter wird es: Mit viel Wucht strömt das Wasser der Lenne über das lange Betonwehr, kurz vor der Eisenbahnbrücke Richtung Oege. Reimund Lemberger steht auf einer Anhöhe, wenige Meter über dem Wasser. „Die Kraft, mit der das Wasser dort durchfließt, ist beachtlich“, sagt Lemberger. Der pensionierte Elektroingenieur ist fasziniert von der Energie, die das Gewässer erzeugen kann – und kämpft schon seit mehr als 30 Jahren dafür, sie anzuzapfen.

Die Lenne mit dem Wehr vor der Eisenbahnbrücke
Die Lenne mit dem Wehr vor der Eisenbahnbrücke © Westfalenpost | Marcel Krombusch

Stromproduktion bis in 1960er

Die Idee ist nicht neu: Im östlichen Langenkamp bei der Eisenbahnbrücke gab es bis in die 1960er-Jahre ein Laufwasserkraftwerk. Der Strom aus den Turbinen versorgte rund vier Jahrzehnte lang die angrenzende Industrie. Dann wurden die Turbinen demontiert und die Wehrklappen abgebaut.

In den 1980ern hat Lemberger die Überbleibsel des ehemaligen Kraftwerks gekauft, zusammen mit den noch gültigen Wasserrechten. Seither will er die Anlage von einst mit einer Turbine wieder ans Netz bringen. Leistung: 200 Kilowatt. „Damit ließe sich die komplette Lenneuferstraße mit Strom versorgen“, so Lemberger. Auf die Strommenge an sich komme es ihm bei dem Projekt aber gar nicht an. Vielmehr gehe es um Verlässlichkeit. „Das Wasser fließt immer – und damit auch der Strom“, sieht er Vorteile etwa gegenüber Wind- und Sonnenenergie.

Umsetzung stockt seit Jahren

Einen Investor habe er für sein Projekt, sagt Lemberger. Dieser besäße bereits zehn Wasserkraftwerke, habe daher die notwendige Expertise.

So ambitioniert das Ziel, so schwierig ist die Umsetzung. Seit 30 Jahren stockt das Projekt und füllt mittlerweile zahlreiche Aktenordner.

Die Wasserkraft habe keine Lobby, meint Lemberger. Seit Ende 2018 versucht er einen erneuten Anlauf, hat einen Antrag für das Planfeststellungsverfahren bei der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg eingereicht.

Zugewachsen: Reste des alten Wasserkraftwerkes an der Lenne. Zwischen 1922 und 1963 wurde hier Strom produziert.
Zugewachsen: Reste des alten Wasserkraftwerkes an der Lenne. Zwischen 1922 und 1963 wurde hier Strom produziert. © Westfalenpost | Marcel Krombusch

Auf Anfrage erklärt diese, dass die eingereichten Unterlagen noch unvollständig seien. „Sobald der Antrag vollständig vorliegt, kann das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden“, so Anna Carla Springob, Pressesprecherin der Bezirksregierung. Gefragt nach der Realisierbarkeit des Projekts blieb sie zurückhaltend. „Das ist wie Lesen in der Glaskugel“, so Springob. „Es ist ein stückweit unberechenbar, denn für den Verlauf des Verfahrens spielen viele Faktoren eine Rolle."

Derweil gibt sich Lemberger gewillt, alle notwendigen Unterlagen zu beschaffen und sein Anliegen nicht aufzugeben. Zuversicht schöpft der 80-Jährige aus dem allgemeine Trend hin zur Nachhaltigkeit.

Nachhaltigkeits-Ziele

Er ist überzeugt, auf die richtige Technik für die Zukunft zu setzen. „Die angestrebte Stromerzeugung und die dezentrale Einspeisung erfüllen genau die Ziele der Nachhaltigkeit“, so Lemberger. Er werde deshalb weiter hartnäckig an seiner Idee festhalten, das ehemalige Laufwasserkraftwerk zu reaktivieren.

„Ich könnte meine Zeit sicher auch anders nutzen“, sagt der Pensionär. „Aber dieses Projekt ist mein Herzblut – und da bleibe ich dran.“