Hagen. Die Elektroroller sorgen in Großstädten für Diskussionsstoff. Hier sind sie hingegen noch rar. Doch Stadt und Anbieter zeigen Interesse.

In Berlin, Hamburg oder Köln zählen sie mittlerweile zum Stadtbild: E-Scooter. Dort sind sie Fluch und Segen zugleich. Hagen konnte sich die Diskussion zwischen Fans und Feinden hingegen noch ersparen, denn auf den hiesigen Straßen sind die elektrischen Zweiräder noch nicht „ins Rollen gekommen“. Gerade in Sachen Verkehrsordnung sorgen sie für Probleme. Auch das wahllose Abstellen am Straßenrand ist den Großstädtern ein Dorn im Auge. Die Komplikationen gehen sogar so weit, dass sich der Deutsche Städtetag eingeschaltet hat, weil er Regulierungsbedarf sieht.

Das sagt die Stadt

Die Elektrokleineinstfahrzeuge, wie sie im Fachjargon genannt werden, sucht man in der Volmestadt vergebens. „Hagen kooperiert mit noch keinem Scooter-Anbieter“, sagt Clara Berwe, Sprecherin der Stadt. Die Betonung liegt auf dem Wort „noch“, denn Rafael John Santiago, Klimaschutzmanager der Stadt, ist sehr daran interessiert, dass die Elektromotoren auch auf den heimischen Straßen schnurren und summen. „Rafael John Santiago macht sich darüber Gedanken, wie man einen Rahmen dafür schaffen kann“, ergänzt Berwe.

Nach Ansicht des Städtetages, vertreten durch die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin Verena Göppert, liegt der Aufgabenbereich der Städte in der Regelung des ruhenden Verkehrs. Heißt: Die Verantwortlichen in Hagens Rathaus müssen sich um Stellplätze für die heranrauschende Scooter-Welle kümmern – „auch hierzu gibt es schon Planungen, aber keine wirklich konkreten“, fügt Clara Berwe hinzu. Zunächst müsse sowieso erst eine professionelle Verleihfirma nach Hagen kommen wollen. Dann würde es so laufen: Scooter per App freigeschalten, fahren und wieder abstellen.

Das sagt der Anbieter

Zu einem jener Verleiher gehört das Unternehmen Voi, deren Roller mittlerweile in 33 europäischen Städten umherfahren – acht davon in Deutschland. Laut Claus Unterkircher, General Manager bei Voi und für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständig, sollen demnächst sogar noch mehr Standorte auf die Karte kommen: „In den nächsten Monaten wollen wir in insgesamt 30 bis 35 Städten in Deutschland aktiv sein. Die Chancen, dass sich Hagen darunter befindet, scheinen gut, denn: „Generell sehen wir in allen Städten mit über 100.000 Einwohnern Potenzial“, so Unterkircher. Ob beziehungsweise wann Voi in Hagen an den Start geht, hänge vor allem von den Gesprächen mit der Stadtverwaltung ab. „Wir legen hier wirklich großen Wert auf eine gute Zusammenarbeit“, stellt der General Manager klar.

Richtlinien für die Elektrokleinstfahrzeuge

Es besteht keine Helmpflicht.

Der Fahrer muss mindestens 14 Jahre alt sein.

Zulässige Höchstgeschwindigkeit: 20 km/h.

Der Gehweg ist tabu. Der Radweg muss genutzt werden. Wie beim Fahrradfahren müssen Handzeichen gegeben werden.

Die Fahrzeuge dürfen von nur einer Person genutzt werden.

Das sagt die Polizei

Doch was tun, wenn sich die Scooter-Fahrer nicht an die Verkehrsregeln halten? Für Verena Göppert vom Deutschen Städtetag sollte allein die Polizei zuständig für die Verstöße im Straßenverkehr sein. Bei den Hagener Ordnungshütern sorgen die E-Scooter bislang jedoch kaum für Probleme, verrät Ralf Bode, Sprecher der Hagener Polizei: „Bis auf einen Fall, wo eine gültige Versicherung bei einem E-Scooter fehlte, gab es bisher keine Vorkommnisse.“

Das sagt der Verkäufer

Innerhalb der Hagener Stadtgrenzen gibt es das eine oder andere Geschäft, das die elektrischen Flitzer für den Privatkauf im Schaufenster stehen hat. Eines davon ist der Bike Store in der Konkordiastraße. Derzeit hat das Geschäft drei straßentaugliche Modelle im Sortiment. „Die haben alle eine Anmeldungspflicht bei der Versicherung“, verrät Hans Werner Schepers, Inhaber des Ladens.

Hagener E-Scooter müssen noch die letzten Tests bestehen

Obwohl noch keine professionelle Verleihfirma den Weg in die Volmestadt­ gefunden hat, haben es die E-Scooter auf andere Weise nach Hagen geschafft. Das einzige Manko: Sie sind noch nicht ganz fahrbereit.

Das Unternehmen Authentic Sports nahe der Lennetalbrücke hat einen eignen Flitzer entwickelt. Der Name ihrer Kreation: „E-Go7“. Das Modell sollte diesen Sommer über den heimischen Asphalt rollen, doch bis zum jetzigen Zeitpunkt gab es noch kein „Go“ vom Kraftfahrzeugbundesamt. Das solle sich aber zeitnah ändern, so Thomas Ludwig, Geschäftsführer von Authentic Sports. „Der TÜV führt in den kommenden 14 Tagen ein Audit durch“, erklärt er. Dabei werde kontrolliert, ob das Produkt wie dargelegt (und somit verkehrssicher) hergestellt wird.

Motor, Bremsen und Belastbarkeit

Zudem wird auch der Scooter selbst auf Herz und Nieren getestet. „Motor und Bremsen werden überprüft. Auch die Belastbarkeit in einem Dauertest wird kontrolliert“, sagt Thomas Ludwig. Dies sei notwendig, damit der E-Scooter die allgemeine Betriebserlaubnis erhält. Ist das beim „E-Go7“ der Fall, davon geht Ludwig zumindest aus, erhält das Gerät ein Typenschild. Darauf stehen der Hersteller, das Produktionsdatum und die Fahrgestellnummer. „Mit diesen Informationen gehen die Besitzer dann zur Versicherung und registrieren den Scooter“, beschreibt Thomas Ludwig die nächsten Schritte. Daraufhin würden sie ein Kennzeichen erhalten, welches sie auf die Rückseite der Roller kleben. „Erst dann sind sie für den Straßenverkehr zugelassen“, fügt er hinzu. Die Produktion soll Ende August starten. „Spätestens Anfang November dürften sie auf dem Markt sein“, gibt sich Thomas Ludwig optimistisch. Die Scooter lassen sich aber nicht direkt bei Authentic Sports kaufen – „wir machen ein reines B2B-Geschäft“, sagt Ludwig.

Anmeldungspflicht? Richtig, denn um eine Betriebserlaubnis zu erhalten, die zum Fahren im Straßenverkehr berechtigt, benötigen die Kleinstfahrzeuge eine Haftpflichtversicherung und eine selbstklebende Plakette. Trotzdem werden derzeit auch Modelle angeboten, die über keine allgemeine Betriebserlaubnis für den Straßenverkehr verfügen. Die dürfen dann nur auf Privatgrundstücken bewegt werden. Wird man im Straßenverkehr erwischt, drohe im schlimmsten Fall eine Anzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, heißt es von Seiten der Polizei.