Dietmar Zitzelsberger, Leiter des Hagener Finanzamtes, blickt auf die personelle Situation in seinem Hause.
1. Welche Klischees haften den Finanzbeamten bis heute noch an?
Natürlich kennen wir alle die klassischen Beamtenwitze, aber dieses Bild ist einfach nicht mehr zeitgerecht. Verstehen kann ich, dass manche Steuerbürger nicht erfreut sind, wenn man Steuern zahlen oder nachzahlen muss. Dennoch ist eine gut funktionierende Finanzverwaltung wichtig, um Einnahmen des Staates zu gewährleisten – und damit die Infrastruktur unseres Landes. Ohne Steuern gäbe es keine Schulen, Straßen, Krankenhäuser, Polizei und vieles mehr. Allen Wünschen gerecht zu werden, ist da nur schwer möglich. Ansonsten gelten die allgemeinen Beamten-Klischees: faul, altbacken – die könnte man alle widerlegen, aber man wird sie nie endgültig abschaffen können. Aber da leiden meine Mitarbeiter nicht sonderlich drunter.
2. Gibt es beim Finanzamt auch schon mal Übergriffe, weil Ihren Kunden die Nerven durchgehen?
Körperliche Attacken sind mir aus den vergangenen Jahren keine bekannt. Dass Leute ausfällig werden, kommt zwar nicht so oft vor, aber darüber wird natürlich viel geredet. Für solche Fälle gibt es bei uns Gesprächsführungsschulungen und Coachings, die stattfinden, um im Ernstfall präpariert zu sein. Aber wenn’s dann passiert, ist man doch irgendwie vor den Kopf gestoßen. Im Innendienst, wo es um die Bearbeitung von Steuererklärungen geht, ist die Situation sicherlich nicht so problembehaftet. In den Erhebungsstellen, wo jenen Fällen nachgegangen wird, in denen nach Zahlungsaufforderung noch immer kein Geld fließt und es auch zu Pfändungs- und Vollstreckungsmaßnahmen kommt, da kann es schon mal kritischer werden.
3. Kennen Sie auch das Thema Nachwuchs- und Fachkräftemangel?
Wir spüren das auch. Wir brauchen zurzeit viel Nachwuchs, weil sich bei uns ein Generationswechsel vollzieht. Daher stellen wir in diesem Jahr neun Auszubildende für den gehobenen Dienst und fünf für den mittleren Dienst ein. Es ist durchaus schwieriger geworden, geeignete Bewerber zu finden. Die Konkurrenzsituation ist da, junge Menschen mit Abitur werden überall gesucht. Aktuell haben wir genügend Bewerber. Wir versuchen z.B. durch einen Infotag in unserem Finanzamt junge Menschen für die Ausbildung im Finanzamt zu gewinnen.
4. Ihre Branche gilt als solide, ordentlich bezahlt und krisenfest. Ziehen diese Argumente heute nicht mehr so?
Doch, und diese Argumente stellen wir unter anderem auch bei der Ausbildungswerbung in den Vordergrund. Wenn die wirtschaftliche Lage sehr gut ist, gehen die Leute auch gerne einmal Risiken ein. Wir können neben der Sicherheit aber auch durchaus mehr bieten: Vereinbarkeit von Beruf und Familie, flexible Arbeitszeiten oder wie bereits erwähnt vielseitige Einsatzmöglichkeiten.