Hagen. Aus Rücksicht auf muslimische Kinder wird in den Kindergärten der Caritas Hagen kein Schweinefleisch gegessen. Wie halten es andere Betreiber?
Die Empörungswelle war groß, als zwei Kindergärten in Leipzigvergangene Woche ankündigten, Schweinefleisch mit Rücksicht auf muslimische Kinder grundsätzlich vom Speiseplan zu streichen. Zwar nahmen die Einrichtungen die Entscheidung mittlerweile zurück. Doch zumindest in drei Hagener Kindergärten gibt es ein Schweinefleisch-Verbot: „Wir haben viele muslimische Kinder in unseren Einrichtungen“, so Bernadette Rupa, Vorstand des Hagener Caritas-Verbandes: „Deshalb verzichten wir grundsätzlich auf Schweinefleisch.“
Dass ausgerechnet in den von einem katholischen Sozialverband betriebenen Kitas kein Schweinefleisch auf den Teller kommt, mag überraschen. Es hätten sich jedoch noch nie Eltern über diese bereits seit mehreren Jahren bestehende Regelung beschwert, so Frau Rupa: „Und für unsere Mitarbeiterinnen ist es dadurch einfacher, die Mahlzeiten zu organisieren, als wenn sie stets bei jedem Kind differenzieren müssten, was es essen darf.“ Schließlich gehe es auch um einen allgemeinen Ernährungsaspekt: „Schweinefleisch ist ja nicht das gesündeste.“
Kitas in Hagen nehmen Rücksicht auf individuelle Wünsche
In den 19 katholischen Kindergärten, die sich in Trägerschaft einer GmbH des Erzbistums Paderborn befinden, gibt es dagegen keinen Schweinefleisch-Erlass. Es gibt aber auch kein Verbot des Verbots. „Das regeln die Kitas vor Ort“, so Martina Kuhlmann, pädagogische Fachbereichsleiterin der Ruhr-Mark gem. GmbH: „Die Erzieherinnen legen das in Absprache mit dem Elternrat fest.“
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Natürlich würde dabei Rücksicht auf individuelle Wünsche genommen: „Dabei sind verschiedene Dinge zu beachten, auch Allergien. Unsere Einrichtungen suchen dann immer nach praktikablen Lösungen.“ Wie in den katholischen gibt es auch in den 24 evangelischen Kindergärten – 15 werden von der Kindergartengemeinschaft mit Pfarrer Michael Dahme als Geschäftsführer betrieben – verschiedene Lebensmittellieferanten. Diese hätten auch Schweinefleisch im Angebot, so Dahme: „Und wenn es in einer Einrichtung nicht serviert wird, dann nicht aus Gründen religiöser Rücksichtnahme.“ Ein Schweinefleisch-Verbot hält er zudem nicht für den richtigen Weg zur Integration. Im übrigen gehe der überwiegende Teil der muslimischen Kinder auch mit zur Kirche oder nehme an Andachten teil.
Vegetarische Alternative
Und die Stadt Hagen? Sie betreibt 23 Tagesstätten, die allesamt von einem Caterer aus Wuppertal beliefert werden. „Bei uns gibt es alle Fleischsorten, auch Schwein“, betont Fachberaterin Manuela Osbahr. Was die Kinder zu essen erhielten, orientiere sich an den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Fleisch, egal welcher Sorte, komme nur ein- oder zweimal pro Woche auf den Tisch. Zudem gebe es immer eine vegetarische Alternative, so dass sich niemand aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen zurückgesetzt fühlen müsse.
So legt zum Beispiel der Kindergarten in der Martinstraße in Haspe sehr viel Wert auf eine gesunde Ernährung der Jungen und Mädchen. Hin und wieder gebe es auch Schweinefleisch, so Leiterin Susanne Werth: „Viel wichtiger ist der Verzicht auf zuckerhaltige Produkte.“
Eltern sollen gesunde Frühstücksdosen packen
So lege man den Eltern nahe, die Frühstücksdose ihrer Kinder mit Vollkornbrot, Käse, Wurst, Obst, Gemüse und Naturjoghurt zu bestücken: „Und wir möchten, dass sie den Kindern keine verpackten Lebensmittel mitgeben.“ Das diene der Müllvermeidung, und außerdem sei in verpackten Sachen eben oftmals Zucker enthalten.
Es sei nicht einfach gewesen, allen Eltern diese Wünsche zu vermitteln, sagt Leiterin Wehr. Doch die Anstrengungen haben sich gelohnt, wie Julia Müller, deren Tochter Mia (5) den Kindergarten besucht, bestätigt: „Ich bin im Grunde durch den Kindergarten darauf gestoßen worden, was gesund ist für mein Kind und was nicht. Es wäre natürlich einfacher, verpackte Sachen mitzugeben. Aber jetzt schneide ich Gemüse und lege Vollkornbrot in die Dose.“
Essen als Teil der Integration
Bei der Integration spiele das gemeinsame Essen eine zentrale Rolle, sagt Susanne Werth. Wenn Kinder ihren Kameraden von ihren Essensgewohnheiten berichteten, erweitere das den Horizont, und bei solchen Gelegenheiten würden muslimische Kinder eben auch erzählen, dass sie kein Schweinefleisch essen dürfen. Und bei Festen und Feiern im Kindergarten werde selbstredend Rücksicht auf die Bedürfnisse von Muslimen genommen. Neben der Bratwurst kommt dann eben auch Lamm oder Geflügel auf den Grill.
In den Kindergärten der Caritas bleibt es dagegen beim Schweinefleisch-Verbot. Als allerdings eine muslimische Familie gefordert habe, ihrem Kind ausschließlich „halal“, also islam-konform zubereitete Speisen zu geben, habe man sich schlichtweg geweigert, so Vorstand Bernadette Rupa: „Das wäre denn doch zu weit gegangen.“