Hohenlimburg. Thyssenkrupp stellt Federnproduktion auf den Prüfstand - und damit auch das Werk in Hohenlimburg. Betriebsrat: Entwicklung hat einen Grund.

Spätestens seit die Konzernführung in Essen am vergangenen Donnerstag eine aktuelle Zwischenbilanz vorgelegt hat, ist klar: Die Lage bei Thyssenkrupp ist ernst – besonders in den drei Geschäftsbereichen System Engineering, Grobblech und Federn sowie Stabilisatoren. Diese stehen laut Konzernangaben für vier Prozent des Konzernumsatzes, aber für ein Viertel der im laufenden Geschäftsjahr erwarteten Verluste. Es gelte, diese Geschäftsbereiche auf den Prüfstand zu stellen, so Vorstandschef Guido Kerkhoff bei einem Pressetermin am Donnerstag: „Was es jedenfalls nicht mehr geben wird, ist, dass Geschäfte ohne klare Perspektive dauerhaft Geld verbrennen und damit Wert vernichten, den andere Bereiche erwirtschaftet haben.“ Es sind Aussagen wie diese, die an der Oeger Straße aufhorchen lassen.

Enttäuscht von der Führung

Denn hier arbeiten im Federnwerk von Thyssenkrupp aktuell 515 Mitarbeiter, die sich zu Recht fragen: Wie geht es weiter? „Die Belegschaft ist sehr enttäuscht von Führung und Vorstand“, sagt Thomas Oberste-Lehn, Betriebsratsvorsitzender in Hohenlimburg und seit 40 Jahren im Unternehmen. „Die meisten Mitarbeiter im Federnwerk arbeiten dort bereits seit mehr als 20 Jahren“, so Oberste-Lehn.

„Sie haben eine große Zugehörigkeit zum Betrieb und dem Standort in Hohenlimburg.“ Dass die Vorstandsebene nun Geschäftsbereiche wie etwa Federn und Stabilisatoren auf den Prüfstand stellen will, ärgert ihn. „Die wirtschaftliche Situation für den Betrieb ist schlecht, das wird von uns nicht bestritten“, so Oberste-Lehn. „Aber die Frage ist: Wo liegen die Gründe dafür?“ So seien es nicht allein gestiegene Rohstoffpreise und konjunkturelle Entwicklungen gewesen, die das Geschäft mit Federn und Stabilisatoren in unsicheres Fahrwasser geführt haben. Hinzu kamen Fehlentscheidungen des Managements, ebenso wie ausgebliebene und falsche Investitionen, sagt Oberste-Lehn.

„Wir haben uns in einer Spirale nach unten bewegt.“ Neben teils veralteten Anlagen und notwendigen Instandsetzungen, die über Jahre aufgeschoben wurden, arbeite man zudem seit 2012 im Sanierungs-Tarifvertrag. Heißt: Mehr Arbeit für weniger Geld.

„Wir befinden uns seit sieben Jahren in der Sanierung und die Mannschaft vor Ort hat trotzdem immer alles gegeben, um die Kunden zu beliefern.“ Er fordert für die Zukunft mehr Investitionen vor Ort, damit die Federnproduktion in Hohenlimburg und Olpe wieder wettbewerbsfähig wird. „Man läuft schließlich auch keinen Hundert-Meter-Lauf in Sandalen.“

Offen für Gespräche

Trotz allem zeigt sich Oberste-Lehn offen für weitere Gespräche. So erwartet der Betriebsrat mehr Klarheit nach der Aufsichtsratsitzung am 21. August . „Wir hoffen, dass bald stabile und zukunftsfähige Konzepte für die Produktion vorgestellt werden.“ Von dem Produkt an sich sei er derweil bis heute überzeugt – und darüber hinaus: „Federn und Stabilisatoren bleiben auch in der Zukunft wichtig für die Automobilindustrie – egal ob mit Verbrennungsmotor oder E-Motor“, so der Betriebsratsvorsitzende. „Und mit dem Produkt kann man in Deutschland auch weiter Geld verdienen – das machen uns Mitbewerber vor.“

Stilllegung einst abgewendet

Ein Stilllegungsbeschluss für das Oeger Federnwerk konnte 2012 abgewendet werden.

Federn und Stabilisatoren produziert Thyssenkrupp in Deutschland nur noch an den Standorten in Oege und Olpe.